Fünf Jahre sind nicht genugStaatsanwaltschaft ficht Pistorius-Urteil an

Das Urteil gegen Oscar Pistorius ist gefällt, seit fast einer Woche befindet sich der Südafrikaner im Gefängnis. Der Staatsanwaltschaft ist das Strafmaß von fünf Jahren jedoch zu milde. Sie möchte den einstigen Paralympics-Star länger hinter Gittern sehen.
Nach dem Haft-Urteil gegen den einstigen südafrikanischen Paralympics-Star Oscar Pistorius hat die Staatsanwaltschaft Berufung angekündigt. Die Nationalen Strafverfolgungsbehörde (NPA) werde "innerhalb der nächsten Tage" sowohl gegen das Urteil als auch das Strafmaß Berufung einlegen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Pretoria, Nathi Mncube.
Die NPA, die im südafrikanischen Rechtssystem über der Anklagevertretung steht, habe in den letzten Tagen rechtliche Fragen geprüft, die sich aus dem Verfahren und dem Urteilsspruch gegen Pistorius ergeben hätten. Staatsanwalt Gerrie Nel und seine Assistentin hätten auf dieser Grundlage begutachtet, ob es hinreichende Argumente gebe, den Fall neu aufzurollen.
Sollte es zu einer Berufungsverhandlung vor Südafrikas Obersten Berufungsgericht kommen, könnte der 27-Jährige nach Einschätzung von Strafrechtsexperten möglicherweise doch noch wegen Mordes verurteilt werden. Darauf steht in Südafrika lebenslänglich, was in der üblichen Rechtspraxis des Landes auf 25 Jahre Haft hinausläuft.
Langjähriges Berufungsverfahren droht
Ob die Berufung vom zuständigen Gericht zugelassen wird, ist jedoch noch unklar. Auch der Zeitpunkt der offiziellen Beantragung sowie der Entscheidung darüber waren zunächst offen. Sollte es zu einem Berufungsverfahren kommen, könnte Pistorius beantragen, bis zu einem Urteil erneut auf Kaution in Freiheit zu bleiben. Falls dies zugestanden wird, könnte er das Gefängnis verlassen, in das er nach der Strafmaßverkündung eingewiesen worden war. Ein Berufungsverfahren kann sich nach Einschätzung des Strafrechtsexperten Professor André Thomashausen von der Johannesburger Kanzlei Werth Schröder Inc. über zwei oder mehr Jahre erstrecken.
Am 12. September war Pistorius wegen tödlicher Schüsse auf seine Freundin Reeva Steenkamp der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen worden. Am 21. Oktober hatte das Gericht das Strafmaß auf fünf Jahre Haft festgelegt. Richterin Thokozile Masipa befand, Pistorius habe bei seiner Tat grob fahrlässig gehandelt. Der 27-Jährige wurde nach der Verkündung des Urteils in Pretoria umgehend inhaftiert.
Pistorius hatte Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag 2013 mit vier Schüssen durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses in einem Vorort von Pretoria getötet. "Mit einer tödlichen Waffe feuerte der Angeklagte nicht einen, sondern vier Schüsse ab", sagte Masipa, "die Toilette war nur eine kleine Kabine und es war kein Platz für eine Flucht für die Person hinter der Tür." Pistorius habe gewusst, dass sich hinter der Tür ein Mensch befindet. Masipa befand jedoch, dass für Mord keine hinreichenden Beweise vorgelegt worden seien. Sie stufte Zeugen der Anklage als wenig glaubwürdig ein und sprach den an den Unterschenkeln amputierten Ausnahmesportler lediglich der fahrlässigen Tötung schuldig.