Starke Panzer für die Ukraine Das können AMX-10 und Bradley
10.01.2023, 10:40 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Radpanzer mit starker Feuerkraft: Ein französischer AMX-10, hier bei einem gemeinsamen Manöver mit der Bundeswehr.
(Foto: REUTERS)
Frankreich stellt der Ukraine den schwer bewaffneten Radpanzer AMX-10 zur Verfügung, Washington liefert US-Schützenpanzer des Typs Bradley. Was könnten die beiden Kriegsgeräte in der Ukraine ausrichten?
Die Ankündigung aus Paris sorgt international für Aufsehen: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron bietet der Ukraine den leichten Kampfpanzer "AMX-10 RC" an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt dankend an. Frankreich hebe die Unterstützung für die Ukraine damit "auf ein neues Level", erklärte Selenskyj in einer Videoansprache. "Und ich danke Präsident Macron für diese Führungsrolle."
Die Entscheidung bringt Bewegung in die militärische Unterstützung der Ukraine. Kurz darauf wurde zudem bekannt, dass auch die Vereinigten Staaten über eine Ausweitung der Waffenhilfe nachdenken. US-Präsident Joe Biden deutete erst die Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Bradley an und verkündete am Abend nach einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz schließlich deren tatsächliche Lieferung.
"Das sendet ein klares Signal an alle unsere Partner", fasste Selenskyj wohl auch mit Blick auf die bisherige Haltung der Bundesregierung zusammen. "Es gibt keinen rationalen Grund, weshalb Panzer westlicher Bauart bislang nicht an die Ukraine geliefert wurden."
Macrons Radpanzer aus Frankreich

Kampferprobt: Ein US-Schützenpanzer Bradley, hier in der Version M2A2
(Foto: picture-alliance / Carl Schulze)
Bei der angekündigten französischen Waffenlieferung handelt es sich um einen dreiachsigen Radpanzer mit einer vergleichsweise groß dimensionierten Bordkanone. Der AMX-10 steht zwischen den Kategorien Spähpanzer und Kampfpanzer: Trotz des massiven Geschützturms ist das nur rund 20 Tonnen schwere Fahrzeug schneller, leiser und deutlich leichter als ein regulärer Hauptkampfpanzer. Bewaffnet mit einer Bordkanone im Kaliber 105 Millimeter und zwei Maschinengewehren verfügt der AMX-10 jedoch über sehr viel mehr Feuerkraft als übliche Spähkampfwagen. Gemessen am Geschützkaliber bewegt sich der AMX-10 auf dem Niveau des früheren deutschen Hauptkampfpanzers "Leopard 1".
Eingesetzt wird das Fahrzeug, das bei den französischen Streitkräften als "leichter Kampfpanzer" oder auch als "Spähpanzer" geführt wird, in der Regel zur bewaffneten Aufklärung. Der gut neun Meter lange, drei Meter breite und 2,8 Meter hohe Radpanzer kann mit seinem 280 PS starken Motor zur Not auch querfeldein tief ins Hinterland eindringen. Die Reichweite mit einer Tankfüllung wird mit rund 800 Kilometer angegeben.
Trifft die vierköpfige Besatzung bei ihrer Aufklärungsmission auf den Gegner, muss sie sich nicht sofort kampflos zurückziehen: Die starke Bewaffnung und eine Munitionsreserve von bis zu 38 Granaten an Bord ermöglichen im begrenzten Umfang auch den aktiven Feuerkampf. Dank der starken Kanone kann der AMX-10 auch Infanteriekräfte beim Angriff auf ausgebaute Stellungen begleiten.
Der AMX-10 ist bei den französischen Streitkräften seit den 1970er Jahren im Einsatz. Hersteller ist der französische Rüstungskonzern Nexter, der auch verschiedene Aufrüstmodule anbietet. Insgesamt jedoch ist das Modell zu schwach gepanzert und vor allem zu langsam, um mit den Anforderungen des französischen Militärs mithalten zu können. Im Gelände zum Beispiel liegt die empfohlene Höchstgeschwindigkeit nur bei 15 Kilometern in der Stunde, auf der Straße sind es immerhin 60 km/h. Für die Franzosen ist der AMX-10 eigentlich ein Auslaufmodell: In Frankreich werden die leichten Radpanzer mit ihrem ungewöhnlich großen Geschützturm seit 2020 schrittweise durch leistungsstärkere Nachfolgermodelle ersetzt.
Material aus den USA: der M2 Bradley

Schnellfeuerkanone, MG und optional Panzerabwehrraketen: Ein Bradley übt den scharfen Schuss.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Beim US-Schützenpanzer Bradley dagegen handelt es sich um eine ganze Fahrzeugfamilie, die beim US-Militär mit unterschiedlichen Ausstattungen für verschiedenen Einsatzzwecke vorgesehen ist. Im Kern stellt der in den 1970er Jahren entwickelte Bradley in der Version M2 einen klassischen Schützenpanzer dar - also ein gepanzertes Kettenfahrzeug mit Bewaffnung zum Einsatz an der Seite von Panzergrenadieren.
In der Basisausstattung verfügt der sechseinhalb Meter lange, 3,6 Meter breite und knapp drei Meter hohe Panzer über einen 600 PS starken Dieselmotor, der das rund 25 Tonnen schwere Fahrzeug auf der Straße auf bis zu 65 km/h beschleunigen kann. Im Gelände schafft der M2 Bradley immerhin noch 40 km/h. Schwimmend kommt der nach kurzer Vorbereitung voll amphibische Panzer noch auf knapp acht Kilometer in der Stunde.
Im Heck der Versionen M2 und M3 ist Platz für einen Infanterietrupp bestehend aus sechs voll ausgerüsteten Soldaten. Im Kampf können diese das Fahrzeug über eine Heckrampe rasch verlassen und gemäß der US-Doktrin "abgesessen" kämpfen. Die vorgesehene Verwendung des Bradley gleicht dem deutschen Gegenstück "Marder". Die Reichweite des US-Panzers liegt nach Militärangaben zwischen 400 und 500 Kilometern. Im Gegensatz zu einem reinen Transportpanzer wie etwa den älteren M113 kann sich die dreiköpfige Besatzung aus Fahrer, Kommandant und Richtschütze der M2/M3 Bradleys im Ernstfall auch aktiv verteidigen.
Ähnlich wie beim deutschen Schützenpanzer verfügen die Bradleys über einen voll schwenkbaren Geschützturm mit einer leistungsstarken Maschinenkanone. Im Fall der Bradleys ist dort eine Schnellfeuermaschinenkanone vom Typ M242 Bushmaster im Kaliber 25 Millimeter verbaut. Mit dieser kann die Besatzung wahlweise mit panzerbrechenden Projektilen oder Explosivmunition Ziele in bis zu drei Kilometern Entfernung bekämpfen. Im US-Militär tragen die Bradleys das Kürzel IFV für Infantry Fighting Vehicle. Im Gegensatz zu Kampfpanzern sind sie vorrangig als Gefechtsfahrzeug der Panzergrenadiere gedacht.
Bekämpfung von Flugzielen möglich
Neben der serienmäßigen Ausstattung mit koaxialem Maschinengewehr im Geschützturm können die Bradleys jedoch auch als Plattform zur Bekämpfung von Flugzielen oder feindlichen Kampfpanzern eingesetzt werden. Speziell ausgerüstete Versionen tragen dann zum Beispiel Behälter zum Start von Luftabwehrraketen vom Typ "Stinger" oder weitreichende TOW-Panzerabwehrraketen. Aktuell sind beim US-Militär Bradleys in der Version M2A4 im Einsatz. Dazu kommen zahlreiche Sonderversionen mit Spezialausstattung, wie etwa zur Drohnenabwehr oder zur Unterstützung bei Pionierarbeiten.
Beide Panzer, also AMX-10 oder Bradley, sind im Gegensatz zu echten Kampfpanzern deutlich schwächer geschützt: Die Panzerung ist in beiden Fällen nur dazu ausgelegt, Splittern von Artilleriegranaten und dem Beschuss durch Handwaffen und mittlere Kaliber standzuhalten. Für die direkte Konfrontation mit schweren Panzern wäre die Maschinenkanone des Bradley und die Panzerung beider Modelle viel zu schwach.
Offen ist noch, mit welchen Stückzahlen und mit welchen Versionen das ukrainische Militär rechnen kann. Von den Bradley-Schützenpanzern gibt es zumindest sehr viel mehr Exemplare. Das Fahrzeug zählt zu den meistgebauten Schützenpanzermodellen der Welt. Allein in den Reservebeständen der US-Armee sollen 2000 Bradleys auf ihren nächsten Einsatz warten. Vom französischen AMX-10 wurden dagegen wohl nur weniger als 500 Stück gebaut.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 05. Januar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de