Eklatanter US-Justizirrtum Unschuldig Verurteilter kommt nach 27 Jahren frei
17.02.2023, 10:15 Uhr (aktualisiert)
Lamar Johnson ist bei seinem Freispruch sichtlich gerührt.
(Foto: AP)
Fast 28 Jahre sitzt Lamar Johnson im Gefängnis - und ist dabei unschuldig. Erst jetzt sieht das auch das Gericht so und spricht ihn frei. "Ich fühle mich sehr gesegnet", sagt Johnson danach. Er ist gespannt auf das, was ihn erwartet: "Ich möchte wieder leben."
Ein Richter in Missouri hat einen wegen Mordes verurteilten Mann freigesprochen, der fast drei Jahrzehnte unschuldig im Gefängnis saß. Wie die "New York Times" berichtet, zeigte sich der 49-jährige Lamar Johnson danach äußerst bewegt: "Ich war überglücklich, als er den Text vorlas", sagte er danach in einem Interview. "Ich fühle mich sehr gesegnet, und ich bin sehr gesegnet".
Der Generalstaatsanwalt von Missouri, Andrew Bailey, erklärte anschließend, dass "das Gericht gesprochen hat" und dass keine weiteren Maßnahmen in dem Fall ergriffen würden. Eine der Anwälte Johnsons, Lindsay Runnels, lobte zwar die richtige Gerichtsentscheidung, sagte aber auch: "Es hätte nicht so lange dauern dürfen." Sie bedauerte zudem, dass Johnson wahrscheinlich keinen Anspruch auf Entschädigung hat. Allerdings verwies sie auf eine Spendenseite, die für ihn eingerichtet worden sei. Nach fast 28 Jahren in Haft habe er keinerlei Ersparnisse.
Johnson war 1995 wegen Mordes an Marcus Boyd verurteilt worden, den zwei maskierte Männer ein Jahr zuvor auf seiner Veranda erschossen hatten. Polizei und Staatsanwaltschaft gingen dabei von einem Streit über Drogengelder aus. Johnson gab allerdings an, zum Tatzeitpunkt mit seiner Freundin gar nicht in der Nähe des Tatortes gewesen zu sein. Dennoch wurde er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Zwei andere Männer bekennen sich schuldig
Später widerrief der einzige wichtige Zeuge seine Aussage gegen Johnson. Außerdem gestanden zwei andere Männer die Tat und gaben an, dass sie allein für das Verbrechen verantwortlich waren. Mehr als 30 Staatsanwälte sprachen sich 2019 dafür aus, den Fall neu aufzurollen. Der Oberste Gerichtshof von Missouri lehnte den Antrag allerdings ab. Letztlich führten die zunehmenden Bedenken aber dazu, dass in dem Bundesstaat im August 2021 ein Gesetz verabschiedet wurde, das es Staatsanwälten erleichterte, bei neuen Beweisen erneut Anhörungen zu erwirken.
Nach seinem Freispruch ging Johnson dem Bericht zufolge erstmal mit seinem Anwaltsteam essen und verbrachte die Nacht in einem Hotel. Als Nächstes freue er sich auf Zeit mit seiner Familie, sagte er, und freue sich darauf, herauszufinden, wie man mit Smartphones umgeht. Im April wartet noch ein großes Ereignis auf ihn: Er möchte seine jüngste Tochter bei ihrer Hochzeit zum Altar führen. "Ich möchte alles ausprobieren", sagte er. "Ich möchte wieder leben."
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 16. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, ghö