Wegen steigender Corona-ZahlenStadt Hanau sagt Gedenk-Demo ab

Eigentlich wollten die Bürger der hessischen Stadt Hanau am Samstag der Opfer des rassistischen Anschlags gedenken. Doch die geplante Kundgebung wird nicht stattfinden. Nach Angaben der Stadt ist die Zahl, der neu mit Corona infizierten Menschen bedenklich hochgeschnellt.
Wegen einer "stark steigenden Zahl" von Corona-Infektionen hat die Stadt Hanau eine für Samstag geplante Demonstration zum Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags mit neun Toten abgesagt. "Sobald die Infektionsfälle wieder deutlich zurückgegangen sind, holen wir diese Trauerbekundung selbstverständlich nach", sagte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky laut einer Mitteilung. Mit einer Demonstration zur Ausbreitung der Pandemie beizutragen, sei nicht zu verantworten. Die Absage diene auch dem Schutz der Menschen, die an die Opfer der Gewalttat vom 19. Februar erinnern wollten.
Die Angehörigen sollen stattdessen bei einer Alternativ-Veranstaltung die Möglichkeit bekommen, zu sprechen. Diese werde auf eine Teilnehmerzahl von 249 Menschen begrenzt sein, sagte ein Sprecher der Stadt Hanau. Die "Initiative 19. Februar", kündigte an, dass es "trotzdem nicht ruhig bleiben" werde. Man werde die geplante Kundgebung mit Angehörigen, Freunden und Betroffenen von Rassismus und Antisemitismus durchführen. Der mögliche Rahmen dafür werde mit der Stadt Hanau ausgehandelt. Die Kundgebung solle auch gestreamt werden.
Zum Gedenken an die Opfer des Anschlags mit neun Toten vor einem halben Jahr wollten am Samstag Tausende Menschen in der hessischen Stadt auf die Straße gehen. Veranstalter und Polizei hatten zwischen 3000 und 5000 Teilnehmer erwartet. Der Main-Kinzig-Kreis habe dem Oberbürgermeister mitgeteilt, "dass die Zahl der Neuinfizierten je 100.000 Einwohner im 7-Tage-Rückblick in Hanau auf 49 hochgeschnellt ist". Er sei "geschockt über die rasante Infektionsentwicklung". Damit sei die Schwelle für konsequente Beschränkungen erreicht.
Neben Familienmitgliedern der bei dem Hanauer Anschlag Getöteten waren auch Angehörige und Überlebende weiterer rassistischer Gewalttaten erwartet worden, etwa eine angehende Rabbinerin aus Halle und die Frau des Mannes, der im Juli 2019 von einem 55-jährigen Deutschen in Wächtersbach niedergeschossen worden war.
Am 19. Februar hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen, bevor er vermutlich seine Mutter und sich selbst tötete. Zuvor hatte der Mann Pamphlete mit Verschwörungstheorien und rassistischen Ansichten im Internet veröffentlicht. Angehörige und Vertreter der "Initiative 19. Februar" fordern eine lückenlose Aufklärung und werfen den Behörden unter anderem vor, "Warnsignale" nicht ernst genommen zu haben.