Werbeverbot für AbtreibungVerfahren gegen Frauenärztinnen eingestellt

Im Streit um den geänderten Abtreibungsparagrafen fällt die nächste Entscheidung: Zwei Kasseler Ärztinnen dürfen auf ihrer Internetseite darauf hinweisen, dass sie einen "Schwangerschaftsabbruch, operativ oder medikamentös" vornehmen. Die Entscheidung steht im Kontrast zu einem Berliner Fall.
Das Amtsgericht Kassel hat das Strafverfahren gegen zwei Frauenärztinnen wegen verbotener "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" eingestellt. Nach dem nun anzuwendenden neuen Recht hätten sich die Kasseler Ärztinnen nicht strafbar gemacht, befand das Gericht. Die Angabe im Internet, wonach die Gemeinschaftspraxis den "Schwangerschaftsabbruch, operativ oder medikamentös", vornimmt, sei danach zulässig. (Az: 284 Ds - 2660 Js 28990/17)
Laut dem Strafrechtsparagrafen 219a durften Ärztinnen und Ärzte bis vor Kurzem gar nicht öffentlich darauf hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Nach dem am 29. März 2019 in Kraft getretenen "Gesetz zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch" ist nun der reine Hinweis auf das Leistungsangebot erlaubt, ergänzende Informationen dürfen Ärzte auf ihrer Homepage aber nicht geben.
Auf der Homepage der gynäkologischen Gemeinschaftspraxis der beiden Kasseler Frauenärztinnen ist unter der Rubrik "Ambulante Operationen" auch "Schwangerschaftsabbruch, operativ oder medikamentös" aufgeführt. Früher war zudem noch das Arzneimittel für den medikamentösen Abbruch genannt.
Kasseler Gericht sieht "sachliche Hinweise"
Die Kasseler Ärztinnen waren von zwei Männern angezeigt worden, die bundesweit schon gegen mehrere hundert ihrer Kollegen und Kolleginnnen Strafanzeige erstattet hatten. Das Amtsgericht Kassel hatte den Fall im August 2018 verhandelt, das Verfahren dann aber vertagt.
Mit seinem nun ohne weitere mündliche Verhandlung ergangenen Beschluss stellte das Amtsgericht Kassel das Verfahren nun ein. Die Informationen auf der Homepage der Praxis seien "sachliche Hinweise", die durch die Gesetzesänderung "entkriminalisiert werden" sollten, erklärte das Amtsgericht zur Begründung. Die Staatsanwaltschaft kann die Entscheidung noch anfechten.
Berliner Entscheidung fällt anders aus
Anders als nun das Amtsgericht Kassel entschied aber das Amtsgericht Tiergarten in Berlin am 14. Juni, dass es weiterhin strafbar bleibt, wenn eine Praxis "nicht nur über das Ob, sondern auch über das Wie des Schwangerschaftsabbruchs informiert". Es hatte zwei Berliner Ärztinnen zu Geldstrafen verurteilt.
Auf der Internetseite ihrer Gemeinschaftspraxis hätten sie darauf hingewiesen, dass zu den Leistungen einer der beiden Ärztinnen auch ein "medikamentöser, narkosefreier" Abbruch "in geschützter Atmosphäre" gehöre, begründete das Amtsgericht Tiergarten seine Entscheidung. Die Ärztinnen kündigten an, gegen das Urteil vorzugehen – und notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht zu ziehen. g
Kürzlich hatte auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden, dass alte Verfahren wegen angeblicher Werbung für den Schwangerschaftsabbruch nun nach dem neuen Recht zu beurteilen sind. Das Oberlandesgericht Frankfurt hob zudem am Mittwoch die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche auf und begründete dies mit der Änderung des Paragrafen 219 a. Nun muss sich das Landgericht Gießen erneut mit dem Fall befassen.