"Harte, klare Stufen" Amtsärzte rufen nach neuer Corona-Ampel
14.08.2022, 11:10 Uhr
Ab einer Inzidenz von 1000 und mehr als 5000 Covid-Intensivpatienten würde die Corona-Ampel nach der Logik der Amtsärzte auf Rot springen.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Maskenpflicht in Bayern, keine Maskenpflicht in Baden-Württemberg - eine solche mögliche "Kakophonie ist den Bürgern nicht vermittelbar", sagt Amtsärzte-Chef Nießen. Seinem Verband schwebt für den Herbst ein Ampelsystem vor, nach dem die Länder Corona-Maßnahmen einheitlich verschärfen sollen.
Die deutschen Amtsärzte fordern von der Bundesregierung einheitliche Grenzwerte für die Infektionsschutzmaßnahmen und schlagen dafür ein Ampelsystem vor. "Wir brauchen länderübergreifende Maßstäbe, wann welche Regel gilt", sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, der Funke Mediengruppe. Nötig seien "harte, klare Stufen" für die einzelnen Maßnahmen.
Zu dem vorgeschlagenen Ampelsystem sagte Nießen, bei einer Inzidenz unter 500 und weniger als 1000 Covid-Intensivpatienten bundesweit sowie keinerlei besorgniserregenden Hinweisen aus den Abwasseranalysen sei man wahrscheinlich noch im grünen Bereich. Weitergehende Maßnahmen in den Ländern seien in einer solchen Lage vermutlich noch nicht nötig.
Lägen die Werte darüber, müsse man alarmiert sein und bei Veranstaltungen in Innenräumen Masken vorschreiben, sagte Nießen weiter. Bei einer Inzidenz über 1000 und mehr als 5000 Covid-Intensivpatienten solle die Ampel dann auf Rot springen. Dann sollten auch keine Ausnahmen von der Maskenpflicht mehr möglich sein, "und es muss über weitergehende Maßnahmen entschieden werden", sagte Nießen, der Leiter des Kölner Gesundheitsamtes und Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung ist.
Es dürfe bei gleicher Infektionslage nicht passieren, dass man über die Landesgrenze von Bayern nach Baden-Württemberg fahre und die Maske im Restaurant mal tragen müsse und mal nicht: "Eine solche Kakophonie ist den Bürgern nicht vermittelbar."
Auch Schwesig dringt auf Einheitlichkeit
Aus Sicht der Amtsärzte müsse die Inzidenz ein wichtiger Maßstab für die Pandemiebekämpfung bleiben. Neben der Inzidenz und der Klinikbelegung mit Covid-Patienten sollten aber auch die Zahl der Verstorbenen, die Daten aus den Abwasseranalysen und die Belastung des Gesundheitssystems durch andere Viruswellen wie die Grippe miteinbezogen werden, so der Amtsärzte-Chef.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich am Freitag gegen feste Grenzwerte ausgesprochen und dabei auf die hohe Dunkelziffer bei den Fallzahlen hingewiesen. Rechtsfester sei es stattdessen, "mit einer Beschreibung der Gefahr zu operieren", argumentierte der SPD-Politiker. Er kündigte zeitnah Beratungen mit den Chefs der Staatskanzleien über das geplante neue Infektionsschutzgesetz an.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig forderte zwar kein Ampelsystem, dringt jedoch ebenfalls auf einheitliche Vorgaben zur weiteren Eindämmung der Pandemie. "Es ist wichtig, dass wir Klarheit bekommen, wie wir den Herbst und den Winter mit Corona bestehen wollen", sagte Schwesig. Man brauche eine Abstimmung zwischen Bund und Ländern. "Wir wollen keine Schließungen mehr, sondern durch leichtere Maßnahmen die Pandemie im Zaum halten. Zum Beispiel mit dem Tragen von Masken auch in Innenräumen, wenn es notwendig ist", erklärte sie.
Beim Impfen erwartet die Schweriner Regierungschefin von der Ständigen Impfkommission (STIKO) klare Empfehlungen für das weitere Vorgehen. "Es wird eine vierte Impfung für die Bevölkerung praktisch nur geben, wenn es die STIKO-Empfehlung dafür gibt. Weil nur dann auch die Ärzte es umsetzen", sagte sie.
Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa