Streit um Masterplan Asylfrage spaltet Seehofer und Merkel erneut
11.06.2018, 20:30 Uhr
In der Union ist der Streit über die Flüchtlingskrise neu entfacht.
(Foto: picture alliance/dpa)
Horst Seehofer gibt sich nach der Absage seiner Masterplan-Vorstellung schmallippig: Die CSU wolle schon lange eine europäische Lösung in der Asyl-Krise. Doch die habe bisher nicht geklappt. Die SPD kündigt unterdessen ein eigenes Konzept an.
In der Union gibt es abermals Krach wegen der Asylpolitik: Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte die für Dienstag geplante Vorstellung seines "Masterplans Migration" ab. Der Grund dafür sind offenbar Meinungsverschiedenheiten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Koalitionspartner SPD kündigte an, ein eigenes Asylkonzept vorzulegen.
"Ich habe eine Verantwortung für dieses Land, nämlich dass wir steuern und ordnen. Und ich kann das nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben", sagte Seehofer. Seehofer spricht seit Wochen davon, bald seinen "Masterplan Migration" vorzulegen. In einer dürren Mitteilung begründete sein Ministerium die Absage der Präsentation. "Einige Punkte müssen noch abgestimmt werden", teilte das Innenministerium mit.
Die "Bild"-Zeitung berichtete, Grund für die Terminabsage seien ungeklärte Differenzen zwischen Seehofer und Merkel bei der Frage der Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze. Er habe mit Merkel schon über die offenen Fragen gesprochen, auch an diesem Montag, sagte der CSU-Chef. "Ich bin an gemeinsamen Lösungen sehr interessiert." Auf die Frage, ob er Merkels Bedenken nachvollziehen könne, ihre Pläne für eine europäische Asyllösung könnten torpediert werden, sollte Deutschland einseitig nationale Maßnahmen ergreifen, sagte Seehofer, die CSU strebe seit Jahren europäische Lösungen an - und habe bisher keine bekommen.
Streit in der Union
Der Konflikt hatte sich bereits am Sonntagabend angedeutet: In der ARD-Sendung "Anne Will" erteilte Merkel der CSU-Forderung eine Absage, Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Sie wolle, dass Deutschland "nicht einseitig national" agiere, sagte die Kanzlerin. Über den Masterplan sei die Regierung "noch in intensiven Gesprächen". CSU-Landesgrupppenchef Alexander Dobrindt beharrte auf der Position seiner Partei. "Diese Zurückweisung muss Teil eines Masterplans Migration sein", erklärte Dobrindt. "Das ist die Rechtslage in Europa. Und ich will, dass die Rechtslage an den Grenzen umgesetzt und durchgesetzt wird."
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellte sich klar hinter Seehofer: "Ich habe mit Bundesinnenminister Horst Seehofer über seine Pläne gesprochen. Er hat dafür volle Rückendeckung aus Bayern", sagte Söder der "Passauer Neuen Presse" und dem "Donaukurier". "Die Menschen erwarten, dass gehandelt wird in Berlin."
"Stärkere Präsenz der Bundespolizei"
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ergriff ebenfalls für Seehofer Partei: "Wir brauchen eine stärkere Präsenz der Bundespolizei an der deutschen Grenze", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Wenn sich hier bei einer Personenüberprüfung herausstellt, dass jemand nach Deutschland will, der bereits eine Einreisesperre hat, und sein Asylantrag abgelehnt wurde, muss ihn die Bundespolizei zurückweisen."
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil beklagte in den Zeitungen der "Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft", "der tiefe Riss zwischen CDU und CSU erschwert an vielen Stellen eine vernünftige Regierungsarbeit".
SPD will eigenes Konzept an den Start bringen
Die SPD werde nun ein eigenes Migrationskonzept erarbeiten, kündigte SPD-Vizechef Ralf Stegner an. "CDU und CSU geben derzeit ein desaströses Bild ab. Von einer Union kann im Moment wirklich keine Rede mehr sein", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Er warf der CSU vor, keine vernünftigen Konzepte vorzulegen, sondern Ideologie zu betreiben. "Das ist alles nur dem bayerischen Landtagswahlkampf geschuldet. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Seehofer auf, geltendes Recht zu respektieren. "Der Umgang mit Flüchtlingen lässt sich nur europäisch und nicht bayerisch regeln", betonte sie. Auch die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, sprach von einem "Desaster" für die Bundesregierung. Der Konflikt in der Union blockiere die Regierung und das Land. Sevim Dagdelen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sei weiterhin kopf- und planlos.
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sah in dem Konflikt keinen Streit zwischen Merkel und Seehofer. Für ihn gehe es um die "fundamentale Frage, ob sich die EU in Zukunft zum rechtsfreien Raum entwickelt oder sich als Werte- und Rechtsgemeinschaft versteht".
Quelle: ntv.de, sgu/AFp/dpa