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Mit Gürtel geschlagen Vater muss wegen Kindesmisshandlung ins Gefängnis

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Im Gerichtssaal hält der 50-Jährige Angeklagte eine Bibel in der Hand. Er bezeichnet sich selbst als christlichen Fundamentalisten.

Im Gerichtssaal hält der 50-Jährige Angeklagte eine Bibel in der Hand. Er bezeichnet sich selbst als christlichen Fundamentalisten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Wegen einer angeblichen Schadstoffbelastung in der gemeinsamen Wohnung beschließt ein Mann aus Mönchengladbach, mit seiner Familie in den Wald zu ziehen. Dort isolieren die Eltern ihre Kinder von der Außenwelt und misshandeln sie - "im Sinne Gottes".

Weil er seine drei kleinen Kinder in einem Zelt in einem Waldstück mehrere Monate lang versteckt haben soll, ist ein Mann vom Amtsgericht Mönchengladbach zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Schuldig gesprochen wurde er wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und gefährlicher Körperverletzung, wie ein Gerichtssprecher sagte. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig.

Die Kinder waren im Oktober 2020 verwahrlost in dem Waldstück gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft beantragte in ihrem Schlussplädoyer drei Jahre Gefängnis. Der Angeklagte forderte in seinem letzten Wort einen Freispruch. Für den Fall einer Verurteilung drang er auf eine harte Bestrafung - im Sinn seiner Auffassung der Bibel. Seinem Verteidiger untersagte er den Vortrag eines Plädoyers.

"Im Sinne Gottes" mit Gürtelhieben geschlagen

Laut Anklage soll der 50-Jährige 2020 mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern im Alter von sieben bis neun Jahren mindestens drei Monate in einem Zelt in einem Waldstück bei der früheren Niederrheinkaserne in Mönchengladbach gehaust haben. Der Mann und seine Ehefrau sollen die Kinder - zwei Jungen und ein Mädchen - von der Außenwelt isoliert und bei vermeintlichem Ungehorsam gezüchtigt haben.

Der Angeklagte hatte im Prozess gestanden, dass er den Kindern den Kontakt zu Ärzten und Schule vorenthalten habe. Er gab auch zu, die beiden Söhne und die kleine Tochter "im Sinne Gottes" bei Ungehorsam auch mit dem Gürtel gezüchtigt zu haben. Der gelernte Krankenpfleger und Sozialhilfeempfänger bezeichnete sich als christlichen Fundamentalisten.

Kinder waren verwahrlost

Polizeibeamte fanden die Kinder Mitte Oktober leicht bekleidet, barfuß und verdreckt in dem Zelt bei einer Außentemperatur von zwölf Grad Celsius. Die Kinder hätten unter anderem Hämatome aufgewiesen und einen emotionslosen Eindruck gemacht. Die jüngste Tochter habe nur einzelne Wörter sprechen können. Nun befinden sich die Kinder in der Obhut des Jugendamts.

Bei seiner Festnahme erklärte der Familienvater, dass er mit der Familie fünf Monate zuvor ins Zelt gezogen sei. Diesen Entschluss habe er gefasst, weil es seiner Frau wegen einer hohen Schadstoffbelastung in der Mietwohnung immer schlechter gegangen sei.

Die Polizei hatte zuvor nach der fünfköpfigen Familie gefahndet, weil das Jugendamt wegen akuter Kindeswohlgefährdung Anzeige erstattet hatte. Dem Elternpaar war Ende September 2020 das Sorgerecht entzogen worden.

Kindesentführung vor zwölf Jahren

Die 47-jährige Mutter wurde ebenfalls festgenommen. Sie soll in einem gesonderten Verfahren vor Gericht kommen. Nach einem Klinikaufenthalt war sie gemeinsam mit ihrem Mann abgetaucht. Sie ist die zweite Ehefrau des Angeklagten.

Der Familienvater hat aus seiner ersten Ehe bereits vier Kinder. Weil nicht ihm, sondern der Ex-Frau das Sorgerecht zugesprochen wurde, hatte er die Kinder vor zwölf Jahren nach Ägypten und in den Sudan entführt. Das Landgericht Lüneburg hatte ihn 2012 zu acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

Quelle: ntv.de, mes/AFP/dpa

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