Rechtsextreme Randale in England Staatsanwaltschaft klagt zwei zwölfjährige Jungen an
12.08.2024, 17:34 Uhr Artikel anhören
Rechtsradikale missbrauchen den Messerangriff von Southport für Unruhen im ganzen Land.
(Foto: picture alliance / empics)
Brutale Angriffe auf Polizisten, Läden von Muslimen werden geplündert und in Brand gesetzt: Die Krawalle sorgen in Großbritannien tagelang für einen Ausnahmezustand. Jetzt greift die britische Justiz hart durch. Über 450 Menschen sind angeklagt, auch zwei Minderjährige müssen sich verantworten.
Wegen der rechtsradikalen Ausschreitungen in britischen Städten hat die Justiz bisher Hunderte Menschen angeklagt, darunter auch zwei Zwölfjährige. Ein Junge soll sich in der nordwestenglischen Stadt Southport an Ausschreitungen beteiligt haben. In Manchester räumte ein gleichaltriger Junge ein, an zwei verschiedenen Tagen an Krawallen teilgenommen zu haben. Die Zwölfjährigen sind die bislang jüngsten Angeklagten, wie der Sender Sky News berichtete. In England beginnt die Strafmündigkeit ab dem Alter von zehn Jahren.
Der Junge in Manchester gestand vor einem Gericht, während der Unruhen ein Wurfgeschoss auf einen Polizeiwagen geworfen zu haben. Er war nach Angaben der Staatsanwaltschaft an den Ausschreitungen vor einem Hotel in Manchester beteiligt, in dem Asylbewerber untergebracht sind.
Der Junge sei enger in die Gewalt verwickelt gewesen als alle anderen Angeklagte, die im Zusammenhang mit den Ausschreitungen bisher vor Gericht erschienen seien, "ob Erwachsene oder Kinder", sagte die zuständige Richterin Joanne Hirst. Der Zwölfjährige, dessen Name wegen seines Alters nicht genannt werden darf, blieb in Behördengewahrsam. Ein Urteil wird am 2. September erwartet.
Angriffe auf Moscheen und Flüchtlingsunterkünfte
Bei den rechtsradikalen Ausschreitungen in Großbritannien waren unter anderem Moscheen und Flüchtlingsunterkünfte angegriffen worden. Bisher hat die Polizei insgesamt 927 Menschen festgenommen und davon 466 angeklagt. Mehrere Täter wurden bereits zu Haftstrafen verurteilt.
Weil er sich an Unruhen an einem Hotel nahe Rotherham, in dem Asylbewerber untergebracht sind, beteiligte, muss ein 41-jähriger Mann für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Ein 18-Jähriger, der in der Stadt Darlington Steine auf Polizisten geworfen und über einen Treffer gejubelt hatte, erhielt anderthalb Jahre Jugendarrest.
Die britische Regierung zeigte sich zufrieden, dass sich die Lage zuletzt entspannt hat. Man bleibe aber wachsam und werde nicht nachlässig, sagte eine Regierungssprecherin. Sie lobte die schnelle Reaktion der Justiz. Premierminister Keir Starmer habe seinen Sommerurlaub auch wegen der Ausschreitungen und die Reaktion der Behörden darauf abgesagt, sagte die Sprecherin. Nach Angaben des Branchenverbandes UK Hospitality brach der Umsatz im Gastgewerbe wegen der Ausschreitungen teilweise stark ein.
Motiv des Angreifers unbekannt
Vorausgegangen war ein Messerangriff in Southport, bei dem drei Mädchen erstochen und mehrere Kinder verletzt wurden. In sozialen Netzen war kurz nach der Tat behauptet worden, es handle sich bei dem Verdächtigen um einen irregulären Einwanderer mit muslimischem Namen. Doch beides ist falsch, wie die Polizei klarstellte. Der mutmaßliche Täter wurde in Wales als Sohn ruandischer Einwanderer geboren.
Der Angreifer hatte einen Ferien-Tanzkurs ins Visier genommen und dort auf Kinder und Betreuerinnen eingestochen. Neben der Neunjährigen starben auch ein sieben und ein sechs Jahre altes Mädchen. Mehrere Menschen wurden verletzt. Sie konnten inzwischen jedoch alle wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Ein zum Tatzeitpunkt 17-jähriger Jugendlicher wurde festgenommen. Zum Motiv des mutmaßlichen Täters liegen noch keine Erkenntnisse vor.
Rechtsextreme Krawalle hielten das Land tagelang in Atem. Es kam zu Angriffen auf Sicherheitskräfte, Unterkünfte für Asylbewerber und auf Moscheen und Geschäfte. Tausende Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz, von denen Dutzende verletzt wurden. Inzwischen hat sich die Situation wieder entspannt. Die Regierung bleibe aber "in höchster Alarmbereitschaft", erklärte eine Sprecherin von Premierminister Keir Starmer. "Die Arbeit ist nicht getan, bis sich die Menschen in ihren Gemeinden sicher fühlen."
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP