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Geteilte Leben, getrennte Konten Warum streiten Paare so oft über Geld?

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Der Streit ums Geld gehört für viele Paare zum Alltag.

Der Streit ums Geld gehört für viele Paare zum Alltag.

(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)

Der eine haut die Euros raus, der andere will lieber sparen. Viele Paare streiten regelmäßig über Geld. Finanzbloggerin Celine Nadolny und Paarberater Michael Mary erklären, warum das so ist - und wieso am Ende eine klare Trennung helfen kann.

Wir alle haben einen individuellen Umgang mit Geld, der sich mit den Jahren festigt. "Hinter jeder finanziellen Entscheidung steckt auch immer eine Lebensentscheidung. Lebe ich mehr im Hier und Jetzt oder denke ich vor allem an die Zukunft?", erklärt Finanzbloggerin Celine Nadolny im Gespräch mit ntv.de. Entscheiden wir für uns alleine, sind wir frei und müssen uns nur selten rechtfertigen.

In einer Partnerschaft legen Menschen ihre Leben zusammen und zwangsläufig auch ihre Finanzen. Spätestens bei einem geteilten Abendessen, einer gemeinsamen Reise und einer Wohnung steht das Thema Geld im Raum. Dann müssen Paare mindestens ein Gespräch führen, Kompromisse finden oder - und das passiert bei vielen sehr häufig - streiten und rechtfertigen.

Denn was mit dem eigenen und dem Geld des anderes am besten passieren sollte, wissen wir alle meist sehr genau. Streit ist hier vorprogrammiert, worum es im Einzelnen geht, ist vielfältig. Eine aktuelle Elitepartner-Studie zeigt, dass rund elf Prozent der Partner unzufrieden über den verschwenderischen Umgang mit Geld im Urlaub ihres Partners sind. Verzockt der eigene Partner Geld oder investiert unabgesprochen in Aktiengeschäfte, ist das sogar für 69 Prozent der Menschen in Beziehungen unverzeihlich.

Welche Bedeutung hat Geld in der Beziehung?

Laut Paarberater Michael Mary geht es im partnerschaftlichen Bereich einer Beziehung immer um einen Leistungsausgleich, etwa beim Wohnen und der Familie. "Für das gemeinsame Projekt muss jeder gleich viel Aufwand betreiben," sagt der Paarberater. Verdient der eine mehr, könne sich der andere dafür mehr um den Haushalt kümmern, so Mary. Das könne Konflikten vorbeugen, Gespräche seien dennoch nötig - am besten vor der Ausgabe.

Wenn Paare nicht klären, wie Geld gemeint ist, kommt es laut Mary häufig zu Streit. "Wenn jetzt zwei in den Urlaub fahren wollen, der eine will auf die Malediven, der andere sagt, dass er sich das nicht leisten kann. Der andere gibt ihm das Geld. Dann muss man fragen, wie das Geld gemeint ist", erklärt Mary im Gespräch mit ntv.de. "Willst du dafür einen Leistungsausgleich? Muss ich zwei Jahre lang die Kinder vom Kindergarten abholen? Oder ist das ein Geschenk? Oder muss ich es zurückzahlen?" Werden diese Fragen nicht vorher geklärt, ist Streit vorprogrammiert. Und das gilt auch in finanziell kleineren Situationen, wie einem gemeinsamen Abendessen.

So entwickeln Paare eine gemeinsame Geld-Vision

Streiten um kleine Beträge im Alltag bringt auf Dauer nichts. "Paare müssen miteinander sprechen, nicht nur über Zahlen, sondern über Erwartungen, Ziele und Werte", sagt Finanzexpertin Nadolny. Sie brauchen eine gemeinsame Vision ihres Lebens und wie sie ihr Geld einsetzen wollen. "Wie wollen wir leben? Welche Träume verfolgen wir? Wo sind wir bereit, Kompromisse einzugehen?", sind laut Nadolny relevante Fragen.

Ein Modell, das auch der US-amerikanische Finanzexperte Ramit Sethi verfolgt. Er empfiehlt Singles und Paaren, sich ein "Rich Life" vorzustellen und im Detail auszumalen. Wofür würde ich Geld ausgeben, wenn die Summe keine Rolle spielt? Große Reisen, ein tolles Haus, hochwertiges Essen, Zeit mit der Familie und Freunden, Luxusgüter? Findet man heraus, an welchen Dingen das eigene Herz wirklich hängt, lässt sich Geld besser einteilen. Denn für Dinge, die einem nichts bedeuten, budgetiere man dann deutlich weniger. Sethi erzählt in seinem Podcast "Money for Couples" immer wieder, dass er als Millionär einen zwanzig Jahre alten Honda fahre und eine Wohnung (in New York) miete, statt kaufe, dafür aber jährlich lange Reisen mit seiner Frau mache und ausschließlich Kaschmirpullover trage.

"Letztendlich geht es darum, ein Bewusstsein zu entwickelt: Entspricht mein aktueller Umgang mit Geld wirklich dem Leben, das ich führen möchte?", sagt Nadolny. Doch selbst mit gemeinsamer Vision kann es im Alltag knirschen.

Sprechen ja, streiten lieber nicht

Um eine gemeinsame Lösung zu finden, hilft ein reflektierter Umgang mit den eigenen Finanzen. Der beste Ausgangspunkt sei hierfür ein Haushaltsbuch, rät Nadolny. "Denn Reflexion über Geld funktioniert nur faktenbasiert, nicht emotional." Das hilft dabei, die Geldgespräche aus der emotionalen Streitecke zu holen und sie nüchtern auf den Tisch zu packen.

Die Auflistung des Haushaltsbuchs zeige, wofür genau das Geld ausgegeben wird. "Dabei geht es nicht nur um die Frage wofür, sondern auch warum", sagt die Finanzbloggerin. "Was verspreche ich mir von bestimmten Ausgaben?" Die große Wohnung und das neue Sofa sollen das Bedürfnis nach Sicherheit und Komfort decken, Geschenke oder Einladungen sind an die Hoffnung auf Wertschätzung geknüpft und eine große Reise soll etwa die Beziehung stärken. Geld und wie wir es ausgeben, ist häufig emotional, die Überlegungen und Gespräche darüber sollten es nicht sein.

Weniger Streit durch klare Grenzen

Wer sich nicht einigen kann, sollte sich bewusst machen: "Bei unterschiedlichem Umgang mit Geld geht es nicht um die Frage: Wie kommen wir zum gleichen Umgang damit? Sondern, wie gehen wir mit den Unterschieden um?", sagt Mary. Hier helfe Autonomie mit den Finanzen. Denn Paare müssen nicht immer eine gemeinsame Linie fahren. Bleiben am Ende des Monats etwa 500 Euro übrig, kann man auch strikt teilen. "Anstatt zu streiten, könnte man auch sagen: Du kriegst 250 Euro, ich kriege 250 Euro und jeder macht damit, was er will", schlägt der Paarberater vor. Ohne Rechtfertigung oder schlechtes Gewissen können dann beide Geld für die Dinge ausgeben, die ihnen individuell am Herzen liegen.

Viele Paare entscheiden sich für ein Drei-Konten-Modell: Jeder behält ein eigenes für den Gehaltseingang und überweist Summe X auf ein gemeinsames Konto, von dem Zahlungen für Miete, Lebensmittel, Urlaub und andere geteilte Dinge abgehen. Am Ende des Monats kann man auf diesem Konto gemeinsam sparen, oder das übrig gebliebene Geld individuell zurücküberweisen.

"Konfliktarmer Umgang mit Geld bedeutet also nicht nur, Budgets oder Regeln aufzustellen, sondern vor allem, sich auf einer gemeinsamen Werte- und Zielbasis zu begegnen", resümiert Nadolny und mahnt zur Ehrlichkeit. "Wenn diese Basis stimmt, lassen sich auch finanzielle Themen rational, ehrlich und partnerschaftlich lösen." Funktioniere das nicht, liege das Problem wahrscheinlich nicht bei den Finanzen, sondern in der Beziehung selbst.

Quelle: ntv.de

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