Urteil "schockierend milde"Staatsanwalt will längere Haft für Pistorius

Südafrikas Strafverfolger kündigen Berufung gegen die sechsjährige Haftstrafe für Ex-Sprintstar Oscar Pistorius an. Die Strafe für "das Verbrechen des Mordes" sei "schockierend milde" ausgefallen und damit ungerecht.
Sechs weitere Jahre Haft - so lautete das Urteil gegen den südafrikanischen Paralympicssieger Oscar Pistorius. Doch womöglich muss der gefallene Superheld doch länger im Gefängnis bleiben. Die nationale Strafverfolgungsbehörde kündigte an, gegen das Urteil des Berufungsgerichtes in Pretoria von Anfang Juli in Berufung zu gehen. Das Urteil sei "schockierend milde" ausgefallen und stünde nicht im Verhältnis zur Tat, teilte die National Prosecuting Authority (NPA) mit.
Pistorius hatte im Februar 2013 seine Freundin durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen. Der unterschenkelamputierte Sportler beteuerte stets, das Model mit einem Einbrecher verwechselt und in Panik gehandelt zu haben. Im Oktober 2014 wurde er zunächst wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt und ein Jahr später in den Hausarrest entlassen.
Ein Berufungsgericht sprach ihn jedoch im vergangenen Dezember des Mordes schuldig, da er in jedem Fall mit seinen Schüssen den Tod eines Menschen billigend in Kauf genommen habe. Am 6. Juli wurde Pistorius zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er selbst verzichtete auf eine Berufung. Dagegen reagierte die Staatsanwaltschaft schon damals enttäuscht und behielt sich weitere Schritte vor.
Nie mehr "in Frieden leben"
Nun will sie "nach eingehender Prüfung des Urteils" um eine schärfere Bestrafung kämpfen. "Die sechsjährige Haftstrafe ist in jedem Fall für das Verbrechen des Mordes unangemessen und auf schockierende Weise zu milde", erklärte sie. Es sei eine "Ungerechtigkeit" und könnte die "Justizverwaltung in Misskredit" bringen. Nach südafrikanischem Recht stehen auf Mord mindestens 15 Jahre Haft.
Richterin Thokozile Masipa hatte bei der Verkündung des Strafmaßes vor rund zwei Wochen mehrere mildernde Umstände geltend gemacht. Sie wies darauf hin, dass Pistorius nie mehr "in Frieden leben" werde und es sehr unwahrscheinlich sei, dass er noch einmal straffällig werde. Seine Karriere sei beendet, auch finanziell sei er ruiniert, argumentierte sie.
Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft vertrat die Richterin ausdrücklich die Auffassung, dass eine lange Freiheitsstrafe nicht der Gerechtigkeit diene. Mit ihrem Schritt will die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben nun auch klären, wie weit ein Richter bei der Entscheidung des Strafmaßes von der vorgeschriebenen Mindeststrafe abrücken darf.
Der im Südafrika verwendete Mord-Begriff entspricht im deutschen Rechtssystem dem Tatbestand des Totschlags. In erster Instanz war der unterhalb der Knie amputierte Prothesensprinter wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, allerdings hatte die Staatsanwaltschaft erfolgreich Einspruch gegen das milde Urteil eingelegt.