Von Grenz- bis Schulschließungen So legt das Coronavirus Deutschland lahm
16.03.2020, 12:41 Uhr
In den deutschen Kindertageseinrichtungen werden normalerweise 3,7 Millionen Kinder betreut.
(Foto: picture alliance/dpa)
Um die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu verlangsamen, ergreifen die Behörden drastische Maßnahmen - die Auswirkungen auf das Leben eines jeden Bürgers haben. Ein Überblick.
Auswirkungen auf den Alltag
In allen Bundesländern wird das öffentliche Leben stark eingeschränkt - allen voran in Bayern, das als erstes Bundesland den Katastrophenfall ausgerufen hat. Ab Dienstag werden Bars, Kinos und Schwimmbäder geschlossen, auch Sport- und Spielplätze werden gesperrt. Öffnen dürfen zudem nur noch Geschäfte, die für die Grundversorgung von Lebensmitteln notwendig sind: Supermärkte, Drogerien, Tankstellen, Banken und Apotheken etwa. Sie dürfen unter der Woche bis 22 Uhr und auch am Sonntag öffnen. Restaurants dürfen zwar ebenfalls öffnen, müssen aber einen Mindestabstand zwischen den Gästen einhalten und um 15 Uhr wieder schließen.
Auch in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin kommt es zu massiven Einschränkungen. Der Landesregierung Düsseldorf zufolge werden fast "alle Freizeit-, Sport-, Unterhaltungs- und Bildungsangebote im Land" eingestellt - das bedeutet das Aus für Bars, Clubs, Theater, Kinos und Museen. Auch in Berlin und Hamburg müssen solche Lokalitäten schließen. Restaurants dürfen bislang weiter öffnen, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Tischen gewährleistet ist. In Hamburg sind ab sofort zudem sämtliche Veranstaltungen und Versammlungen unabhängig von der Teilnehmerzahl verboten. Ausnahmen gibt es für Hochzeiten und Trauerfeiern.
Die Situation an den Grenzen
Seit 8 Uhr am Morgen sind die Grenzen zu Dänemark, Luxemburg, Österreich, Frankreich und der Schweiz zu. Wer keinen triftigen Grund hat, kann nicht mehr aus- oder einreisen, für Pendler und den Warenverkehr ist die Grenze aber weiter geöffnet. Auch deutsche Staatsbürger oder Menschen mit Aufenthaltstitel in Deutschland dürfen weiterhin ins Land.
Im Norden blieb das Verkehrschaos am Morgen zunächst aus, an den Grenzübergängen nach Luxemburg und Frankreich bildeten sich einem Sprecher der Bundespolizei zufolge Rückstaus. Die Menschen zeigten aber eine "hohe Akzeptanz" für die Maßnahmen. An der Grenze zu Österreich blieb es zu Beginn der Kontrollen ruhig. Der Verkehr rollte zunächst normal weiter, der Rückstau nach Österreich war gering, berichteten dpa-Reporter vor Ort. Auch Raststätten und deren Parkplätze im Grenzgebiet seien auffällig leer.
Die Grenze zu Polen ist von Deutschland aus zwar noch offen, weil sie jedoch von polnischer Seite abgeriegelt wurde, kam es laut NDR auf der Insel Usedom zu chaotischen Szenen. Deutsche Seniorengruppen, die im polnischen Swinemünde untergebracht waren, hätten demnach nicht abgeholt werden können, weil ihre Reisebusse nicht über die Grenze gelassen worden seien - und sie hätten ihr Gepäck teils mithilfe von Rollator und Stock zu Fuß über die Grenze schleppen müssen.
Geschlossene Schulen und Kindergärten
Tausende Schulen und Kitas werden deutschlandweit im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus von diesem Montag an geschlossen. Die beispiellosen Anordnungen gelten in den meisten Bundesländern bis zum Ende der Osterferien, also bis Mitte oder Ende April. Betroffen sind Millionen Menschen: Deutschlandweit gibt es allein 2,8 Millionen Grundschüler, in Tageseinrichtungen und Horten werden 3,7 Millionen Kinder betreut.
In Sachsen wird ab heute zunächst die Schulpflicht ausgesetzt - so sollen Lehrer, Schüler und Eltern Zeit bekommen, sich auf die Schulschließungen vorzubereiten. In Berlin werden zunächst die Oberstufen freigestellt, am morgigen Dienstag sollen dann die restlichen Schulen folgen. Brandenburg setzt den regulären Schulunterricht von Mittwoch an vorerst aus. Der Schulbesuch ist damit weiter möglich, aber nicht mehr verpflichtend. Eine ähnliche Regelung gibt es ab sofort in Hessen. In Baden-Württemberg sollen die Schulen ab dem morgigen Dienstag schließen.
Einschränkungen für Reisende
Baden-Württemberg will als erstes Bundesland den Flugverkehr an sämtlichen Flughäfen einstellen. Reisende werden aber noch zurück ins Land geholt, hieß es aus Stuttgarter Regierungskreisen. Zudem sind sämtliche Nord- und Ostseeinseln seit 6 Uhr für Touristen gesperrt. Nur noch Pendler oder Anwohner mit Hauptwohnsitz dürfen nach Rügen, Sylt, Usedom & Co. Der Bahnverkehr läuft bislang normal weiter, allerdings will die Deutsche Bahn "Spiegel"-Angaben zufolge in den kommenden Tagen den Regionalverkehr drosseln.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa