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Datenlage, Risiken, Termine Was man zur Corona-Kinderimpfung wissen muss

Viele Eltern hatten ihre Kinder auch schon ohne die STIKO-Empfehlung impfen lassen.

Viele Eltern hatten ihre Kinder auch schon ohne die STIKO-Empfehlung impfen lassen.

(Foto: dpa)

Die Gesundheitsminister der Länder empfehlen die Corona-Impfung für Kinder schon seit Anfang August. Nun zieht die Ständige Impfkommission nach. Aber wie gut vertragen Kinder eine Covid-19-Impfung? Und was bedeutet die STIKO-Entscheidung für Eltern?

Lange zögerte die Ständige Impfkommission (STIKO), Corona-Impfungen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren zu empfehlen. Nun die Kehrtwende. Die Impfung in der Altersgruppe wird nicht mehr nur bei bestimmten Vorerkrankungen oder Kontakt zu Risikopatienten empfohlen. Dazu Fragen und Antworten.

Was empfiehlt die STIKO jetzt?

Die STIKO aktualisiert ihre bisherige Empfehlung und spricht nun eine "allgemeine Covid-19-Impfempfehlung für 12- bis 17-Jährige" aus. Der STIKO-Mitteilung zufolge zielt diese Empfehlung "in erster Linie auf den direkten Schutz der geimpften Kinder und Jugendlichen vor Covid-19 und den damit assoziierten psychosozialen Folgeerscheinungen ab". Die Impfung soll weiterhin nach ärztlicher Aufklärung zum Nutzen und Risiko erfolgen.

Was hat die Experten zum Umdenken bewogen?

Bei ihrer bisherigen Zurückhaltung hatte die STIKO vor allem auf die wenigen vorliegenden Studien zur Notwendigkeit und Verträglichkeit der Impfung bei jüngeren Kindern verwiesen. Diese Daten liegen nun vor allem aus den USA vor. Dort sind mittlerweile etwa zehn Millionen Kinder und Jugendliche geimpft. Deshalb können der STIKO zufolge "mögliche Risiken der Impfung für diese Altersgruppe jetzt zuverlässiger quantifiziert und beurteilt werden".

Was sagen die Daten zu Impfrisiken und -vorteilen für diese Altersgruppe?

Die STIKO sieht die sehr seltenen, bevorzugt bei jungen männlichen Geimpften im Zusammenhang mit der Impfung beobachteten Herzmuskelentzündungen als Impfnebenwirkungen. Zwar seien die meisten jungen Patienten mit diesen Herzmuskelentzündungen im Krankenhaus behandelt worden, "hatten jedoch unter der entsprechenden medizinischen Versorgung einen unkomplizierten Verlauf". Die Impfexperten verweisen jedoch auf neuere Untersuchungen, denen zufolge bei Kindern und Jugendlichen im Fall einer Covid-19-Erkrankung auch das Herz in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Ansonsten seien bei den zugelassenen mRNA-Impfstoffen besonders in dieser Altersgruppe keine weiteren schweren Nebenwirkungen aufgetreten. Nicht zuletzt nennt die STIKO die sich ausbreitende Delta-Variante des Coronavirus als Impfgrund. Aktuelle Modellierungen ergäben, dass bei Delta "für Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Risiko für eine Sars-CoV-2-Infektion in einer möglichen 4. Infektionswelle besteht". Die Gesundheitsminister der Länder hatten deshalb bereits Anfang August beschlossen, dass sie Kindern zwischen 12 und 17 Jahren Impfungen in ihren regionalen Impfzentren ermöglichen werden.

Wie stark fallen Impfreaktionen bei Minderjährigen aus?

Beschwerden nach dem Piks ähneln bei den für die Altersgruppe zugelassenen mRNA-Impfstoffen (Pfizer/Biontech und Moderna) denen von Erwachsenen: Erfasst wurden zum Beispiel Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit, Kopf- und Muskelschmerzen, Fieber. Die Schwere wurde bei der Zulassung als mild bis moderat beschrieben. Die Beschwerden bessern sich demnach binnen weniger Tage.

Welche Bedeutung hat die angekündigte Aktualisierung?

Am Montag machte die STIKO zunächst Kernpunkte des Beschlussentwurfs bekannt, Bundesländer und Fachkreise können nun noch Hinweise einbringen. Die offizielle Empfehlung, die in der Regel eine ausführliche Begründung enthält, könnte noch in dieser Woche erscheinen. Daran orientieren sich insbesondere Ärztinnen und Ärzte, manche impfen streng nach STIKO-Empfehlung. Bei eventuellen Impfschäden ist die Empfehlung auch für Haftungsfragen wichtig. Ein großer Teil der Eltern richtet sich zudem laut einer aktuellen Umfrage danach.

Was bedeutet das Votum der STIKO für den Fortgang der Impfkampagne?

Die Impfungen könnten jetzt stärker Fahrt aufnehmen - in einer Altersgruppe mit aktuell hohem Infektionsgeschehen. In NRW, wo gerade die Ferien zu Ende gegangen sind, und in Schleswig-Holstein, wo bereits die dritte Schulwoche läuft, sind die Inzidenzen bei Schulkindern auffällig hoch. Mehr als eine Million Kinder zwischen 12 und 17 Jahren sind allerdings ohnehin schon mindestens einmal geimpft, rund 24 Prozent dieser Altersgruppe. Vollständig geimpft sind rund 15 Prozent. Gesundheitsminister Jens Spahn machte bereits am Montag klar: "Wenn gewünscht, kann eine Impfung diese Woche noch stattfinden."

Wie kommen Eltern an einen Impftermin?

Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. Burkhard Rodeck, empfiehlt im Interview mit ntv, dass man auf jeden Fall seinen Kinder- und Jugendarzt fragen sollte. Eltern können sich mit dem behandelnden Kinderarzt in Verbindung setzen, der dann die Impfung in der Praxis vornimmt. In vielen Impfzentren werden jetzt auch Kinderärztinnen und -ärzte eingesetzt, die Kinder und Jugendliche dann in speziellen Impfstraßen immunisieren. Dazu gibt es in den Ländern verschiedene digitale Impfportale, auf denen man Termine vereinbaren kann. Wichtig ist, dass ein Erziehungsberechtigter das Kind begleiten muss.

Was bedeutet die Entscheidung für die Schulen?

Bund und Länder haben natürlich auch den Schulstart nach den großen Ferien im Blick. Kindern soll nach den vielen Einschränkungen in der Pandemie möglichst Präsenzunterricht ermöglicht werden. Für einige kommt die neue STIKO-Position allerdings recht spät: In drei Ländern läuft der Unterricht schon wieder, im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen enden die Ferien heute. Die Bundesregierung machte erneut klar, dass es um ein Angebot gehe und Impfen nicht Bedingung für den Schulbesuch sei. Auch die STIKO sprach sich ausdrücklich dagegen aus, eine Impfung bei Kindern und Jugendlichen zur Voraussetzung für soziale Teilhabe zu machen. Allerdings können geimpfte Kinder zum Beispiel von der Testpflicht an Schulen ausgenommen sein.

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Werden die Kinder-Impfungen zum Erreichen von Herdenimmunität gebraucht?

Die Hoffnung auf Herdenimmunität hat sich wegen der deutlich ansteckenderen Delta-Variante ziemlich zerschlagen. Es geht beim Impfen mittlerweile vor allem um den Schutz des Einzelnen vor schwerem Verlauf und Tod - und bei Kindern auch vor den offenkundigen Pandemie-Belastungen: Die STIKO schreibt ausdrücklich, die Empfehlung ziele in erster Linie auf den direkten Schutz der geimpften Kinder und Jugendlichen vor Covid-19 und den damit verbundenen "psychosozialen Folgeerscheinungen" ab.

Quelle: ntv.de, sba

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