Bei Russland-ReiseBSW-Abgeordnete trafen Vertreter von Kreml-Netzwerk

Über das russische Netzwerk "Voice of Europe" sollen in der Vergangenheit bereits Schmiergelder an europäische Politiker geflossen sein. Hinter der Gruppe steckt ein putintreuer Oligarch. Mehrere BSW-Abgeordnete nutzen das Netzwerk jetzt für eine Reise.
Die BSW-Europaabgeordneten Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich haben im Mai eine Strippenzieherin des russischen Einflussnetzwerks "Voice of Europe" in Moskau getroffen. Anschließend besuchte zumindest von der Schulenburg mit ihr eine Ballettvorführung im Bolschoi-Theater. Das belegen Fotos, die T-Online vorliegen. Die Abgeordneten waren zum "Tag des Sieges" nach Russland gereist. Für von der Schulenburg war es den Recherchen zufolge nicht der erste Kontakt mit dem Netzwerk.
Hinter dem "Voice of Europe"-Netzwerk steht europäischen Sicherheitsbehörden zufolge der putintreue Oligarch Viktor Medwedtschuk, der über das vermeintliche Medium Schmiergelder an europäische Politiker gezahlt haben soll. Zentraler Organisator der Machenschaften war der Ukrainer Oleg Voloshin, der den Recherchen zufolge für Medwedtschuk auch die "Brics-Europe"-Konferenz in Sotschi mitorganisiert, die derzeit vor allem AfD-Abgeordnete in die Schlagzeilen bringt. Voloshin steht seit 2022 unter US-Sanktionen, seit 2025 unter EU-Sanktionen und ist mittlerweile in Großbritannien angeklagt, einen britischen EU-Abgeordneten für Medwedtschuk bestochen zu haben. Weitere Ermittlungen laufen in mehreren EU-Staaten, auch in Deutschland.
Firmenich räumte eine Mitorganisation der Reise durch die Personen ein: "Ich habe Herrn Voloshin in Moskau zum ersten Mal getroffen, er war bei der Terminorganisation unseres Programms ein Ansprechpartner. Seine Frau Nadia hat uns bei der Organisation der Karten für das Bolshoi-Theater geholfen, die Karten haben wir selbst bezahlt. Ich habe seit der Reise keinen weiteren Kontakt zu beiden gehabt." Von der Schulenburg reagierte auf eine Anfrage nicht. Für ihn war es dem Bericht zufolge nicht der erste Kontakt mit dem Netzwerk.
Putin-Propagandisten präsentieren BSW auf Telegram
Der designierte Parteivorsitzende Fabio de Masi, der auch Sprecher der BSW-Delegation im Europaparlament ist, sagte T-Online, von der Schulenburg sei ein erfahrener ehemaliger UN-Diplomat. "Ich kontrolliere daher selbstverständlich nicht im Detail, wen er trifft."
Mit der BSW-Reisegruppe nach Moskau posierte im Mai Voloshins Ehefrau, Nadia Sass, die für das Netzwerk Kontakte zu zahlreichen Politikern anbahnte. Auch AfD-Politiker lotste sie im vergangenen Jahr zur Konferenz nach Sotschi. In ihrem Telegram-Kanal schrieb sie zu einem Gruppenfoto mit von der Schulenburg und Firmenich, das Treffen sei ihr "eine große Ehre und Freude gewesen". Am Abend nach der Ballettvorführung, die auf dem offiziellen Reiseprogramm der Abgeordneten stand, veröffentlichte sie in einem öffentlich nicht einsehbaren Instagram-Beitrag ein gemeinsames Foto mit von der Schulenburg im Bolschoi-Theater. Medwedtschuks Bewegung "Eine andere Ukraine" verbreitete außerdem ein Video des BSW-Besuchs, Voloshin ein Foto von der Schulenburgs in der Duma und mehrere weitere Beiträge. Monate zuvor hatte er in Hinblick auf von der Schulenburgs adelige Abstammung geschrieben: "Man sollte die Möglichkeiten, die europäische Politik über die entsprechenden Kreise zu beeinflussen, nicht unterschätzen."
Für von der Schulenburg war es nicht der erste Kontakt zu Sass: Zwei Monate zuvor war er per Video-Schalte in ihrer Propaganda-Show zugeschaltet, deren Gäste vielfach auch bei "Voice of Europe" in Erscheinung traten. Wie anderen Gästen der Show ging von der Schulenburg außerdem 2024 eine Einladung zur "Brics-Europe"-Konferenz nach Sotschi zu. Von der Schulenburg ließ damals dort ein Grußwort verlesen.