"Projekt 2025" Auch ohne Trump sind die Republikaner gefährlich


Trump im Dezember 2021 im Oval Office. Die Rechtskonservativen in den USA setzen nicht unbedingt auf eine Rückkehr des Ex-Präsidenten ins Weiße Haus - ihr Programm könnte auch ein anderer Trumpist umsetzen.
(Foto: picture alliance / empics)
Wenn die Republikaner im nächsten Jahr das Weiße Haus erobern, soll die Machtübernahme nicht wieder so chaotisch laufen wie unter Trump. Konservative Thinktanks haben daher ein "Playbook" geschrieben. Es zeigt, wie die Republikaner den Staat umbauen und kontrollieren wollen.
So nah an einer Haftstrafe wie derzeit war Donald Trump wohl noch nie. Drei Anklagen laufen gegen ihn, eine vierte wird in Georgia vorbereitet. Dort geht es um die Frage, ob der Ex-Präsident nach der Wahl von 2020 versucht hat, das Ergebnis zu manipulieren.
Klar ist, dass eine Verurteilung Trump formal nichts anhaben kann. Theoretisch könnte er auch aus dem Gefängnis heraus Wahlkampf machen, sogar Präsident werden und sich dann selbst begnadigen. Weniger klar ist, ob dies auch praktisch möglich ist. Dies sei halt noch nie vorgekommen, sagte Wahlrechtsexperte Richard L. Hasen dem Nachrichtensender CNN. Es könnte sein, dass der Oberste Gerichtshof das letzte Wort haben wird, so der Juraprofessor.
Politisch macht es aber keinen großen Unterschied, ob Trump noch einmal kandidiert. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Republikaner Präsidentschaftskandidat wird, der sich inhaltlich von dem 77-Jährigen unterscheidet.
Ein Programm für die ersten 180 Tage
Die Frage ist daher, ob die Demokraten es noch einmal schaffen, die USA und die Welt vor einer Präsidentschaft zu bewahren, die noch radikaler von Trump-Politik geprägt wäre als Trumps erste Amtszeit. Denn gefährlich wären die Republikaner auch ohne Trump.
Das zeigt sich nicht nur daran, dass in den Umfragen unter republikanischen Wählern hinter Trump zwei Trumpisten folgen: Floridas Gouverneur Ron DeSantis und der Milliardär Vivek Ramaswamy, der Trump noch rechts überholen will. Es zeigt sich auch an einem inoffiziellen Regierungsprogramm, das bereits fertig ist.
Das Programm wurde von einem Bündnis konservativer Verbände geschrieben. Es soll die ersten 180 Tage der nächsten republikanischen Präsidentschaft vorbereiten, damit dann nicht wieder das Chaos entsteht, von dem Trump in seiner Amtszeit ständig umgeben war. Am "Project 2025" haben mehr als 400 Personen mitgearbeitet, Kostenpunkt 22 Millionen Dollar. Federführend bei der Erstellung war die Heritage Foundation, eine Denkfabrik mit Verbindungen zur Tabak- sowie zur Öl- und Gasindustrie.
"Die Politik mit Konservativen fluten"
Inwieweit die republikanischen Bewerber das "180-Tage-Playbook" umsetzen wollen, ist noch offen. Der britische "Guardian" weist darauf hin, dass die Heritage Foundation die republikanische Politik seit Jahrzehnten beeinflusst. Schon Anfang der 1980er Jahre hatte sie beim Wahlsieg von Ronald Reagan geholfen. Ein großer Teil seiner konservativ-neoliberalen Agenda ging auf die Heritage Foundation zurück. Allerdings: Was heute in den USA "konservativ" heißt, hat nur noch bedingt etwas mit dem alten Konservatismus der "Grand Old Party" zu tun.
Zentraler Punkt in der 920-seitigen Blaupause für eine koordinierte Machtübernahme der Trumpisten ist einerseits die Stärkung der Macht des Präsidenten, andererseits der Rückbau von Bundesbehörden. "Unsere Exekutive wurde von Liberalen entwickelt, um liberale Politik zu verbreiten", sagte John McEntee, Personalchef im Weißen Haus unter Trump, der "New York Times". "Die bestehende Struktur kann auf keinen Fall auf konservative Art funktionieren. Es reicht nicht, das richtige Personal reinzubringen. Was wir brauchen, ist eine Grundüberholung des Systems."
Den Trump-Konservativen geht es nicht um Reform, sondern um die Durchsetzung von Ideologie. Paul Dans, Direktor von "Project 2025" bei der Heritage Foundation, nennt das Papier einen "Schlachtplan". "Nie zuvor hat sich die gesamte konservative Bewegung zusammengetan, um sich systematisch darauf vorzubereiten, am ersten Tag die Macht zu übernehmen und den Verwaltungsstaat zu dekonstruieren", sagte Dans der US-Nachrichtenseite Politico. Zum Projekt gehört auch eine Art Stellenbörse, auf der man sich registrieren kann, wenn man am rechtsradikalen Umbau des Staates mitarbeiten möchte - "ein rechtsgerichtetes LinkedIn", wie die "New York Times" es nannte. "2016 war die konservative Bewegung nicht darauf vorbereitet, die Politik mit konservativem Personal zu fluten", sagte Heritage-Präsident Kevin Roberts der Zeitung. Am 20. Januar 2025, dem Tag der Vereidigung des neuen Präsidenten, werde das "sehr anders" sein. "Diese Datensammlung wird eine Armee von geprüften, trainierten Mitarbeitern vorbereiten, um von Tag eins an damit zu beginnen, den Verwaltungsstaat zurückzubauen."
Wahlkommission soll unter Kontrolle gebracht werden
Für die rechten Kämpfer steht selbst die Unabhängigkeit der Zentralbank Federal Reserve zur Disposition - ein Vorhaben, das Trump bereits im Wahlkampf 2016 sowie als Präsident verfolgte, aber nicht umsetzte. Geplant ist auch, den Einfluss der Republikaner auf die Wahlkommission FEC auszubauen.
Das Kapitel zu diesem Thema hat der Jurist Hans von Spakovsky geschrieben. Er war 2005 vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush für die FEC nominiert worden, wurde in diesem Amt aber nicht vom Senat bestätigt, weil die Demokraten Vorbehalte gegen ihn hatten - der einzige Fall in der überparteilichen Kommission, bei dem so etwas je passiert sei, wie Spakovsky mit offenkundigem Stolz schreibt. Seit Jahren schon gehört Spakovsky zu den Republikanern, die den Mythos verbreiten, Demokraten würden Wahlen durch Betrug gewinnen. Mit Blick auf die FEC geht es Spakovsky allerdings nur indirekt um seinen Kampf gegen Wahlbetrug, vor allem um die Entmachtung einer Bundesbehörde. Die Bundesstaaten sollen freie Hand bekommen.
Öl und Gas statt Sonne und Wind
Für die Umweltpolitik gilt das nicht: Hier soll den Bundesstaaten verboten werden, die in Kalifornien geltenden Standards für Klimagase zu übernehmen. Der Kampf gegen Klimaschutz und die Stärkung der Öl- und Gasindustrie ist ein zentraler Punkt im "Project 2025". Ganze Behörden sollen geschlossen, Mittel für den Netzausbau sollen gestrichen werden, um den Einsatz erneuerbarer Energien zu verhindern. Stattdessen sollen mehr Gaspipelines gebaut werden.
Das Kapitel zur Energiepolitik wurde von Bernard McNamee geschrieben, der von Trump in den Vorstand der Bundesbehörde für die Regulierung des Energiebereichs entsandt worden war. Davor hatte McNamee die Denkfabrik "Texas Public Policy Foundation" geleitet. Ein Projekt dieses Verbands hatte das Ziel, "die in Vergessenheit geratene moralische Begründung für fossile Brennstoffe zu erklären".
Sollte "Project 2025" umgesetzt werden, könnte es den Übergang der USA zu sauberer Energie abwürgen und die Behörden dazu bringen, die fossile Brennstoffindustrie zu fördern, statt sie zu regulieren, fasst Politico zusammen. Auf Twitter reagierten die Macher mit Zustimmung: "Es ist erfrischend, eine anständig genaue Berichterstattung von Politico zu sehen", schreiben sie dort.
Quelle: ntv.de