Intensivmediziner über Corona "Stationen unter Stress" - weniger Neupatienten
11.11.2020, 11:35 Uhr
Auf deutschen Intensivstationen werden so viele Covid-19-Patienten behandelt wie nie zuvor. Die Lage sei zwar deutlich angespannt, die Situation aber noch zu handhaben, sagt Divi-Vorsitzender Janssens ntv. Die Kapazitäten würden es momentan sogar noch erlauben, Patienten aus dem Ausland aufzunehmen.
Während inmitten der fortschreitenden Pandemie die Hoffnung auf einen schon bald verfügbaren Impfstoff wächst, erreicht die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Corona-Infizierten in Deutschland ein Allzeithoch. "Die Lage auf den Intensivstationen ist deutlich angespannt", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens, ntv. In einigen Regionen sei man zwar noch nicht mit dem Rücken an der Wand, "aber deutlich unter Stress". Wenn man davon ausgehen würde, dass ein Fünftel der Intensivpatienten Covid-19-Patienten seien, setze das die Intensiv- und Notfallmediziner im Augenblick ein bisschen unter Druck.
Dass die Situation momentan noch zu handhaben sei, liege auch an der sinkenden Ansteckungsrate. "Wir spüren seit ein paar Tagen, dass die Zuwachsraten abnehmen. Es gab zwar noch Zuwächse, aber das Delta nimmt von Tag zu Tag ab", sagte Janssens. Das lasse auf eine leichte Abflachung der Anstiege hoffen. "Wir sind noch nicht in der Situation, dass wir aus der Region in andere Bundesländer verlegen müssen." Entsprechende Pläne würden aber bereits in der Schublade liegen.
Trotz der angespannten Situation ist Deutschland in der Lage, Covid-19-Patienten aus dem Ausland aufzunehmen. Angesichts der Verfügbarkeit von Intensivbetten hält es Janssens immer noch für gerechtfertigt und sogar zwingend notwendig, Patienten aus den europäischen Nachbarländern zu übernehmen.
Zwar würden die Kapazitäten momentan noch ausreichen, der Divi-Vorsitzende fordert bei ntv trotzdem, dass es punktuell möglich sein muss, von einem Regelbetrieb in einen Covid-Betrieb zu wechseln. Krankenhäuser sollten laut Janssens angewiesen werden können, dass sie 30 bis 50 Prozent der Operationen, die man vertretbar zu einem späteren Zeitpunkt durchführen kann, runterzufahren. Dadurch würde man nicht nur Personal gewinnen, sondern es kämen auch einige zusätzliche Intensivbetten dabei raus. "Das heißt, der Druck wird aus den Krankenhäusern genommen", sagte Janssens.
Am Montag waren laut Divi bundesweit 3005 Intensivbetten von Covid-Patienten belegt. Mehr als die Hälfte von ihnen wurde demnach invasiv beatmet. Während der ersten Pandemiewelle im Frühjahr hatte der Höchstwert bei bundesweit 2933 Corona-Infizierten auf Intensivstationen gelegen.
Seit April liefert das Intensivregister der Divi und des Robert-Koch-Instituts Daten zu den freien und belegten Intensivbetten der etwa 1300 Akutkrankenhäuser in Deutschland. Für die Kliniken gilt eine Meldepflicht. Täglich müssen sie bis 12.00 Uhr ihre Bettenkapazitäten an das Intensivregister melden.
Quelle: ntv.de, jki