Kommission soll gegründet werden Wissenschaftler fordern Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen
19.04.2023, 10:33 Uhr Artikel anhören
Wie ist Deutschland durch die Pandemie gekommen? Stimmen, die eine systematische Aufarbeitung fordern, werden lauter.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Nach drei Jahren Corona-Pandemie muss das Krisenmanagement auf den Prüfstand, fordert eine Gruppe um die Virologen Stöhr und Schmidt-Chanasit. Dafür brauche es eine Kommission, die keinen politischen Interessen folgt. Mit ihrem Vorstoß sind sie nicht allein.
Wie ist Deutschland durch die Corona-Krise gekommen, wo hat es beim Krisenmanagement deutlich gehapert, und welche Lehren können gezogen werden: Diese Fragen sollen von einer unabhängigen Kommission geklärt werden, fordert eine Gruppe von fast 40 Wissenschaftlern. Darunter die Virologen Klaus Stöhr, Jonas Schmidt-Chanasit sowie die Präsidentin der European Academy of Nursing Science, Gabriele Meyer.
Dabei solle die Kommission "möglichst entpersonalisiert und unabhängig von politischen Interessen" fungieren und eine nationale und internationale Expertise sei anzustreben, heißt es in einem Schreiben, das ntv.de vorliegt. Auch die Erfahrungen der Bevölkerung sollen "in angemessener Weise" in die Arbeit der Kommission einfließen.
Die Wissenschaftler aus Disziplinen, wie Medizinstatistik, Rechtswissenschaften, Psychologie und Soziologie, mahnen, dass ohne Aufarbeitung nur Fehler wiederholt würden. Und die Reaktion auf die Bedrohung des Virus sei "in vielerlei Hinsicht nicht optimal" gewesen, heißt es. Genannt werden die bereits diskutierte Länge von Kita, Schul- und Hochschulschließungen. Zudem gebe es nun die Einsicht, dass "psychische und soziale Vereinsamung der vulnerabelsten Gruppen", etwa Menschen mit psychischer Erkrankung und Hochbetagter "Kollateralschäden nicht hinreichend austarierter Schutzmaßnahmen" seien.
Krisenmanagement: Kassenärztechef, FDP und Union wollen Antworten
Die bisherige Reflexion über die Corona-Pandemie sei unzureichend und bedürfe einer systematischen Aufarbeitung. Dem Schreiben zufolge soll die Kommission sich besonders dem Gesundheits- und Bildungssystem, sowie wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen widmen. Aber auch die "Lernfortschritte der letzten drei Jahre" und Vergleiche mit anderen Ländern sowie positive Beispiele der Krisenbewältigung sollen bei der Bewertung der Kommission mit einfließen.
Konkrete Vorschläge, wer eine solche Rückschau auf die Pandemie übernehmen könnte, äußern die Wissenschaftler nicht. Dabei ist die Forderung nach einer Aufarbeitung nicht neu. Der Kassenärzte-Chef Andreas Gassen hatte Anfang des Monats betont, dass alle in der Pandemie ergriffenen Maßnahmen genau auf ihre Wirksamkeit geprüft werden müssten.
Ähnliche Forderungen gibt es auch schon aus der Politik. Sowohl die FDP als auch die Union im Bundestag fordern dabei einen genauen Blick auf die Corona-Politik. Laut dem gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, braucht es die Kommission, um das Land für zukünftige Pandemien besser aufzustellen. Die Kommission sollte mit Wissenschaftlern, Sachverständigen und Bundestagsabgeordneten die politischen Entscheidungen seit Ausbruch der Pandemie und vor allem ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft beleuchten.
Quelle: ntv.de, ysc