Hygienemängel in Kühltruhen Team-Wallraff-Reporter finden jede Menge Schimmel bei Kaufland
03.04.2025, 20:17 Uhr Artikel anhören
Tiefgefrorene Lebensmittel sind lange haltbar, wenn sie denn durchgehend tiefgefroren bleiben. Beim Lebensmittelriesen Kaufland ist das jedoch offenbar nicht immer uneingeschränkt sichergestellt. Reporter vom Team Wallraff stoßen in vielen Filialen auf leckende Kühltruhen, in denen der Schimmel wuchert.
In einer großen Recherche schauen sich die Investigativreporterinnen und -reporter vom Team Wallraff und dem "Stern" die Zustände in 50 Kaufland-Filialen in zwölf Bundesländern an. In ganz Deutschland hat der Lebensmittelhändler, der wie Lidl zur Schwarz-Gruppe gehört, mehr als 770 Filialen. Jede ist im Durchschnitt 4200 Quadratmeter groß, mehr als ein halbes Fußballfeld. Auf dieser Fläche gibt es Lebensmittel, Non-Food-Artikel und Aktionsware.
Kaufland wirbt mit dem Slogan "Hier bin ich richtig" und betont die große Auswahl, die Frische von Lebensmitteln, die hohe Qualität und die günstigen Preise. Doch wie sieht es in der Realität aus? Seit Juli 2024 liefen die Recherchen, die Ergebnisse sind erschütternd. Die ganze Recherche sehen Sie auf RTL+.
In 48 der 50 untersuchten Märkte entdeckten die Journalisten teils gravierende und gesundheitsgefährdende Hygienemängel: verschmutzte Kühlregale und Fäkalbakterien auf Hähnchenfleisch, in einer Filiale Mäusekot an Brotkisten, in einer anderen umdatierte Waren aus der Frischetheke. Einige der aufgedeckten Missstände verstoßen nach Ansicht von Fachleuten gegen Gesetze zur Lebensmittelsicherheit.
Lecks und immer wieder Schimmel
Ein besonders weitverbreitetes Problem scheinen defekte Kühltruhen zu sein. Bei etwa 80 Prozent der 50 Kaufland-Filialen stellten die Reporterinnen und Reporter Probleme mit den Kühlsystemen fest. Viele Kühlmöbel waren undicht, Türen oder Glaswände beschlagen, vor etlichen lagen Auffangbänder und Wischlappen. Alles Anzeichen dafür, dass die Kühlung die nötige Temperatur nicht durchweg zu halten scheint. So können sie zur Quelle für gesundheitsgefährdende Keime werden.
Unter den Gefriertheken der Kaufland-Filiale in Detmold dokumentierten die Reporter Pfützen, die das Personal versucht, mit Papiertüchern aufzuwischen. Die Theken sind vermutlich undicht. Allein in 20 von 50 Filialen, in denen die Reporter waren, konnten sie Auffangbänder für Wasser dokumentieren. Im thüringischen Gera fanden die Reporter zwischen Regalen der Selbstbedienungstheke für Fleisch eine rotbräunlich eingetrocknete Flüssigkeit. In Köln entdeckten sie gelbe und rote Flüssigkeit neben Fleischwaren.
Die Feuchtigkeit kann ein guter Nährboden für Schimmel sein. Die Reporter dokumentierten ihn an den Auffanggittern der Kühlregale, zwischen ausgelaufenen Joghurtbechern, an Türen, unter und hinter Verpackungen. Lebensmittelkontrolleur Bernd Stumm vermutet, dass dieses Problem sich über längere Zeit entwickelt hat. "Der Schimmel braucht eine gewisse Zeit, bis man ihn sieht", so Stumm. "Das heißt also, hier ist über einen längeren Zeitraum nicht gereinigt worden."
Kauft man den Schimmel mit?
An Stellen, die mit bloßem Auge sauber aussahen, nahmen die Reporter zudem Proben, die im Labor analysiert wurden. Eine Probe aus einer bayerischen Filiale enthielt demnach rund 3000 koloniebildende Einheiten. Das ist 300-mal mehr, als laut dem Prüfverfahren erlaubt ist.
Britta Schautz, die bei der Verbraucherzentrale Berlin für Ernährung und Lebensmittel zuständig ist, spricht von einem großen Sicherheitsrisiko. "Wir haben Schimmel an den Scheiben, Schimmel in den Kühltheken und das kann natürlich auch auf Lebensmittel übergehen", so die Expertin. Bei Plastikverpackungen komme das Lebensmittel wahrscheinlich nicht mit dem Schimmel in Kontakt, erklärt Schautz. Pappverpackungen hingegen könnten durch die Feuchtigkeit durchweichen, der Schimmel könne dann auf das Lebensmittel übergehen, so ihre Einschätzung. Die Expertin weist zudem noch auf einen weiteren möglichen Übertragungsweg für den Schimmel hin. "Ich kann, wenn ich in diese Kühltheke fasse, das wirklich an der Hand mittragen und auf andere Lebensmittel wie Äpfel oder was ich sonst noch einkaufe, übertragen."
Mit Blick auf die Lebensmittelsicherheit kann es aber schon vor dem Auftreten von Schimmel bedenklich werden. Immer wieder finden die Reporterinnen und Reporter vom Team Wallraff stark vereiste Waren in den Kühlfächern. Schautz zufolge ist das ein klares Anzeichen für Temperaturschwankungen und ein Warnzeichen. Die entstehenden Eiskristalle "können Verpackungen beschädigen und dafür sorgen, dass Keime oder anderes in das Lebensmittel eindringt". Sie rät Kundinnen und Kunden in diesen Fällen sorgfältig zu schauen, ob die Verpackung des Lebensmittels noch intakt ist. Vor allem bei stückigen Lebensmitteln lasse sich mit Schütteln herausfinden, ob sie bereits angetaut waren. "Wenn ich das Lebensmittel schüttele und es ein klapperndes Geräusch von vielen kleinen Einzelteilen gibt, dann war es wahrscheinlich nicht angetaut. Wenn aber so ein großer Klotz vorhanden ist, dann war es wahrscheinlich einmal angetaut."
Mit den Ergebnissen konfrontiert, heißt es von Kaufland: "Die Frische und Qualität unserer Produkte haben für uns kompromisslose Priorität, hier dulden wir keine Abweichungen. Unsere Mitarbeiter werden hierzu regelmäßig geschult. In allen Bereichen haben wir definierte Prozesse zum korrekten Umgang mit Lebensmitteln, deren Einhaltung durch Kontrollsysteme dokumentiert, überwacht wird. Die von Ihnen bemängelten Kühlmöbel sind zum überwiegenden Teil noch Altgeräte, die im Rahmen umfangreicher Investitionen nach und nach ausgetauscht werden. Beschlagene Scheiben sowie austretendes Kondenswasser haben keine Auswirkungen auf die Funktion der Geräte. Das stellen wir durch täglich protokollierte Temperaturkontrollen in allen Filialen sicher. Ergänzend zu laufenden und anlassbezogenen Reinigungen lassen wir unsere Kühlmöbel zwei Mal im Jahr umfangreich warten."
Quelle: ntv.de, sba