Angst vor russischer Revanche Keine US-Raketensysteme für die Ukraine
02.06.2022, 13:24 Uhr (aktualisiert)
Das MLRS im Einsatz der südkoreanischen Armee.
(Foto: Korea Army)
Die Raketenwerfer MLRS und HIMARS sind in der Lage, Flugkörper mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern abzufeuern. Die USA wollen diese Art von Munition aber nicht an die Ukraine liefern, weil sie Angriffe auf russisches Gebiet damit und in deren Folge Vergeltungsmaßnahmen gegen die USA befürchten.
Die US-Regierung will keine Raketensysteme an die Ukraine liefern, die eine Reichweite bis nach Russland haben. Man werde keine Raketensysteme in die Ukraine schicken, die russisches Territorium treffen könnten, sagte US-Präsident Joe Biden am Montag in Washington auf eine entsprechende Frage von Reportern. Zuvor hatte das bereits der US-amerikanische Experte für Außenbeziehungen der "Washington Post" gesagt.
Der Fernsehsender CNN hatte vor wenigen Tagen unter Berufung auf Beamte berichtet, die US-Regierung erwäge, fortschrittliche Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite in die Ukraine zu schicken. Die in den USA hergestellten Artilleriesysteme MLRS und HIMARS könnten Geschosse abfeuern, die Distanzen über 300 Kilometer zurücklegen. Die Ukraine habe um diese Art von Waffen gebeten, hieß es weiter. Allerdings sei die US-Regierung zögerlich, da befürchtet werde, dass die Ukraine die Raketensysteme für Angriffe auf russisches Gebiet nutzen könnte. Es stelle sich daher die Frage, ob dies eine russische Vergeltungsmaßnahme gegen die USA zur Folge haben könnte.
MLRS und HIMARS
Sowohl beim MLRS (Multiple Launch Rocket System) als auch beim HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) handelt es sich um Mehrfachraketenwerfer. Während der MLRS auf einem Kettenfahrgestell von A nach B bewegt wird und auch für schweres Gelände geeignet ist, handelt es sich beim HIMARS um einen leichten Raketenwerfer auf einem Lastwagengestell des Herstellers Lockheed Martin.
Der HIMARS wurde als leichteres, aber vor allem billigeres Pendant zum MLRS bereits 1996 entwickelt. Der Prototyp wurde 1999 vorgestellt und die Entwicklung 2002 abgeschlossen. Mit einem Leergewicht von 13,5 Tonnen und normaler Bereifung wird der HIMARS auf der Straße je nach Produktionsserie bis zu 95 km/h schnell. Er ist dem MLRS also, was die Verlegung über größere Distanzen betrifft, überlegen. Der MLRS bringt es lediglich auf eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Und das auch nur, wenn der 500 PS starke V8-Zylinder-CUMMINS-Diesel mit dem originalen Dreiganggetriebe verbandelt ist. Das deutsche Getriebe lässt nur eine Geschwindigkeit von 65 km/h zu.

Der MLRS (Bild) und der HIMARS können Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern abfeuern.
(Foto: dpa)
Die die auf dem MLRS und dem HIMARS verbauten Waffensysteme sind nahezu identisch, was beide Raketenwerfer in die Lage versetzt, die gleiche Munition zu verschießen. Und die reicht von Raketen mit Hohlladungs-Bomben mit einer Reichweite von bis zu 45 Kilometern über Mehrzweckgefechtsköpfe, die 150 Kilometer zurücklegen können, bis zu GPS-gesteuerten taktischen Raketen mit einer Reichweite von über 300 Kilometern. Letztgenannte Waffensysteme sind es dann auch, die die US-Regierung aus Angst vor russischen Vergeltungsschlägen nicht an die Ukraine liefern will.
Scharfe Kritik an Biden
Der prominente republikanische Senator Lindsey Graham reagierte mit scharfer Kritik auf Bidens Äußerung. Die Entscheidung der Regierung, diese Waffen nicht zu schicken, sei ein "Verrat an der Ukraine und der Demokratie selbst", schrieb Graham auf Twitter. "Offenbar lässt sich die Biden-Regierung wieder einmal von russischer Rhetorik einschüchtern."
Der Schwerpunkt der US-Waffenlieferungen für die Ukraine lag bislang auf Panzerabwehrraketen vom Typ Javeline, schultergestützten Stinger-Flugabwehrraketen, Schusswaffen und Munition. Die USA haben aber bereits damit begonnen, der Ukraine Haubitzen vom Typ M777 zu liefern, deren Reichweite mit rund 25 Kilometern angegeben wird.
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 31. Mai 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, hpr/dpa