Politik

Repräsentantenhaus vertagt sich Auch Trump kann McCarthy nicht helfen

McCarthy ist immer noch nicht Sprecher des US-Repräsentantenhauses und inzwischen ist fraglich, ob er es noch wird.

McCarthy ist immer noch nicht Sprecher des US-Repräsentantenhauses und inzwischen ist fraglich, ob er es noch wird.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Kevin McCarthys Zitterpartie geht weiter: Nach sechs ergebnislosen Wahlgängen vertagt das US-Repräsentantenhaus die Abstimmung auf den nächsten Tag. Einige ultrakonservative Republikaner verweigern ihm hartnäckig die Zustimmung - und das, obwohl selbst Ex-Präsident Trump den Abtrünnigen ins Gewissen redet.

Die Republikaner im US-Repräsentantenhaus sind auch im sechsten Anlauf damit gescheitert, einen neuen Vorsitzenden für die Kongress-Kammer zu wählen. Der bisherige Fraktionschef Kevin McCarthy erhielt nach drei Anläufen am Dienstag und drei am Mittwoch keine ausreichende Mehrheit unter seinen Parteikollegen. Nachdem die Sitzung zunächst für mehrere Stunden unterbrochen worden war, vertagte sich die Versammlung auf Donnerstag.

McCarthy, ein langjähiger Verbündeter des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, sieht sich mit entschlossenem Widerstand ultrakonservativer Republikaner konfrontiert, die weniger als zehn Prozent der Fraktion ausmachen. Schon die erste Niederlage am Vortag war historisch: Seit 1923 hat kein "Speaker" mehr als eine Abstimmung benötigt, damals war der neue Sprecher erst nach neun Wahlgängen bestätigt.

Vor dem vierten Votum hatten sich bereits Präsident Joe Biden und dessen Amtsvorgänger Trump eingeschaltet. Die bitteren Rivalen warnten übereinstimmend, dass die Situation peinlich zu werden drohe. "Das macht keinen guten Eindruck", sagte der Demokrat Biden. "Dies sind die Vereinigten Staaten von Amerika und ich hoffe, dass sie sich zusammenreißen." Verbündete und Feinde könnten Zweifel bekommen, ob sich die Demokratie in den USA von den Unruhen am 06. Januar 2021 erholt habe. Damals stürmten Trump-Anhänger das Kapitol, den Sitz des Kongresses.

Trump rief seine Parteikollegen seinerseits auf seiner Medienplattform Truth Social dazu auf, McCarthy zu wählen. "Verwandelt einen großartigen Triumph nicht in eine riesige und peinliche Niederlage", schrieb er.

Frust beiden Republikanern

Ohne einen Vorsitzenden ist die Kammer faktisch handlungsunfähig. Von den regulär 435 Abgeordneten gehen die Haushaltsgesetze für den Bund aus. Angesichts der Pattsituation stellt sich die Frage, ob das Repräsentantenhaus in der Lage sein wird, seine grundlegendsten Aufgaben im Staatsgefüge zu erfüllen. Eigentlich hatten die Republikaner gehofft, nach der Rückkehr an die Macht etwa Untersuchungen gegen Biden einzuleiten oder ihre politischen Prioritäten vorantreiben zu können.

Gemäßigte Republikaner zeigten sich vor der Abstimmung am Mittwoch entsprechend frustriert. "Unter den Mitgliedern wächst die Verärgerung, weil es ihnen schwerfällt zu verstehen, was genau die Verweigerer wollen", sagte der Abgeordnete Dusty Johnson. Seit Jahren tobt unter den Republikanern ein Richtungsstreit zwischen jenen Mitgliedern, die wie Trump die Partei weiter nach rechts rücken wollen, und einem vergleichsweise moderaten Lager. McCarthy sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, in seiner Zeit als Minderheitsanführer nicht aggressiv genug den Demokraten unter der bisherigen Vorsitzenden Nancy Pelosi die Stirn geboten zu haben. Einige Republikaner halten ihn zudem für zu wankelmütig.

Bei der Kongresswahl im November hatten die Republikaner erstmals seit vier Jahren wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert. Mit 222 zu 212 Mandaten fällt diese zwar knapp aus. Dennoch sollte die Wahl des "Sprechers" - auf Deutsch meist "Präsident" genannt - des Repräsentantenhauses nur eine Formalie sein. Schließlich geht es um den dritthöchsten Posten im Staat, nach dem Präsidenten- und dem Vizepräsidentenamt.

Mehr zum Thema

Dem historischen Dienst des Repräsentantenhauses zufolge gab es seit 1789 nur 14 Fälle, in denen bei der Wahl des Vorsitzenden mehr als ein Wahlgang benötigt wurde. Davon waren 13 vor dem Bürgerkrieg, als die Partei-Zugehörigkeit flexibler gehandhabt wurde. In den USA gibt es keinen Fraktionszwang.

Auch wenn sich McCarthy am Ende durchsetzen sollte, würde er den Posten geschwächt antreten. Statt sich darauf konzentrieren zu können, Biden das Leben schwerzumachen, würde er die Gräben in seiner eigenen Partei überbrücken müssen. Dass er trotz der Unterstützung durch Trump am Mittwoch zunächst erneut verlor, könnte auch dessen Aussichten als Präsidentschaftsbewerber schwächen. In den USA finden November 2024 Kongress- und Präsidentschaftswahlen statt. Ob Biden und Trump dann noch einmal antreten, ist noch offen.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen