Politik

Baku dankt Erdogan Armenien wirft Türkei Kriegsbeteiligung vor

Stepanakert, die Hauptstadt Berg-Karabachs, wurde von der aserbaidschanischen Seite beschossen.

Stepanakert, die Hauptstadt Berg-Karabachs, wurde von der aserbaidschanischen Seite beschossen.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Trotz internationaler Appelle zur Beendigung der Gewalt gehen die erbitterten Kämpfe um die Kaukasusregion Berg-Karabach weiter. Armenien behauptet nun, die Türkei greife in den Konflikt ein. Aserbaidschans Präsident Aliyev weist dies zurück, bedankt sich aber beim türkischen Präsidenten Erdogan.

Im Konflikt um die Region Berg-Karabach hat Armenien der Türkei vorgeworfen, an den Gefechten direkt beteiligt zu sein. "Es gibt 150 hochrangige türkische Offiziere, die die Militäroperationen Aserbaidschans leiten", sagte der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan in einer Ansprache an sein Volk. "Das Ausmaß der Offensive ist beispiellos." Zuvor hatte der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev erklärt, die Türkei als Verbündeter seines Landes sei nicht in den Konflikt verwickelt. Die Gefechte im Südkaukasus gehen unvermindert weiter - trotz Appellen zu einer Waffenruhe.

Es gebe Kämpfe über die gesamte Frontlinie hinweg, sagte Paschinjan. "Wir stehen vor einem schicksalhaften Kapitel unserer Geschichte." Das armenische Volk sei Ziel Aserbaidschans und der Türkei, behauptete der armenische Regierungschef. Laut armenischer Agentur Armenpress telefonierte er am Samstagabend zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und habe sie über die Beteiligung türkischer Militäroffiziere informiert.

Aliyev wiederum dankte in einem von seinem Büro veröffentlichten Brief dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für seine Unterstützung. Konkret verwies er darauf, dass die Türkei das Vorgehen Armeniens verurteile.

Aliyev behauptet, wichtige Ortschaft erobert zu haben

Aserbaidschan hatte am Samstagabend erneut Geländegewinne für sich reklamiert. Der Präsident schrieb bei Twitter, dass die Ortschaft Madagisin von der Armee erobert worden sei. "Ich gebe dem befreiten Madagisin seinen historischen Namen zurück - Suqovuşan", betonte das Staatsoberhaupt. Eine unabhängige Bestätigung für die Eroberung gab es nicht. Das Dorf befindet sich am strategisch wichtigen Sarsang-Stausee, der die Wasserzufuhr für den Fluss Terter in der östlich gelegenen Ebene kontrolliert.

In der Nacht war die Lage nach armenischen Angaben vergleichsweise ruhig geblieben. Zuvor hatten die Behörden der Hauptstadt Stepanakert berichtet, dass die Stadt in Berg-Karabach von der aserbaidschanischen Seite beschossen worden sei. Die beiden verfeindeten Länder hatten den Tag über von Gefechten in mehreren Regionen gesprochen. Armenien teilte mit, Kampfflugzeuge des Gegners abgeschossen zu haben.

Moskau will sich zunächst nicht einmischen

Seit mittlerweile einer Woche liefern sich die beiden Staaten schwere Gefechte in dem von Armenien kontrollierten Gebiet in Aserbaidschan. Diese gehen weit über die Scharmützel hinaus, die es zuletzt immer wieder in der Region gab. Beide Seiten schieben sich gegenseitig die Verantwortung für die neuerliche Eskalation zu.

Die beiden Länder kämpfen seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145.000 Menschen leben. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe.

Offizielles Gremium für die Vermittlung zwischen den beiden verfeindeten Ex-Sowjetrepubliken ist die so bezeichnete Minsker Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die Gruppe forderte ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen sowie eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Paschinjan brachte zudem russische Friedenstruppen ins Gespräch. Darüber solle in der Minsk-Gruppe diskutiert werden, meinte er.

Moskau will russische Friedenstruppen nur mit Einverständnis von Eriwan und Baku in die Krisenregion schicken. Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow berichtete der Sender RBK. "Friedenstruppen können nur bei Zustimmung beider Seiten stationiert werden", wurde er zitiert.

Quelle: ntv.de, uzh/dpa

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