Panorama

Reporter fürchtet um Sicherheit "Team Wallraff" deckt dreckige Methoden bei Reinigungsfirmen auf

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Das Team um Reporter-Legende Günter Wallraff hat vier Reinigungsfirmen unter die Lupe genommen.

Das Team um Reporter-Legende Günter Wallraff hat vier Reinigungsfirmen unter die Lupe genommen.

(Foto: RTL)

In der neusten Folge von "Team Wallraff" arbeiten die Undercover-Reporter als Reinigungskräfte. Sie dokumentieren Verstöße gegen den Mindestlohn, Kollektivstrafen und Einschüchterungsversuche. Ein Reporter fühlt sich nicht mehr sicher.

Zeit ist Geld - das bekommen die "Team Wallraff"-Reporter bei ihren neuesten Einsätzen am eigenen Leib zu spüren. Hinweise von Informanten führen sie dieses Mal in die Reinigungsbranche. Ehemalige Reinigungskräfte haben den Reportern nicht nur von Mindestlohnverstößen und Leistungsdruck, sondern auch von Einschüchterungsversuchen berichtet. Undercover-Reporter Alex fängt daraufhin als Reinigungskraft bei der Berliner Reinigungsfirma "Capital Infradienst" an. Dort stößt er auf dubiose Geschäftspraktiken und fürchtet sogar um seine Sicherheit. Wird sich hier über öffentliche Reinigungsaufträge an Steuergeldern bereichert?

Die ganze Recherche zeigt RTL heute um 20:15 Uhr in "Team Wallraff - Reporter undercover: Schmutz und Gier. Undercover in der Reinigungsbranche". Außerdem steht ab sofort exklusiv auf RTL+ das "Team Wallraff Spezial: Wie sauber sind unsere Schulen?" zum Abruf bereit.

Insgesamt vier Reinigungsfirmen nehmen Günter Wallraff und sein Team unter die Lupe. Zur Kundschaft gehören auch öffentliche Träger wie Schulen, Universitäten und Krankenhäuser. Wie weit manche Unternehmen anscheinend gehen, um Gewinne zu maximieren, erlebt "Team Wallraff"-Reporter Alex bei "Capital Infradienst". Laut zwei Informanten soll die Firma angeblich Mitarbeiter bedroht und sich an Steuergeldern bereichert haben. Undercover fängt Alex bei "Capital Infradienst" als Reinigungskraft an und putzt fortan für einen großen Kunden, die Freie Universität Berlin (FU).

Zeitdruck führt zu mangelnder Hygiene

Für die Reinigung von über zehn Büros, mehr als 30 Toiletten und Waschbecken, über zehn große Seminarräume sowie sämtliche Flure darf der Reporter nur vier Stunden benötigen - so verlangt es seine Vorarbeiterin. Dieser immense Zeitdruck führt zu einer mangelhaften Hygiene, wie Alex bei seiner Einarbeitung feststellt. Statt mit Reinigungsmittel und frischem Lappen putzt sein Kollege teilweise nur mit einigen Spritzern Wasser. Im Leistungsverzeichnis mit der Universität ist das anders festgehalten.

Und noch etwas fällt auf: Eigentlich verlangt die FU von "Capital Infradienst" über acht Stunden Reinigungsarbeit am Tag. Dafür bekommt der Dienstleister jährlich über 50.000 Euro - vom Staat. Anscheinend leisten sie aber nur die Hälfte ihrer Arbeit. Das wirft die Frage auf: Wohin fließen die restlichen rund 28.000 Euro?

"Capital Infradienst" äußert sich zu den Vorwürfen über eine Anwaltskanzlei wie folgt: "Soweit Sie unterstellen, es würden Arbeitsstunden gegenüber der FU abgerechnet, die nicht geleistet wurden, ist dies falsch. Falsch ist auch, es würden gegenüber der FU Leistungen im Gegenwert von 28.000,00 Euro abgerechnet, die tatsächlich nicht erbracht werden. Die vertraglich mit der FU per Leistungsverzeichnis vereinbarten Arbeitsstunden pro Tag werden erbracht und gegenüber der FU auch regelmäßig abgerechnet."

Undercover-Reporter Alex ist der Reinigungsfirma mit seinen Recherchen anscheinend zu nahe gekommen. Denn nach Beendigung der Dreharbeiten parkt vor seiner privaten Haustür eine schwarze Limousine mit dem "Capital Infradienst"-Logo. Dieselbe Limousine findet Alex später auch vor der Unternehmenszentrale vor. Ein Zufall? Die Situation hinterlässt bei dem Reporter noch lange ein mulmiges Gefühl.

Akkordarbeit statt Mindestlohn

Fragwürdige Methoden konnten Günter Wallraff und sein Team auch in anderen Reinigungsfirmen dokumentieren. Das Personal stammt mehrheitlich aus dem Ausland, vorwiegend aus der Ukraine, Rumänien, Russland und Afghanistan. Geworben wird oft mit dem Branchenmindestlohn, der zu diesem Zeitpunkt bei 13 Euro pro Stunde lag und in einigen Fällen sogar mit der Vermittlung von Unterkünften.

Auch Undercover-Reporterin Jana soll bei der Hamburger Firma "Astrein Exzellent" laut Vertrag 13 Euro pro Stunde verdienen. An ihrem ersten Arbeitstag im Vier Sterne-Hotel "Jufa" wird ihr jedoch mitgeteilt, dass sie nicht pro Stunde, sondern pro Hotelzimmer bezahlt würde. Insgesamt 4,75 Euro bekämen die Reinigungskräfte für jedes gereinigte Standard-Doppelzimmer.

Um den branchenüblichen Mindestlohn zu verdienen, müsste Jana also etwa drei solcher Zimmer pro Stunde reinigen. Selbst für erfahrene Reinigungskräfte ist das zeitlich kaum zu schaffen. Über eine Anwaltskanzlei bezieht "Astrein Exzellent" gegenüber RTL Stellung: "Die Zimmermädchen werden tariflich bezahlt. […]. Es ist [...] nicht richtig, dass bei der Reinigung [...] eines Standard-Doppelzimmers tatsächlich nur 4,75 Euro an das Personal gezahlt werden." Außerdem wäre 20 Minuten pro Zimmer eine realistische Berechnung.

Kollektivstrafe bei Fehlern

Wie Janas Erfahrungen zeigen, scheint es unter diesen Arbeitsbedingungen kaum möglich zu sein, den branchenüblichen Mindestlohn zu erreichen. Nach über acht Stunden Arbeit konnte sich die "Team Wallraff"-Reporterin insgesamt zehn gereinigte Zimmer anrechnen lassen - und das auch nur, weil ihr zwei Kolleginnen unter die Arme gegriffen haben. So kommt Jana nach acht Stunden Arbeit schließlich auf einen Tagesverdienst von gerade einmal 47,50 Euro und einen Stundenlohn von 5,94 Euro. Damit ist sie während unseres Einsatzes wohl kein Einzelfall.

Neben der Akkordarbeit belastet die Angestellten auch das raue Arbeitsklima. Finden die Vorarbeiter bei der Zimmerkontrolle nur den kleinsten Fehler, wie leichte Schmierstreifen an der Duschwand, folgen einschüchternde Whatsapp-Nachrichten - von angedrohten Kündigungen bis hin zu Kollektivstrafen. Jana und ihren Kollegen werden beispielsweise an einem Tag gleich drei Zimmer vom Gehalt abgezogen, weil jemand vermutlich versehentlich eine Pfandflasche sowie eine Klopapierrolle in einem Korb mit Dreckwäsche vergessen hat.

Ein Fehler, den die Angestellten mit je 15 Euro Verdienstverlust bezahlen. Die Anwaltskanzlei von "Astrein Exzellent" schreibt dazu: "Es gibt bei der Mandantin kein Bestrafungssystem. Auch keines in Form einer Kollektivstrafe [...]. Die Zimmermädchen werden tariflich bezahlt. [...] Unsere Mandantin bewertet das Arbeitsklima vor Ort als sehr gut."

Begleitend zur TV-Ausstrahlung erscheint zudem eine neue Folge von "Team Wallraff - Der Podcast" bei RTL+ Musik und überall sonst, wo es Podcasts gibt. Darin sprechen die Undercover-Reporter Jana, Michelle und Alex über ihre Erfahrungen in der Reinigungsbranche und über die Dinge, die im TV nicht zu sehen waren.

Quelle: ntv.de, mdi

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