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Debatte um "humane" EindämmungRattenplage in New York: Politik will Verhütungsmittel verteilen

18.04.2024, 13:04 Uhr
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Für die Bekämpfung der Rattenplage in New York gibt es sogar eine eigens ernannte "Ratten-Zarin". (Foto: AP)

Millionen Ratten bevölkern die U-Bahn-Tunnel und Parks in New York. Bisher kämpft die Metropole vor allem mit Gift und Fallen gegen die Plage. Das wollen viele Politiker ändern. Mit "humanen" Methoden soll die Zahl der Tiere perspektivisch sinken.

New York ist für sein Nagerproblem berüchtigt. Ratten und andere Nagetiere florieren in der Weltstadt. Im Kampf gegen die Plage könnten bald neue Wege beschritten werden. Sie wären eine Abkehr von der Brutalität, mit der sich die Einwohner der ungeliebten Mitbewohner bislang erwehren. Abgeordnete schlagen neuerdings auf Stadt- und Staatsebene Regeln vor, um die Nagerpopulationen auf humane Weise einzudämmen. Sie schielen etwa auf Empfängnisverhütung und ein Verbot von Klebefallen als Alternativen zu einem brutalen und langsamen Tod.

Die Idee, in New York City Verhütungsmittel für Ratten zu verteilen, erhielt aktuell frische Aufmerksamkeit in der Stadtverwaltung. Große Anteilnahme hatte jüngst das Schicksal der aus einem Zoo entwischten Eule "Flaco" ausgelöst, die tot mit Spuren von Rattengift in ihrem Organismus gefunden wurde.

Das Stadtratsmitglied Shaun Abreu schlug eine städtische Verordnung vor, die ein Pilotprogramm für die Kontrolle der Millionen von Ratten vorsieht, die in U-Bahn-Stationen und auf ungenutzten Grundstücken herumlungern. Statt giftiger Chemikalien soll auf Geburtenkontrolle gesetzt werden. Abreu, Vorsitzender des Ausschusses für Abwasserentsorgung und Abfallwirtschaft, sagte, die Verhütungsmittel seien ethischer und humaner als andere Methoden.

Das Verhütungsmittel der Wahl namens ContraPest ist in salzigen, fetthaltigen Pellets enthalten, die in rattenverseuchten Gebieten als Köder ausgebracht werden können. Es zielt auf die Eierstockfunktion der weiblichen Ratten und die Spermienproduktion der Männchen ab, wie die "New York Times" berichtete.

Kammerjäger vergiften Tiere

Derzeit machen Kammerjäger den New Yorker Ratten mit Schnapp- und Klebefallen den Garaus. Sie vergiften sie mit Ködern, die innere Blutungen auslösen. Oder sie vergasen sie mit Kohlenmonoxid, das in die unterirdischen Bauten der Tiere geleitet wird. Einige Hobby-Jäger haben sogar ihre Hunde darauf abgerichtet, die Nager zu fangen.

Rashad Edwards, ein Film- und Fernsehschauspieler, der mit seiner Frau eine Schädlingsbekämpfungsfirma in New York betreibt, sagt, die beste Methode sei Kohlenmonoxid. Er versuche, die humanste Methode anzuwenden. Kohlenmonoxid tötet die Ratten langsam, es lässt sie einschlafen und sterben. Edwards vermeidet die Nutzung von Rattengift, weil es gefährlich sei und die Tiere einer Folter aussetze.

In Albany, der Hauptstadt des US-Staats New York, erwägen einige Abgeordnete ein staatsweites Verbot von Klebefallen. Üblicherweise bestehen diese aus mit einem klebrigen Material beschichteten Papp- oder Kunststoffplatten, die auch anderen kleinen Tieren zum Verhängnis werden können.

Edwards ist gegen ein Verbot der Klebefallen, weil er sie bei anderen Tieren, etwa Ameisen, einsetzt, um dafür weniger Pestizide nutzen zu können. Wenn Ameisen in Häuser eindringen, nutzt er sie etwa, um herauszufinden, auf welchen Routen die Tiere unterwegs sind. Damit lässt sich die "Kampfzone" für Pestizide besser definieren, "damit man nicht den gesamten Ort einsprühen muss".

Klebefallen in einzelnen Städten verboten

Aus dem Nagerproblem könne man sich nicht "heraustöten", sagt Jakob Shaw, Projektmanager bei der Tierschutzorganisation PETA. "Es ist an der Zeit, diese vernünftigeren und humaneren Methoden zu übernehmen."

Zwei Städte in Kalifornien haben in den vergangenen Jahren Klebefallen verboten. Auf Bundesebene könnte ein Gesetzentwurf, über den derzeit noch auf Ausschussebene beraten wird, ein solches Verbot bald auch US-weit Realität werden lassen.

"Es beendet eine wirklich inhumane Praxis des Managements von Rattenpopulationen", sagt Jabari Brisport, New Yorker Senator auf Staatsebene, der Teile von Brooklyn vertritt und den Gesetzentwurf unterstützt hat, der in seinem US-Staat bald neue Regeln schaffen könnte. "Es gibt effektivere und menschlichere Arten, mit Ratten umzugehen."

Bislang hat noch jede Generation von New Yorkern darum gerungen, der Rattenpopulationen Herr zu werden. Im vergangenen Jahr ernannte Bürgermeister Eric Adams die frühere Lehrerin Kathleen Corradi zur "Ratten-Zarin" und schuf für sie das neue Amt der "Direktorin für Nagetier-Minderung". Anfang März läutete die Stadt die nächste Phase im Kampf gegen das ein, was Adams einst als "24-Stunden-Rattenbuffet" bezeichnete - und verpflichtete alle 200.000 Unternehmen im "Big Apple", ihre sich bislang auf Gehwegen auftürmenden Abfallsäcke in Mülltonnen zu verpacken, wie es andernorts in den USA und der Welt schon lange praktiziert wird.

Ein Ende des Feldzugs gegen die Ratten ist zwar nicht in Sicht, aber Schädlingsbekämpfer Edwards sagt, man könne eine Menge von der Widerstandsfähigkeit der Tiere lernen. Ausrotten könne man sie nie, höchstens managen. "Sie sind sehr klug und sie sind sehr weise", sagt er. "Das ist sehr inspirierend - nur nicht in meinem Haus."

Quelle: ntv.de, als/dpa

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