Panorama

Ministerium plant Gegenoffensive Taliban erobern Bezirk nahe Kabul

Ab Donnerstag soll eine dreitägige Waffenruhe im Land herrschen.

Ab Donnerstag soll eine dreitägige Waffenruhe im Land herrschen.

(Foto: REUTERS)

Seit zwei Jahrzehnten ist Afghanistan Schauplatz erbitterter Kämpfe und Konflikte. Nach der Ankündigung von USA und NATO, ihre Truppen bis Oktober abzuziehen, greifen die Taliban wieder verstärkt Stellungen des afghanischen Militärs an. Nun nehmen die Rebellen einen strategisch wichtigen Abschnitt ein.

Die militant-islamistischen Taliban haben in Afghanistan einen strategisch wichtigen Bezirk unweit der Hauptstadt Kabul erobert. Das Zentrum von Nerch in der zentralen Provinz Wardak sei am späten Dienstagnachmittag (Ortszeit) an die Islamisten gefallen, sagten zwei Provinzräte. Der Bezirk ist nur 26 Kilometer von der Hauptstadt Kabul entfernt, ihn durchqueren wichtige Überlandstraßen. Das Verteidigungsministerium erklärte, es werde eine Offensive starten, um den Bezirk zurückzuerobern.

Laut lokalen Behördenvertretern hielten die Islamisten bereits davor einen großen Teil des Bezirks. Rund eine Woche hätten sie auch das Bezirkszentrum belagert. Die Sicherheitskräfte in Nerch hätten in Kabul um Unterstützung angefragt, aber niemand sei zu Hilfe gekommen, hieß es weiter.

Die Taliban setzten den Angaben zufolge nach der Eroberung das Bezirksverwaltungsgebäude in Brand. Widersprüchliche Angaben gab es dazu, was mit den rund 70 Sicherheitskräften dort passierte. Laut Innenministerium zogen sie sich taktisch zurück. Es gab auch Berichte, dass sich Teile von ihnen nach einem Kampf, dem mehrere Menschen zum Opfer fielen, ergaben.

Militär und Zivilbevölkerung im Fokus

Der Provinzrat Sardar Bachtiari sagte, die militärischen Fortschritte der Taliban in Nerch könnten eine ernsthafte Bedrohung für die Provinz Wardak und für Kabul darstellen. Erst Anfang Mai war der Bezirk Burka im nördlichen Baghlan an die Taliban gefallen, Anfang März der Bezirk Almar im nördlichen Fariab. Seit Beginn des offiziellen Abzugs der US- und der NATO-Truppen aus Afghanistan am 1. Mai haben die Taliban mehrere Offensiven im Land gestartet. Sie greifen immer wieder die Sicherheitsringe rund um mehrere Provinzhauptstädte an, aber auch mittelgroße Militärbasen. Dabei richteten sich die Angriffe nicht gegen die US-Streitkräfte, sondern gegen das afghanische Militär und die Zivilbevölkerung.

Die US-Regierung hatte im Februar 2020 ein Abkommen mit den Taliban geschlossen, um den längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte zu beenden. Die USA sagten darin einen Truppenabzug bis zum 1. Mai zu. Der Termin wurde mangels Fortschritten in den Friedensgesprächen zwischen den Taliban und der Regierung in Kabul nicht eingehalten. Dutzende Sicherheitskräfte sind seither getötet worden. Einige Offensiven konnten die Sicherheitskräfte zurückschlagen, andernorts stehen sie schwer unter Druck. Für die am Donnerstag beginnenden Eid-Feiertage haben die Islamisten eine dreitägige Waffenruhe angekündigt.

Vor einem Monat kündigte US-Präsident Joe Biden dann einen Truppenabzug bis zum 11. September an. Im Anschluss beschloss die gesamte NATO das Ende ihrer Afghanistan-Mission bis spätestens September.

Quelle: ntv.de, jru/dpa/AFP

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