Beamte weiter in Lebensgefahr Ratinger Verdächtiger sollte Kurz-Haft antreten
12.05.2023, 12:35 Uhr Artikel anhören
In der Wohnung hat die Spurensicherung jetzt erst richtig begonnen.
(Foto: dpa)
Mehrere Polizeibeamte und Feuerwehrleute schweben nach der gestrigen Explosion in Ratingen weiter in Lebensgefahr. Derweil wird mehr über den mutmaßlichen Täter bekannt. Er ist für die Behörden kein Unbekannter, sollte wegen einer nicht bezahlten Strafe in Haft.
Der 57-jährige Mann, der die Explosion in einem Ratinger Hochhaus verursacht haben soll, war für Polizei und Justiz kein Unbekannter. Wegen eines nicht gezahlten Geldbetrags habe ein Vollstreckungshaftbefehl gegen ihn vorgelegen, sagte Laura Neumann, Sprecherin der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft.
Er habe auch Voreintragungen, "aber nichts Einschlägiges, nichts Vergleichbares", sagte sie. Der Ratinger soll im Laufe des Tages einem Haftrichter vorgeführt werden. Ob der Haftbefehl auf versuchten Mord oder versuchten Totschlag lauten wird, sei noch nicht abschließend entschieden.
Einsatzkräfte waren am Donnerstagmorgen in das Ratinger Wohngebiet mit vielen Hochhäusern gerufen worden, weil der Briefkasten einer Bewohnerin offenbar schon seit längerem nicht geleert wurde. Als Polizei und Feuerwehr vor der Wohnungstür der Frau im 10. Stock standen, soll ihr 57-jähriger Sohn plötzlich die Tür aufgerissen haben. Möglicherweise wurde die Tür aber auch von den Einsatzkräften aufgebrochen. Es kam dann zu einer Explosion.
Die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei wurden von einem Feuerball getroffen. An dem Großeinsatz waren Dutzende Rettungswagen, Notärzte, Feuerwehrautos und Polizeifahrzeuge beteiligt. Spezialkräfte sicherten das gesamte Hochhaus ab, auf den Balkonen der gegenüberliegenden Wohnungen waren Scharfschützen in Stellung. Spezialkräfte stürmten dann die Wohnung und nahmen den Mann fest. In der Wohnung wurde eine Leiche gefunden.
Noch immer in Lebensgefahr
Eine 25-jährige Polizistin und ein 29-jähriger Polizist sowie drei Feuerwehrleute wurden bei dem Einsatz lebensgefährlich verletzt. Sie kämpfen noch immer um ihr Leben. Sieben Einsatzkräfte der Feuerwehr wurden schwer verletzt, 22 weitere Polizeibeamte trugen leichte Verletzungen davon.
Auch der Tatverdächtige ist schwer verletzt. Ob der Mann inzwischen vernommen werden konnte und Angaben zu seinem Motiv gemacht hat, wollten die Behörden zunächst nicht mitteilen. Ein Polizeisprecher sagte, die Wohnung, in der sich die Explosion ereignete, könne erst jetzt von Tatort-Spezialisten betreten werden. "Da gab es ja Löscharbeiten und viel Löschwasser, das erst beseitigt werden musste", sagte ein Polizeisprecher. Die Aufklärungsarbeit wird jedoch dadurch erschwert, dass der Tatverdächtige auch einen Brand gelegt hat. Außerdem konnten die Einsatzkräfte, die bei der Explosion schwer verletzt wurden, bislang nicht als Zeugen vernommen werden.
Noch ist unklar, ob der Verdächtige die Rettungskräfte möglicherweise in einen Hinterhalt gelockt hat und bei ihrem Eintreffen an der Wohnungstür einen Sprengsatz zündete. Diese Frage ist ebenso Teil der laufenden Ermittlungen, wie die nach einem möglichen Motiv für die Tat. Noch am Donnerstag gab es Angaben, dass der 57-Jährige zumindest gedanklich Verbindungen zur Szene der Corona-Leugner gehabt haben soll. Deutlich vorsichtiger äußerte sich Innenminister Herbert Reul dazu jedoch am Freitagmorgen. Es könnte sich bei diesem Verdacht auch um eine Namensverwechslung handeln. Nach einem Urteil wegen Körperverletzung hatte der Mann eine Geldstrafe nicht bezahlt und sollte als Ersatz eine kurze Freiheitsstrafe absitzen. Auch das gilt als mögliches Motiv.
Ungeklärt ist auch weiterhin, ob es sich bei der gefundenen Leiche um die Mutter des 57-Jährigen handelt, um die sich die Nachbarn gesorgt haben. Die Leiche der 92-Jährigen soll schon länger dort gelegen haben.
Quelle: ntv.de, sba/dpa