Drei Theorien zu dem Fall Was Maddie McCann zugestoßen sein könnte
28.04.2017, 10:06 Uhr
Mit diesem Foto sucht die Familie McCann seit zehn Jahren nach Madeleine.
(Foto: REUTERS)
Zehn Jahre ist Maddie McCann inzwischen verschwunden. Hunderte Polizisten waren mit dem Fall befasst, unzählige Spuren wurden verfolgt - ergebnislos. Der Fall bleibt mysteriös, mehr als Theorien haben die Ermittler nicht.
Ein kleines blondes Mädchen schaut neugierig in die Kamera. Ein Schnappschuss, wie er in unzähligen Familien existiert. Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass das Kind eine besondere Zeichnung im Auge hat, ein dunkler Strich verläuft durch die Iris. Spätestens jetzt ist klar: Das ist Madeleine McCann. Das Verschwinden der Dreijährigen aus einer Ferienwohnung an der portugiesischen Algarve ist wohl der weltweit bekannteste Vermisstenfall, obwohl seitdem zehn Jahre vergangen sind.
In dieser Zeit ist es den Ermittlern nicht gelungen, Maddie, wie sie in ihrer Familie genannt wird, wiederzufinden. Es ist tatsächlich so, als sei sie einfach im Nichts verschwunden, nachdem ihre Eltern sie und die kleinen Zwillingsgeschwister im Urlaub zum Schlafen hinlegten, um mit Freunden noch etwas essen zu gehen. In diesen zehn Jahren sind einige Theorien darüber aufgekommen, was dem britischen Mädchen, das kurz vor seinem vierten Geburtstag stand, widerfahren sein könnte.
Die Unfalltheorie
Da ist zunächst einmal die Unfalltheorie, von der es verschiedene Versionen gibt. Demnach wäre Maddie irgendein Unglück zugestoßen, sie könnte beispielsweise unglücklich gefallen sein. Nach Ansicht des portugiesischen Polizisten Goncalo Amaral versuchten die Eltern, dies zu vertuschen, indem sie die Leiche verschwinden ließen und ihr Kind als vermisst meldeten. Amaral leitete die Ermittlungen unmittelbar nach Maddies Verschwinden und hat darüber ein Buch geschrieben.
Darin stellte er die These auf, dass der britische MI5 und der frühere Premierminister Gordon Brown in die Vertuschung involviert waren. Dafür musste er sich den Vorwurf der Verschwörungstheorie gefallen lassen. Die McCanns klagten gegen das Buch. Schließlich fiel jedoch ein letztinstanzliches Urteil, dass Amarals Ansichten unter das Recht auf freie Meinungsäußerung fallen. Einen Beweis für seine These lieferte Amaral nicht.
Eine zweite Unfalltheorie brachte erst kürzlich ein britischer Privat-Ermittler und Ex-Polizist ins Spiel. Mark Williams-Thomas war wenige Tage, nachdem Maddie in Praia da Luz verschwunden war, nach Portugal gereist. Seiner Ansicht nach wusste Maddie, dass die Eltern noch ausgingen, wenn die Kinder schliefen. Als sie also mitten in der Nacht aufwachte, habe sie in der Tapas-Bar nach Gary und Kate McCann suchen wollen. Um dorthin zu kommen, hätte das Mädchen aber eine öffentliche Straße überqueren müssen. Dort könnte sie dann bei einem Verkehrsunfall getötet worden sein. Der mögliche Unfallfahrer hätte ihre Leiche zur Verdeckung der Tat versteckt. Allerdings fanden sich vor Ort keine Spuren eines Unfallgeschehens.
Die Entführungstheorie
Zum anderen gibt es verschiedene Varianten der Entführungstheorie. Demnach wäre Madeleine McCann verschleppt worden, dafür sind mehrere Motive denkbar. So könnten Menschenhändler das Kind gezielt ausgesucht haben, um es anschließend an Eltern zu verkaufen, die kinderlos blieben oder deren eigenes Kind gestorben ist. Dann könnte Madeleine, die am 12. Mai ihren 14. Geburtstag feiert, irgendwo auf der Welt unter einer anderen Identität leben.
Denkbar wäre auch eine andere Ausgangslage. Maddie könnte entführt worden sein, um sie sexuell zu missbrauchen. Die These vom straff organisierten Kinderhändlerring wurde zuletzt von dem Privatdetektiv Dave Edgar ins Spiel gebracht. Der frühere Polizist hat bereits drei Jahre lang für die McCanns an dem Fall gearbeitet. In Edgars Vorstellung wird Maddie von einer Pädophilen-Bande nicht weit vom Ort ihres Verschwindens entfernt auf einem entlegenen Anwesen gefangen gehalten, ähnlich wie es der Österreicher Josef Fritzl mit seiner Tochter gemacht hat. "Hinter dem Hauptstreifen der Algarve gibt es unzählige Grundstücke, auf denen Madeleine festgehalten werden könnte", sagte er dem britischen "Sunday Express".
Dieser Theorie zufolge wäre Madeleine am Leben und ihr Peiniger hätte Mitwisser, an die Edgar appellierte, sich zu offenbaren. Kurz vor dem zehnten Jahrestag, sagte Mark Rowley, der Leiter für Sonderermittlungen bei Scotland Yard, seine Behörde behandele den Fall Maddie mittlerweile als Entführung. "Es handelt sich nicht um eine 20-jährige Vermisste, die die Entscheidung getroffen hat, ein neues Leben zu beginnen. Es ist ein kleines Mädchen vermisst und so ist es im Kern eine Entführung."
Die Einbruchstheorie
Rowley brachte bei dem ausführlichen Interview auch Theorie Nummer drei zur Sprache: die Einbruchstheorie. In deren Zentrum stehen drei Portugiesen, die im Zuge der Maddie-Ermittlungen eine Reihe von Diebstählen in der Ferienanlage zugaben. Mit dem Verschwinden der Dreijährigen hätten sie aber nichts zu tun. Sonderermittler Rowley sagte in dem Interview jedoch, dass die Möglichkeit eines schief gegangenen Einbruchs als eine "vernünftige Hypothese" bisher nicht "völlig ausgeschlossen wurde".
Allerdings führte er nicht aus, was bei dem Einbruch dann geschehen sein könnte. Wurde Maddie wach und störte den oder die Einbrecher, die sie daraufhin entführten? Oder verloren sie völlig die Nerven und töteten das Kind? Rowley schloss nicht aus, dass Madeleine noch lebt, das sei ebenso wahrscheinlich wie, dass sie tot ist. Solange sie nicht gefunden ist, haben alle Theorien eines gemeinsam. Sie sind pure Spekulation.
Quelle: ntv.de