Politik

"Wir machen uns lächerlich" AfD-Parteitag endet vorzeitig wegen Putins Krieg

Neue Parteispitze schon wieder demontiert? Rechtsaußen Björn Höcke warb für die explosive Resolution.

Neue Parteispitze schon wieder demontiert? Rechtsaußen Björn Höcke warb für die explosive Resolution.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach Dauerstreit und Wahlpleiten hofft die AfD mit neugewählter Spitze auf ruhiges Fahrwasser. Doch das Gegenteil ist der Fall. Über eine Europa-Resolution, die Russlands Krieg in der Ukraine verschweigt, geraten sich die Abgeordneten so heftig in die Haare, dass der Parteitag jäh endet.

Die AfD hat ihren Bundesparteitag nach einem erbitterten Streit um eine Europa-Resolution vorzeitig beendet. Für den Abbruch stimmten am späten Nachmittag im sächsischen Riesa 55,65 Prozent der Delegierten, 44,35 Prozent waren dagegen. Ko-Parteichef Tino Chrupalla sprach von einem "sehr kontroversen Tag". Er hoffe dennoch, dass die AfD nach der Neuwahl ihrer Spitze ein "Aufbruchssignal" nach außen tragen könne.

Der Streit hatte sich an einer EU-kritischen Resolution unter dem Titel "Europa neu denken" entzündet. Besonders scharf wurde vor allem von Delegierten aus dem Westen kritisiert, dass der Antrag eine Annäherung an Russland fordert, ohne den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu erwähnen. In der Vorlage war lediglich von einem "Ukraine-Konflikt" die Rede.

AfD-Rechtsaußen Björn Höcke warb für den Text; die erst am Vortag gewählte Doppelspitze aus Alice Weidel und Chrupalla plädierte dafür, ihn angesichts des Widerstands vieler Delegierten in der vorliegenden Form nicht zu beschließen. Ein entsprechender Antrag Chrupallas wurde allerdings mit 210 zu 208 Stimmen abgelehnt. Der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk kritisierte, die neue Doppelspitze werde bereits einen Tag nach ihrer Wahl "demontiert".

"Debatte hinterlässt ein Trauma"

Die Hoffnung vieler Parteianhänger auf eine Konsolidierung der AfD nach langem internen Streit erfüllte sich auf dem Parteitag nicht. Im Laufe der zweistündigen, hitzig geführten Debatte konnte sich die Parteiführung erst nach mehreren vergeblichen Anlaufen mit ihrem Vorschlag durchsetzen, die Vorlage zur weiteren Beratung in den Bundesvorstand zu verweisen. Chrupalla sprach von einer "verfahrenen Situation". Auf der Bühne des Parteitags bekam er demonstrativ Rückendeckung von den Vorsitzenden von fünf Landesverbänden, Weidel sowie dem AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland: Sie stellten sich hinter Chrupalla, als er erneut für Überweisung an den Bundesvorstand warb.

Zahlreiche Delegierte zeigten sich in ihren Redebeiträgen entsetzt über den Verlauf der Debatte. "Mit jeder Minute blamieren wir uns weiter", sagte ein Delegierter. Ein anderer sagte: "Das macht uns lächerlich vor den Medien, vor dem Wähler und vor uns selbst." Ein weiterer äußerte die Befürchtung, "dass wir den Weg in die Auflösung gehen". Mehrere Delegierte bezeichneten den Verlauf der Debatte als "Farce"; einer der Autoren des Europa-Antrags räumte ein, dass die Debatte in der Partei ein "Trauma" hinterlasse. Angesichts der aufgeheizten Stimmung im Saal mahnte der Versammlungsleiter die Delegierten: "Bitte, wir schreien uns nicht an."

Weidel hatte in ihrer Intervention gesagt, die Resolution mit dem Titel "Europa neu denken" gehe insgesamt in die richtige Richtung, sie sei sprachlich aber "nicht sonderlich gelungen". Der Text enthalte "sehr unspezifische Sätze, die sehr wulstig klingen".

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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