Vollauslastung in Clubs möglich Baden-Württemberg streicht Inzidenzwert
11.08.2021, 16:36 Uhr
Ab nächster Woche dürfen Clubs im Südwesten wieder unter Vollauslastung öffnen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Inzidenz als alleiniger Gradmesser für die Gefährlichkeit der Corona-Lage ist inzwischen umstritten. Bund und Länder können sich bei ihrem Gipfel jedoch nicht auf neue Parameter einigen. Nun prescht Baden-Württemberg vor: In der neuen Stuttgarter Verordnung wird der Grenzwert gar nicht mehr auftauchen.
Ab kommenden Montag dürfen alle Menschen in Baden-Württemberg unabhängig von der Inzidenz wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen - vorausgesetzt, sie sind geimpft, genesen oder getestet. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz werde in der neuen Corona-Verordnung, die bereits am 16. August in Kraft treten soll, nicht mehr als ordnungspolitisches Instrument auftauchen, teilte das Gesundheitsministerium mit.
Die Stuttgarter Landesregierung sieht etwa vor, dass es bei kulturellen Veranstaltungen im Innenbereich sowie in Clubs und Diskotheken keine Personenobergrenze mehr geben soll, die Einrichtungen könnten unter Vollauslastung öffnen - sofern Besucher geimpft oder genesen seien oder in diesem Fall einen PCR-Test vorweisen könnten. Bei der Innen-Gastronomie, bei Friseuren und körpernahen Dienstleistern soll ein Antigenschnelltest ausreichen.
Die Spitzen von Bund und Ländern hatten sich am Dienstag auf eine Reihe von Corona-Maßnahmen verständigt, um eine vierte Infektionswelle nach den Ferien abzuwenden. Beim Abschied von der alleinigen Orientierung am Inzidenzwert konnten sich Bund und Länder allerdings lediglich auf eine vage Formel einigen. Die Frage, wann welche Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie in Kraft gesetzt werden, solle künftig nicht mehr allein vom Inzidenzwert abhängig gemacht werden. Auch Kennzahlen wie die Impfquote, die Zahl der schweren Krankheitsverläufe und die Auslastung der Intensivstationen müssten "berücksichtigt" werden, heißt es in dem Beschluss. Verbindliche Größen legten die Regierungschefs aber noch nicht fest.
Hausärzte: "Verharren in angstbehafteter Krisensituation"
Nach dem Beschluss des Bund-Länder-Gipfels basiert auch die Anwendung der neuen "3G"-Regel weiterhin auf dem Inzidenzwert. "3G" besagt: Zugang zu Innenraum-Angeboten soll künftig nur noch bekommen, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Als neue Kennzahl vereinbarten Bund und Länder einen Inzidenzwert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche: Wenn der Wert in einem Landkreis stabil unter dieser Zahl liegt, können die Länder die 3G-Regel ganz oder teilweise aussetzen.
Nach dem Gipfel kritisierten die Deutschen Hausärzte die anhaltende Ausrichtung der Corona-Politik am Inzidenzwert. Es hätte "endlich eines bundeseinheitlichen, umfassenden Bewertungssystems des Pandemiegeschehens auf Basis unterschiedlicher Faktoren bedurft", sagt der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Virus könne "Teil eines Alltags" werden, der Risiken mitbedenke, "ohne in der angstbehafteten Krisensituation zu verharren".
Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts