Panorama

Täter war polizeibekannt Staatsanwälte wollten Berliner Messerangreifer in U-Haft sehen

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Der Syrer war in Berlin nicht auffindbar, bis er jemand anderen niederstach.

Der Syrer war in Berlin nicht auffindbar, bis er jemand anderen niederstach.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

In Berlin kommt es am Wochenende zu einer tödlichen Messerattacke. Der Angreifer wird in der Folge erschossen. Inzwischen ist bekannt, dass der tragische Vorfall hätte verhindert werden können. Der Syrer sollte im Gefängnis sitzen, doch die Justiz arbeitete wohl zu träge.

Der Angreifer, der am Samstag in einem Berliner U-Bahnhof einen Mann mit einem Messer niederstach und danach von der Polizei auf der Straße erschossen wurde, hätte eigentlich in Untersuchungshaft sitzen sollen. Die Staatsanwaltschaft in Chemnitz beantragte im März einen entsprechenden Sicherungshaftbefehl gegen den 43 Jahre alten Mann, wie ein Sprecher ntv.de bestätigte. Zuvor berichteten "B.Z." und rbb24.

Er "stand bei uns unter laufender Bewährung", sagte der Chemnitzer Staatsanwalt Rolf Bach dem Rundfunksender. Allerdings erfüllte der Syrer nicht seine Auflage, wonach er Arbeitsstunden leisten sollte. Auch eine Geldbuße war noch offen und es kam zu einer neuen Straftat. Zuletzt war der Messerangreifer nicht mehr erreichbar und "flüchtig", wie "B.Z." schrieb.

Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft wollte eine vor mehreren Jahren verhängte Bewährungsstrafe zunächst verlängern. Weil ein entsprechendes Schreiben nicht zugestellt werden konnte, zog sie diesen Antrag zurück. Daraufhin stellte die Ermittlungsbehörde Anträge auf Widerruf der Strafaussetzung sowie auf Erlass eines Sicherungshaftbefehls. Mitte März gingen diese beim Landgericht Berlin ein, das die Bewährungsaufsicht hat. Offenbar wurde jedoch bisher nicht über den Haftantrag entschieden, weshalb der Täter weiter auf freiem Fuß war. "Fahndungsmaßnahmen wurden noch nicht eingeleitet", erklärte Staatsanwalt Bach auf Anfrage von ntv.de.

Die Gewalt-Geschichte des Angreifers

Der 43-Jährige war der Polizei in Berlin, Brandenburg und Sachsen wohlbekannt. Im Frühjahr 2022 stach er seiner Schwester ein Messer in den Oberschenkel, berichteten "Tagesspiegel" und "B.Z.". Als er festgenommen werden sollte, griff er die Beamten an und brach einem Uniformierten gar die Hand. Bis zum Herbst desselben Jahres saß er in Chemnitz in U-Haft, die schließlich unter Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde. Während seiner Zeit im Gefängnis schlug der Häftling einen Mitinsassen. In Dresden wurde er daraufhin zu einer Geldstrafe verurteilt.

Im Dezember 2022 startete der Hauptprozess wegen gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung. Dafür gab es zwei Jahre und vier Monate Haft. Weil der Syrer jedoch in der Verhandlung "mehrfach mit massiver Gewalt gedroht" hat, wie "B.Z." berichtete, wurde der Haftbefehl trotz eingelegter Rechtsmittel in Vollzug gesetzt. Drei Monate später lief der Berufungsprozess, an dessen Ende der Mann zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt wurde. Berufungen sowohl der Staatsanwaltschaft als auch des Angeklagten wurden vom Gericht verworfen. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Weil der Messerangreifer im Oktober 2023 zwei Justizvollzugsbeamte bedrohte, gab es einen neuen Strafbefehl, der in der Anordnung auf 100 Arbeitsstunden mündete. Dafür sollte schließlich die Bewährung verlängert werden, doch diese Information konnte nicht per Post zugestellt werden. Rund einen Monat später kam es zur tödlichen Auseinandersetzung in der Berliner U-Bahn-Station.

Quelle: ntv.de, mpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen