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"Warnung" aus Dänemark Ciesek fordert, Corona-Maßnahmen zu prüfen

Warnt vor zu übermäßigen Lockerungen: Virologin Sandra Ciesek.

Warnt vor zu übermäßigen Lockerungen: Virologin Sandra Ciesek.

(Foto: picture alliance/dpa)

Heute kommen Bund und Länder zusammen, um über Lockerungen in der Omikron-Welle zu beraten. Virologin Ciesek hält sie für möglich, warnt aber vor möglichen Risiken. Ein Nachbarland liefere dafür eine "Warnung".

Die Virologin Sandra Ciesek plädiert dafür, die Corona-Maßnahmen auf den Prüfstand zu stellen. Angesichts der fallenden Omikron-Fallzahlen hält sie Lockerungen für vertretbar, warnt aber davor, alle Maßnahmen fallen zu lassen. "Ich glaube, dass der Rückgang echt ist und nicht eine reine Überlastung des Systems", sagte die Chefin der Universitätsvirologie in Frankfurt am Main im Coronavirus-Update des NDR. Die Politik stehe nun vor einer "sehr schwierigen Aufgabe".

"Man darf Maßnahmen nicht leichtfertig aufrechterhalten, wenn sie nicht unbedingt nötig sind", sagte Ciesek. Die wichtigste Aufgabe der Politik sei jetzt, die verschiedenen Interessen in der Bevölkerung abzuwägen und zu klären, was kluge und gezielte Maßnahmen wären, um Infektionszahlen weiter sinken zu lassen. Aus rein medizinischer Sicht sei es viel einfacher: "Da wäre es besser, wir würden noch etwas durchhalten, um die Zahlen zu reduzieren."

Als gutes Beispiel, wie Corona-Regeln überprüft werden könnten, hob Ciesek die Abschaffung der 2G-Regel im hessischen Einzelhandel hervor. Dort wurden die Beschränkungen, dass nur Geimpfte und Genesene zu Läden Zugang hatten, durch eine FFP2-Maskenpflicht ersetzt. Die Virologin nennt das eine "sinnvolle Maßnamensänderung". Das entspreche dem Forschungsstand, dass Geimpfte und Geboosterte sich mit Omikron infizieren können und dabei auch andere anstecken könnten. Mit den Masken ließe sich das gut regulieren.

Lockerungen sind vertretbar

Am morgigen Mittwoch kommen die Spitzen von Bund und Ländern bei einer Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) zusammen, um über mögliche Lockerungsschritte in der Omikron-Welle zu beraten. Dass die aktuellen Infektionszahlen stagnierten oder in einigen Bundesländern rückläufig seien, spreche dafür, einige Corona-Regeln zu lockern, so Ciesek. Zudem müssten weniger Menschen wegen einer Omikron-Infektion auf der Intensivstation behandelt werden, als das noch bei der Delta-Variante der Fall gewesen war.

Gleichzeitig gebe es auch Gründe, noch nicht alle Corona-Maßnahmen zu kassieren. Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt zwar seit einigen Tagen, liegt aber noch immer auf Rekordniveau. Würden jetzt alle Maßnahmen fallengelassen werden, "würde es deutlich länger dauern, bis die Inzidenzen wieder wirklich niedrig sind". Damit drohe eine Plateaubildung oder sogar ein erneuter Anstieg, erklärte die Virologin.

Eine solche Entwicklung könnte etwa für Krankenhäuser ein Problem werden. Viele Infektionen bei Patienten oder dem Personal führten erneut zu verschobenen Operationen. Menschen mit unzureichendem Immunschutz könnten sich zudem schwerer schützen. Auch funktioniere der Schulbetrieb bei niedrigen Inzidenzen besser, erklärte Ciesek. Die Impfquoten bei Kindern ab fünf Jahren seien noch vergleichsweise gering, für Kleinkinder gibt es in Deutschland noch kein zugelassenes Vakzin. "Ich sehe da eine Verpflichtung, dass man nicht alle Maßnahmen fallen lassen kann und mindestens eine Übergangszeit schaffen muss", sagte die Virologin.

"Warnung aus Dänemark"

Es gibt aber auch schlechtere Beispiele für Lockerungen. Dänemark hat Ende Januar fast alle Maßnahmen beendet. "Die Daten und Zahlen sehen auf den ersten Blick gar nicht so gut aus", sagte Ciesek. Das Beenden der Corona-Regeln sei gerade einmal für zwei, drei Wochen gutgegangen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt dort aktuell bei 5500, die Zahl der Intensivfälle sei rückläufig.

Trotz guter Impfquote habe es jedoch einen Anstieg bei den Corona-Toten gegeben. Dieser sei durch eine andere Zählweise erklärbar: Bei rund 40 Prozent der Gestorbenen sei Covid-19 zufällig nachgewiesen worden. Auch wenn die Zahlen nur bedingt vergleichbar seien, hält Ciesek eine ähnliche Entwicklung in Deutschland möglich. Das Fallenlassen aller Maßnahmen würde hierzulande zu einem großen Anstieg der Fallzahlen führen. "Dänemark ist für mich eine Warnung, dass man weiter vorsichtig und schrittweise öffnen sollte." Zwar habe sich mit Omikron die Fallschwere geändert, letztlich zeige sich aber auch in Dänemark: "Wenn Infektionszahlen stark ansteigen, dann auch die schweren Fälle und die Todesfälle." Das wäre dann ein Problem für die Krankenhäuser.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 15. Februar 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, ses

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