Prozessbeginn in HeilbronnTötete Pflege-Oma aus Verlustangst?

Jahrelang betreut Elisabeth S. einen Jungen, sie ist für ihn wie eine Oma. Den letzten Besuch bei ihr überlebt der Siebenjährige nicht. Beim Prozessauftakt schweigt die Frau, die Anklage sieht dennoch ein klares Motiv für die Tat.
Ende April wird ein Siebenjähriger tot in der Wohnung von Elisabeth S. im baden-württembergischen Künzelsau gefunden. Die Frau war für den Jungen wie eine Oma. Sie hatte jahrelang auf ihn aufgepasst, er hatte häufig bei ihr übernachtet, auch an diesem Tag. Die Tat erscheint völlig unverständlich. Beim Prozessbeginn gegen die 70-Jährige wird nun ein mögliches Motiv deutlich.
Laut Staatsanwaltschaft hatte die Angeklagte den Jungen früher fast täglich gesehen, seit dem Beginn der Grundschule aber immer seltener. Vermutlich weil sie diese langen Trennungszeiten nicht mehr ertragen konnte, habe die Kindersitterin sich entschlossen, den Siebenjährigen zu töten.
Die "Bild"-Zeitung berichtet unter Berufung auf eine Mitgefangene, S. habe sich ihr mit den Worten offenbart: "Wenn ich ihn nicht haben kann, soll ihn niemand haben." Sie habe starke Verlustängste gehabt, außerdem habe sie nach dem Tod ihres Mannes 2009 psychische Probleme gehabt. Der Verlust habe sie regelrecht "aus der Bahn geworfen".
Urteil Ende Januar
Der Anklage zufolge soll die Frau das ihr anvertraute Kind am 27. April erwürgt und anschließend in der Badewanne abgelegt haben. Anschließend verließ sie die Wohnung, sie konnte erst am Abend nach Hinweisen aus der Bevölkerung festgenommen werden.
Am ersten Prozesstag wollte sich die Angeklagte weder zu ihrem Lebenslauf noch zu den Vorwürfen äußern. Da Mordmerkmale wie Heimtücke oder Habgier nicht vorliegen, lautet die Anklage auf Totschlag. Das Landgericht Heilbronn hat neun Verhandlungstermine bis zum 30. Januar benannt, 33 Zeugen und 3 Sachverständige sind geladen.