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Platzmangel in Schutzhäusern Zahl männlicher Opfer von häuslicher Gewalt steigt

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2022 suchten etwa zwei Drittel mehr Männer Hilfe in Schutzeinrichtungen als im Vorjahr.

2022 suchten etwa zwei Drittel mehr Männer Hilfe in Schutzeinrichtungen als im Vorjahr.

(Foto: picture alliance/dpa)

Von häuslicher Gewalt sind vor allem Frauen betroffen. Die Täter: in der Regel Männer. Doch auch Männer werden zu Opfern. Und das immer häufiger, wie aus einer aktuellen Statistik hervorgeht. Wegen zunehmender Hilfeanfragen wird in einigen Männerschutzeinrichtungen bereits der Platz knapp.

Die Zahl der Fälle mit Männern als Opfer häuslicher Gewalt hat zugenommen. Das geht aus einer in Berlin veröffentlichten Statistik der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) hervor. Danach stieg 2022 die Zahl der Hilfeanfragen in Männerschutzeinrichtungen um etwa zwei Drittel von 251 auf 421.

Von den 421 Hilfesuchenden konnten 99 in einer der bundesweit zwölf Schutzwohnungen untergebracht werden. Der am häufigsten genannte Grund, weshalb Betroffene nicht in Männerschutzeinrichtungen einziehen konnten, war mit 61 Prozent Platzmangel. Im Vorjahr hatte der Wert noch bei rund 53 Prozent gelegen. Laut der Statistik sei ein Ausweichen in andere Einrichtungen aufgrund der großen Entfernungen zwischen den Wohnungen und der geringen Gesamtplatzzahl oft nur schwer möglich.

Frank Scheinert, geschäftsführender Bildungsreferent der BFKM, sagt hierzu: "Derzeit haben wir in 10 von 16 Bundesländern keine Männerschutzwohnungen. Nur in Nordrhein-Westfalen und Sachsen gibt es fünf beziehungsweise vier Schutzwohnungen pro Bundesland. In den anderen Bundesländern müssen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung deutlich mehr Verantwortung übernehmen." Denn zwar stünden die Träger für Schutzwohnungen oft bereits in den Startlöchern. Problem seien aber ausbleibende Förderzusagen.

Beschimpfungen, Stalking, Grenzüberschreitungen

Mit 97 Prozent berichteten fast alle der Männer in den Hilfseinrichtungen den Angaben zufolge von psychischer Gewalt wie Beschimpfungen, Stalking, Streits oder Grenzüberschreitungen. Fast drei Viertel waren zudem betroffen von körperlicher Gewalt. Berichtet wurde auch von ökonomischer, sozialer und sexualisierter Gewalt. Partnerinnen oder Partner waren mit 45 Prozent in den meisten Fällen für die Gewalt verantwortlich. Als Täterinnen und Täter sind aber auch Elternteile (20 Prozent), Geschwister (6,1 Prozent) oder Menschen aus der Nachbarschaft (5,2 Prozent) aufgeführt.

Neun der betroffenen Männer brachten zusammen 13 Kinder mit in die Einrichtungen. Weil häusliche Gewalt sich laut dem Bericht auch unmittelbar auf Kinder auswirke und "zu erheblichen psychischen Belastungen" führe, seien alle Männerschutzeinrichtungen auch auf die Aufnahme von Minderjährigen ausgelegt. Die Wohnungen sind unter anderem mit Kinderbetten, Spielzeug und Lernecken ausgestattet. Es besteht die Möglichkeit, dass die Kinder den gesamten Aufenthalt in der Einrichtung gemeinsam mit dem Vater verbringen oder nur an bestimmten Tagen.

"Gewalt gegen Männer noch immer ein Tabu"

Mit ihrer Nutzungsstatistik wolle die BFKM das Thema der häuslichen Gewalt gegen Männer aus der Tabuzone holen, sagt Scheinert: "Es ist keine Schande, als Mann betroffen zu sein. Und wer sich Hilfe holt, setzt auch ein Zeichen, dass Männer nicht immer nur stark sein müssen, sondern auch verletzlich sein können."

Insgesamt zeigten 2022 in Deutschland 69.471 Männer Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei an. Das meldet das Bundeskriminalamt in seinem Lagebericht zu häuslicher Gewalt. Frauen bildeten hier aber weiterhin den Großteil, mit rund 71 Prozent - oder mehr als 171.000 Fällen in absoluten Zahlen. Mit Blick auf die Tatverdächtigen zeigt sich ein umgekehrtes Bild: Sie waren zu rund 76 Prozent männlich und 24 Prozent weiblich.

Quelle: ntv.de, apr/dpa

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