Einsturz des Kölner StadtarchivsZeuge spricht von Pfusch am Bau

Vor neun Jahren stürzt das Kölner Stadtarchiv zusammen, zwei Menschen sterben. Im Prozess berichtet ein Bauarbeiter von den Zuständen auf der nahegelegenen U-Bahn-Baustelle. Er erzählt, dass notwendige Materialien weiterverkauft und nicht verbaut wurden.
Im Prozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs hat ein früherer Baggerfahrer von Pfusch und mangelnder Aufsicht auf der U-Bahn-Baustelle berichtet. "Die von der Bauaufsicht sind ab und zu da rumgelaufen, aber überwacht hat uns keiner", sagte der 39-Jährige als Zeuge im Kölner Landgericht. Stahlbügel, die eigentlich zur Stabilisierung in die Grubenwände eingebaut werden sollten, seien zu einem großen Teil in einen Container geworfen und als Schrott verkauft worden. Von dem Erlös habe auch er mehrere hundert Euro abbekommen.
Die Anweisung, die Verbindungsbügel nicht einzubauen, sei von dem Polier gekommen, der in dem Prozess angeklagt ist. Als Begründung habe der heute 64-Jährige Zeitmangel angegeben. Ob auch die Bauüberwachung davon wusste, sei ihm nicht bekannt, sagte der Zeuge. "Aber das konnte jeder sehen, denn die Bügel lagen ja in einem offenen Container."
In dem Prozess sind fünf Mitarbeiter von Baufirmen und den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass Fehler bei den Bauarbeiten zu dem Unglück geführt haben.
Bei dem Archiv-Einsturz waren am 3. März 2009 zwei Anwohner ums Leben gekommen. Zudem wurden zahllose historische Dokumente verschüttet. Am Donnerstag wurde öffentlich, dass die Restaurierung der Archivalien deutlich teurer wird als bislang angenommen. Der Expertise eines gerichtlich bestellten Gutachters zufolge dürften Restaurierung und Wiederherstellung des Archivguts 627 Millionen Euro kosten, wie die Stadt Köln erklärte. Bislang hatte die Stadt die Kosten grob auf rund 400 Millionen Euro geschätzt.
Ebenfalls am Freitag wurde in Köln das Richtfest des Stadtarchiv-Neubaus gefeiert. An anderer Stelle in der Kölner Südstadt entsteht für über 80 Millionen Euro ein neues Archivgebäude - fertig werden soll es 2020.