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Dating-Trend Cuffing Season Warum Singles eine Beziehung (nur) für den Winter suchen

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Die Pullover werden dicker, das Bedürfnis nach Nähe größer.

Die Pullover werden dicker, das Bedürfnis nach Nähe größer.

(Foto: imago images/Addictive Stock)

Die Cuffing Season lockt mit Nähe und Geborgenheit in der kalten Jahreszeit - doch das Ende naht oft schon im Frühling. Warum sich viele Singles trotzdem binden wollen und ob daraus auch langfristige Beziehungen entstehen können, erklärt Paartherapeutin Yvi Blum.

Mit dem Herbst bricht auch eine Zeit des Übergangs für den Menschen an. Die Tage werden kürzer, man verbringt nicht mehr so viel Zeit draußen, sondern will es sich stattdessen lieber zu Hause gemütlich machen. Nur blöd, wenn man dort ständig allein ist. "Dann steigt die Sehnsucht, sich mit jemandem unter einer warmen Decke im Kampf gegen Winterblues und Einsamkeit einzukuscheln", sagt Paartherapeutin Yvi Blum ntv.de. Sie klärt auf ihrem Instagram-Kanal "Lebenliebeschnaps" über Liebes- und Beziehungsthemen auf.

Bei Singles könnte die dunkle Jahreszeit deshalb zu einem größeren Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit führen, die man vor allem in der Zweisamkeit zu finden hofft - die sogenannte "Cuffing Season" ist damit angebrochen. Denn während dieser Zeit sehnen sich Singles verstärkt nach Beziehungen, um gemeinsam gegen Kälte und Einsamkeit anzukämpfen. Cuffing Season lässt sich deshalb am besten mit "Handschellen-Jahreszeit" übersetzen, weil sich Paare im Herbst und Winter besonders stark binden wollen. Mit Beginn der Weihnachtszeit kann sich dieses Bedürfnis sogar noch vergrößern, da Familie und Zweisamkeit mehr in den gesellschaftlichen Fokus rücken, wodurch sich auch vergebene Freunde zurückziehen können.

Doch während man in der Cuffing Season die Nähe eines Menschen genießt, kann es im kommenden Frühling oder Sommer schon wieder anders aussehen: Sobald man mehr Zeit draußen und unter Leuten verbringt, bevorzugen viele Singles wieder Freiheit und Flexibilität. "Cuffing"-Paare trennen sich daraufhin wieder - man befreit sich sozusagen von den Handschellen.

Tiefere Temperaturen, engere Bindungen?

"Im Herbst werden viele Menschen melancholisch oder nostalgisch. Vielleicht erinnern wir uns an früher, als wir uns geborgen fühlten, vielleicht auch an vergangene Beziehungen", erklärt Paartherapeutin Blum. Zusätzlich zu den niedrigen Temperaturen und der frühen Dunkelheit kann dann noch das saisonale Stimmungstief dazukommen, wodurch sogar in glücklichen Singles der Wunsch nach einer Beziehung aufkommt.

Diese Sehnsucht könnte auch eine Form der Kompensation sein, um eine gefühlte Leere zu füllen, meint Blum. "Besonders Menschen, die unsicheren Bindungstypen angehören oder stark mit Verlustängsten zu kämpfen haben, könnten im Herbst diese Urängste der Verlassenheit und Einsamkeit stärker spüren." Kurzfristig kann diese Leere gefüllt werden, indem jemand Nähe und Vertrautheit mitbringt. So wiederholt sich jedoch immer das gleiche Szenario mit potenziellen Partnern und Partnerinnen.

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Yvi Blum klärt über diese Muster in ihrem Buch "New love, same shit?!" auf. Sie warnt davor, sich insbesondere in der kalten Jahreszeit auf die falschen Kontakte einzulassen: "Es ist auch die Zeit für einen 'Blast from the past'. Hier melden sich gern mal Expartner und -partnerinnen, die für diese Zeit nochmal da anknüpfen wollen, wo man aufgehört hat." Doch wenn dies bereits in der Vergangenheit nicht funktioniert hat, sollten Herbst oder Winter kein Grund sein, es noch einmal zu versuchen.

Die Cuffing Season genießen

Gerade in einer derartigen Situation sollte man darauf achten, keine Luftschlösser zu bauen - weder für sich selbst noch den potenziellen Partner. "Wer von Anfang an seine Erwartungen, Wünsche und Absichten fair und respektvoll kommuniziert, kann da eigentlich nichts falsch machen. Es ist absolut legitim, nur etwas Lockeres oder etwas für die kalten Monate zu suchen", sagt die Paartherapeutin. Wer eine langfristige Beziehung ausschließt, sollte dies fair kommunizieren. Blum hilft bei der Formulierung: "Ich genieße unsere Zeit gerade sehr. Ich bin mir allerdings unsicher, wie sich meine Pläne in der Zukunft entwickeln. Im Moment möchte ich die gemeinsame Zeit genießen. Ich weiß nicht, ob ich langfristige Pläne schmieden kann oder ob wir langfristig in einer Beziehung bleiben. Was denkst du darüber?"

Gefahren der Cuffing Season

Um auch dem Gegenüber nichts vorzuspielen, sollte man sich zurückhalten mit mittel- bis langfristigen Zukunftsplänen: "Man sollte jetzt nicht über gemeinsame Sommerurlaube sprechen, sondern sich auf die Gegenwart konzentrieren" - die mit Kuscheln, Filmabend oder Candle-Light-Dinner auch sehr schön gestaltet werden kann. Und wenn beide gerade diese Abwechslung in der Cuffing Season suchen, dann spricht nichts dagegen, dies auch zu genießen.

"Grundsätzlich muss man sich nicht etwas verwehren, was einem guttut. Es ist allerdings wichtig zu wissen, was man sich genau wünscht", meint Blum. Wer sich dabei noch unklar ist, könnte sich fragen, wie das eigene Leben mittel- und langfristig aussehen soll und ob es auch noch im kommenden Frühling und Sommer Platz für eine Beziehung gibt.

"Wenn man weiß, was man möchte, dann würde ich immer dazu raten, frühzeitig mit dem Gegenüber zu sprechen", empfiehlt Blum. Denn möchte man nicht nur eine Cuffing-Beziehung führen, sondern auch jemanden langfristig in sein Leben integrieren, sollte man zu sich und dem Gegenüber ehrlich sein. "Man könnte zum Beispiel sagen, dass man nicht nur jemanden zum Kuscheln sucht, sondern einen langfristigen Partner, der auf derselben Wellenlänge ist", sagt Paartherapeutin Blum.

Sie warnt jedoch vor dem dringlichen Gefühl, alle Stufen und Level einer Beziehung in der Cuffing Season erreichen zu wollen. Auch die Weihnachtsfeiertage und der damit verbundene Druck, nicht allein sein zu müssen oder nicht allein auf Familienfeste zu kommen, könnten den Wunsch nach einer Partnerschaft verstärken. "Man sollte nicht vergessen, eine realistische Grundlage für die Beziehung zu entwickeln. Der Partner oder die Partnerin sollte auch in der Cuffing Season nicht der einzige emotionale Anker sein. Andere Aspekte im Leben sollten ebenso gepflegt werden", erklärt Blum und verweist auf Freundschaften, ein erfüllendes Berufsleben oder etwa Sport, um gegen den Winterblues anzukämpfen.

Hegt man einen sehr starken Wunsch nach Nähe, könnte man in sich gehen und fragen, ob vor allem die Jahreszeit diesen Wunsch befeuert oder ob noch andere Dinge dahinterstecken. "So ist es auch möglich, bewusster Entscheidungen zu treffen, was die Beziehungen betrifft", sagt Blum. Denn wer unerfüllte Wünsche hat, projiziert sie oftmals auf andere. Man erwartet dann womöglich unbewusst, dass der potenzielle Partner oder die Partnerin diese Wünsche erfüllt - keine gute Basis für eine glückliche Beziehung. Wenn man dagegen reflektiere und sich bewusst darüber sei, was man von einem Partner oder einer Partnerin erwarte und auch erwarten könne, so Blum, könne man vermeiden, jemanden aus der Not heraus emotional zu überfordern.

Die Cuffing Season bietet dadurch nicht nur die Chance auf Zweisamkeit zu Hause auf der Couch, sondern auch die Zeit, sich mit dem eigenen Bedürfnis nach Nähe und Bindung auseinanderzusetzen. Wer sich selbst und seine Wünsche gut kennt, kann diese Phase nutzen, um nicht nur die kalten Monate schöner zu gestalten - sondern sogar, um eine tiefere Verbindung zu einem anderen Menschen aufzubauen, die auf einer stabileren Grundlage steht als eine Cuffing-Beziehung und weniger anfällig für saisonale Trends oder Herausforderungen ist.

Quelle: ntv.de

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