Panorama

Evakuierung von 3000 Menschen Starkregen am Neckar angesagt, Bayern kämpfen

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Wassermassen in Süddeutschland halten weiter Tausende Einsatzkräfte und Anwohner in Atem. In Baden-Württemberg lässt der Regen vorerst nach, neue Gewitter sind aber angekündigt. In Bayern dagegen heißt es weiter zittern.

Dammbrüche, verspätete Züge und mindestens ein Todesopfer - Überschwemmungen in Süddeutschland richten weiter große Schäden an. Vor allem in Bayern bleibt die Lage angespannt. Dort sind bislang rund 3000 Menschen von Evakuierungen betroffen. Dies teilte eine Sprecherin des bayerischen Innenministeriums mit. 40.000 Helfer seien dort seit Beginn der Lage im Einsatz, sagte Ministerpräsident Markus Söder bei einem Besuch in Reichertshofen. In mehreren Orten des Freistaats wurden Menschen aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. In Pfaffenhofen an der Ilm kam ein Feuerwehrmann bei einer Rettungsaktion ums Leben. In Baden-Württemberg entspannt sich die Lage teilweise, insbesondere an Neckar und Tauber werden aber steigende Pegel erwartet.

Im bayerischen Landkreis Pfaffenhofen sagte ein Vertreter der Feuerwehr, dort herrsche aktuell ein unberechenbares Hochwasser, "das wir so auch noch nie verzeichnen mussten". Der Markt Reichertshofen werde aktuell überflutet. "Wir können nichts mehr tun, wir müssen quasi jetzt aufgeben. Aber aufgeben heißt nicht, dass wir Leib und Leben dafür riskieren, das haben wir im Griff." Aktuell seien im Landkreis rund 4600 Helfer im Einsatz.

In Reichertshofen rief Söder dazu auf, Warnungen sofort zu befolgen. "Wenn sie irgendwo den Handyalarm bekommen und die Aufforderung rauszugehen, zu evakuieren: nicht noch den Koffer packen, nicht noch alle möglichen Gegenstände mitnehmen, sondern einfach dann in dem Moment rausgehen. Es geht da wirklich um Leib und Leben."

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der sich gemeinsam mit Söder ein Bild von der Lage machte, zeigte sich nach dem Tod des Feuerwehrmanns bestürzt: "Die Einsatzkräfte, ehrenamtliche wie hauptberufliche, riskieren in den Hochwassergebieten ihr Leben, um Menschen zu retten." Das sei keine Selbstverständlichkeit, so der Grünen-Politiker.

Inzwischen bestätigte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd-West, dass seit der Nacht ein weiterer Feuerwehrmann vermisst wird. Der 22-Jährige war mit einem Kollegen von der Freiwilligen Feuerwehr und drei Helfern der DLRG gegen 2.50 Uhr in einem Boot zu einer Evakuierung unterwegs, als das Boot kenterte. Vier der Helfer konnten aus dem Wasser gerettet werden, der 22-Jährige blieb vermisst. Nach ihm wird seit den frühen Morgenstunden intensiv gesucht. Inzwischen sind auch zwei Hubschrauber im Einsatz.

Bis zum späten Samstagabend hatten zehn bayerische Kommunen den Katastrophenfall ausgerufen. Vor allem die Donau und mehrere ihrer Zuflüsse waren bedrohlich angeschwollen. Das Technische Hilfswerk (THW) hat bereits mehr als 1800 Kräfte in die Hochwasser-Regionen entsandt. Hunderte Feuerwehrleute sind im Dauereinsatz. Wegen der ununterbrochenen Regenfälle rief etwa auch das Landratsamt Dillingen im bayerischen Teil Schwabens den Katastrophenfall aus. Am Samstagabend spitzte sich die Hochwasserlage an der Zusam zu, einem Zufluss der Donau, wie die Behörde mitteilte. Der örtliche Krisenstab forderte bei der Bundeswehr Hilfe an.

Neuer Starkregen in Baden-Württemberg erwartet

Lichtblicke, aber keine Entwarnung gibt es in Baden-Württemberg. In Ochsenhausen nördlich des Bodensees sagte der dortige Bürgermeister Christian Bürkle, es zeichne sich langsam Besserung ab. Der Pegel des Flusses Rottum sei wieder etwas gesunken. Doch auch am Sonntag waren Auswirkungen der Überflutungen deutlich. In zwei Orten im Rems-Murr-Kreis und in einem Ort im Ostalbkreis gilt seit Samstagabend ein Gebot zum Abkochen des Trinkwassers. Regenwasser sei in die Versorgung eingedrungen, es komme zu Verunreinigungen.

Das sind allerdings Momentaufnahmen. Entwarnung gibt es noch nicht. Teile der Gemeinde Meckenbeuren am Bodensee stehen noch unter Wasser. Der Fluss Schussen sei über die Ufer gegangen und habe Straßen geflutet, sagte eine Gemeindesprecherin. Verletzte gebe es nicht.

Am Neckar steigen die Pegel

Am Oberrhein zwischen Iffezheim (Kreis Rastatt) und Germersheim stieg der Pegel über die kritische Marke von 7,50 Metern, wie die Hochwasserzentrale Baden-Württemberg (HVZ) bestätigte. Der Schiffsverkehr wurde daraufhin eingestellt. Das bestätigte die Hochwasserzentrale Baden-Württemberg (HVZ).

Auch am Neckar soll der Pegelstand Montagfrüh steigen. Bei Heidelberg erwartet die HVZ ein etwa fünf- bis zehnjährliches Hochwasser. Auf einem Großteil des Neckars könnte die Schifffahrt eingestellt werden, wenn der Pegel in Mannheim die 7,60-Meter-Marke erreicht. Auch andere Flüsse und Bäche in Baden-Württemberg könnten am Sonntag noch rasch und sehr deutlich ansteigen, wie der Experte erklärte. Dies betreffe vor allem Gebiete, die lokal von extremem Starkregen betroffen seien.

Besonders treffe es wohl die Einzugsgebiete rund um Neckar und Tauber. Gewitter und Regen sollen am Sonntag vorerst nicht nachlassen. Einem Sprecher der HVZ zufolge können die Folgen für die lokalen Bereiche rund um kleine und mittlere Gewässer verheerend ausfallen.

Ab Montagfrüh seien auch in den oberschwäbischen Donau- und Bodenseezuflüssen erneute Anstiege möglich. Im Laufe des Tages ist es laut HVZ möglich, dass sich die lokale Hochwasserlage wieder verschärfen kann. Ab Sonntagmittag seien südlich des Mains bis zur Donau erneut heftige Gewitter mit Niederschlagsmengen von bis zu 25 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit möglich, teilte der Deutsche Wetterdienst in Offenbach mit. Örtlich könnten es in kurzer Zeit bei Unwettern auch bis zu 40 Liter werden.

Ausfälle auf mehreren Bahnstrecken

Der Bahnverkehr ist weiter eingeschränkt. Nach einer Auflistung auf der Internetseite der Deutschen Bahn kommt es zum Beispiel zu Ausfällen auf den Strecken München-Nürnberg-Berlin, Stuttgart-Mannheim-Frankfurt, München-Lindau-Bregenz-Zürich, Karlsruhe-Stuttgart-Crailsheim-Nürnberg und Augsburg-Kempten-Oberstdorf. Zwischen Stuttgart und München war nach Unternehmensangaben vom Morgen kein Fernverkehr möglich. "Wir raten von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg ab", teilte die Bahn mit.

In Schwäbisch Gmünd war am Samstagabend nach einem Erdrutsch ein ICE entgleist. Verletzt wurde niemand. Die für den Fernverkehr wichtige Strecke zwischen Stuttgart und München ist gesperrt. Wann sie wieder freigegeben wird, ist noch unklar. Der ICE soll noch am Sonntag geborgen werden. Dem Bahnsprecher zufolge sprangen die ersten beiden Waggons auf der Fahrt von München nach Köln gegen 23.20 Uhr aus den Gleisen, kippten aber nicht um. Der Erdrutsch hatte demnach eine Breite von etwa 30 Metern.

Ausläufer in anderen Bundesländern

Zum Abend hin ziehen die Unwetter Richtung Süden und es werden im Alpenvorland kräftige Gewitter und Starkregen erwartet. Am Nachmittag und Abend könnten auch wieder Regionen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg betroffen sein. Bei Gewittern mit Starkregen erwarten die Vorhersagen Niederschlagsmengen um 30 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit. In der Nacht zum Montag sollen dort die Gewitter abklingen.

In Thüringen und Sachsen sprachen die Rettungsleitstellen jeweils von nur wenigen Einsätzen. In Colditz im Landkreis Leipzig hatte die Feuerwehr hingegen alle Hände voll zu tun: Dort seien am Samstagabend Dutzende Keller vollgelaufen und Grundstücke überspült worden, sagte Stadtwehrleiter Steffen Schmidt am Sonntag. Zudem sei die Durchfahrt zu zwei Stadtteilen wegen der Regenmassen für einige Stunden gesperrt worden. Verletzt wurde aber nach ersten Angaben niemand.

In den sächsischen Landkreisen Bautzen und Görlitz wurden am Samstag im Tagesverlauf insgesamt 16 Unwettereinsätze registriert. Die Feuerwehr musste dabei vor allem Straßen vom Schlamm befreien. Größere Einsätze oder Schäden habe es nach Angaben der Polizeidirektionen Leipzig und Chemnitz ebenfalls nicht gegeben. In Hessen war die Autobahn 7 zwischen Bad Hersfeld und Homberg Efze wegen Überschwemmungen für Stunden gesperrt.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa

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