Panorama

Petersburger oder Salon? Kein überflüssiger Luxus: Der Rahmen

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Erlaubt ist was gefällt: Bilder, Erinnerungsstücke, kleine Objekte – alles darf grenzenlos kombiniert werden.

Erlaubt ist was gefällt: Bilder, Erinnerungsstücke, kleine Objekte – alles darf grenzenlos kombiniert werden.

(Foto: privat)

Nicht nur Bilder können an einer Wand hängen, sondern auch Fußball-Trikots, Kassenzettel oder Kinder-Krakeleien. Wie aber setzt man das Werk richtig in Szene, kann es in Gesellschaft hängen und in welcher? ntv.de hat bei zwei Rahmenspezialistinnen in Berlin nachgefragt.

Es weihnachtet sehr, Socken, Bücher, Krawatten und sonstige Klassiker wechseln den Besitzer via Gabentisch. Aber wie wäre es denn mal mit einem Bild? Gekauft, ersteigert oder selbst gemalt. Wir haben uns informiert, wie das an der heimischen Wand aussehen könnte.

Denn es ist eine Sache für sich: Sollte man ein Bild rahmen, ja oder nein? Reicht die günstige Standardvariante aus dem Baumarkt oder dem Billig-Möbelhaus? Braucht man ein Passepartout? Ist ein maßgefertigter Rahmen nicht überflüssiger Luxus? Nein, denn "ein guter Rahmen vervollständigt das Werk, das er einrahmt", sagt Barbara Fellmann von Frameworks beim Gespräch mit ntv.de in Berlin. Sie weiß, wovon sie spricht, handgefertigte Bilderrahmen aller Art sind ihr Geschäft. Ihre Kundschaft ist so vielfältig wie das Produkt selbst.

Mit ihren Rahmen setzen Barbara Fellmann und Claire D’Orsay Kunst in Szene.

Mit ihren Rahmen setzen Barbara Fellmann und Claire D’Orsay Kunst in Szene.

(Foto: Patricia Haas)

Re- und Upcycling

Dabei muss es kein teures Kunstwerk aus einer Galerie sein, das verschönert wird. "Letztens kam jemand, der seinen Autoschlüssel rahmen lassen wollte", erzählt Fellmann. Er habe von seinem Großvater einen Wagen geerbt, der in Flammen aufgegangen sei. Nur dieser kleine Schlüssel sei ihm geblieben. Er ließ sich von ihr beraten, doch die Kosten für die gewünschte Einrahmung überraschten ihn und er sei gegangen. Kurz darauf sei er zurückgekommen und hatte sich umentschieden. Als er den fertigen Rahmen kurz darauf abholte, sei er überglücklich gewesen. Dieses direkte Feedback macht die Arbeit besonders.

Das Geschäft gründet Claire D'Orsay 2014. Zunächst verkauft sie selbst gebaute, kleinere Bilderrahmen auf Märkten. Das Thema Nachhaltigkeit, Re- und Upcycling sind ihr wichtig. Ihr Werkstoff ist altes Holz, vorzugsweise aus Dielen oder Türrahmen entsteht etwas Neues. Eigentlich hat die New Yorkerin in den USA Psychologie studiert und zog der Liebe wegen an die Spree. Barbara Fellmann kam ein Jahr nach der Gründung dazu.

Alles im Rahmen

Die Petersburger Hängung im Laden ändert sich ständig.

Die Petersburger Hängung im Laden ändert sich ständig.

(Foto: Mareike Strelitz)

Hat Fellmann Rahmenbau studiert? "Nein", sagt die 40-jährige, "tatsächlich ist das kein Ausbildungsberuf. Eigentlich bin ich Architektin, war dabei mich neu zu orientieren, da fragte Claire, ob ich ihr nicht beim Weihnachtsgeschäft helfen könne." Inzwischen sind sie gleichberechtigte Partnerinnen, die sich gut ergänzen. Das autodidaktisch angeeignete Wissen geben die beiden in monatlichen Workshops weiter.

Ein guter Rahmen ist Maßarbeit. Idealerweise hebt diese Handwerkskunst das Kunstwerk hervor. Aber die Rahmung ist auch Schutzhülle, bewahrt vor Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen sowie Licht, das die Farben ausbleicht. UV-Licht filterndes Glas ist ebenso wichtig wie säurefreie Materialien. "Wenn man im verwendeten Karton oder Passepartout Säure hat, dringt diese irgendwann in das Kunstwerk und verfärbt das Papier. Bei älteren Bildern sieht man das häufig, sie bekommen Punkte", so Fellmann.

Rahmungen tauchen das erste Mal 70 nach Christus auf. Rahmen aus Holz, wie wir sie heute kennen, haben ihren Ursprung in der gotischen Kirchenkunst. Altartafeln werden im 12. Jahrhundert in einfache Holzrahmen gefasst. In der Renaissance bekommt die Sache einen anderen Dreh: Die Einfassungen werden immer massiver und im Barock wird das Stück gerne mal komplett vergoldet. Viele der Modelle bei Frameworks sind eher schlicht gehalten, aber D'Orsay und Fellmann haben ein gutes Netzwerk und können auch opulent oder farbig. "Unser internationales Team besteht aus TischlerInnen, KünstlerInnen und auch BuchbinderInnen, die ihre individuellen Fähigkeiten beisteuern", erzählen sie.

Und jetzt die Tricks

Glück pur: nach fünf Stunden halten die Teilnehmenden eines Workshops ein fertiges Produkt in den Händen.

Glück pur: nach fünf Stunden halten die Teilnehmenden eines Workshops ein fertiges Produkt in den Händen.

(Foto: Tim Keweritsch)

Die Wechselrahmen aus den Anfangstagen für die Märkte gibt es immer noch. Sie sind ideal für Postkarten, Kinderzeichnungen, selbstgefertigte Collagen oder die Erinnerung aus einem Party-Foto-Booth. In ihrem Ladengeschäft mitten im lebhaften Berlin-Kreuzberg geht an diesem Nachmittag immer wieder die Tür auf. In Fächern stehen nach Größen sortiert die ursprünglichen Frameworks-Einfassungen und können ab 20 Euro sofort mitgenommen werden. Niedrigschwelligkeit ist den Partnerinnen wichtig. Hochwertige, individuell gefertigte Rahmen aus Neuholz bieten die beiden seit 2018 an, da diese immer häufiger nachgefragt wurden.

Im Shop von Claire D'Orsay und Barbara Fellmann sind Kunstwerke bis unter die Decke gehängt. Diese besonders enge Reihung von unterschiedlichen Bildformaten heißt "Petersburger Hängung" oder auch "Salon Hängung". Aus der Vielfalt entsteht eine harmonische Einheit. "Das können geerbte Kunstwerke oder frisch gerahmte sein, aber auch Dinge, die einen emotionalen Wert haben, wie der Autoschlüssel oder der Bewirtungsbeleg vom ersten Date."

Gibt es einen Trick beim Aufhängen? Alle Bilder vorher auf den Boden zu legen, empfehlen manche, bevor man zu Wasserwaage, Hammer und Nagel greift. Man kann Rahmenbegrenzungen als imaginäre Linie nehmen, um eine gewisse Ruhe zu erzeugen. Barbara Fellmann findet, dass alles erlaubt ist. Man könne ganz wild anfangen oder sich von einer Mitte nach außen arbeiten. In jedem Fall sei die ausgewogene Mischung aus Quer- und Hochformaten entscheidend. Man könne sogar mal leere Bilderrahmen aufhängen oder direkt um ein vorhandenes Kunstwerk packen. Man muss sich nur trauen und könne vieles miteinander kombinieren. Am Ende ist es Geschmackssache.

Auch Barbara Fellmann lebt mit so einer bunt gemischten Wand. Eine nussartige Frucht, die sie im Urlaub gefunden hat, hängt zwischen Zeichnungen ihres Großvaters, Fotografien und allem Möglichen, was sich so angesammelt hat. "Es macht einfach gute Laune"," sagt sie sofort, "vor allem in diesen unruhigen Zeiten. Das zeigt mir andere Blickwinkel und nimmt mich aus dem Alltag raus."

Quelle: ntv.de

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