Nach Asyl-Skandal in Bremen Bamf kontrolliert zehn weitere Außenstellen
20.05.2018, 06:41 Uhr
Das Bamf steht wegen der unrechtmäßigen Genehmigung von Hunderten Asylanträgen in der Kritik.
(Foto: picture alliance / Daniel Karman)
Weil es Abweichungen "nach oben und unten" gibt, soll das Bundesflüchtlingsamt mehr Außenstellen überprüfen als bislang bekannt. Auch die Dolmetscher der Behörde stehen auf dem Prüfstand. Viele sollen nicht ausreichend qualifiziert gewesen sein.
Nach den Unregelmäßigkeiten bei Asylbescheiden in Bremen überprüft das Bundesflüchtlingsamt zehn weitere Außenstellen. Dort sind jeweils Abweichungen von den durchschnittlichen Schutzquoten um zehn Prozentpunkte aufgefallen, und zwar nach oben ebenso wie nach unten, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mitteilte. Sie widersprach damit einem Bericht der "Bild am Sonntag", die über 13 weitere Außenstellen geschrieben hatte, die kontrolliert werden sollten. Nun würden laut Sprecherin in repräsentativen Stichproben insgesamt 8500 Fälle aus dem Jahr 2017 überprüft.
Darüber hinaus geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) demnach Unklarheiten bei Asylbescheiden in seiner Außenstelle im rheinland-pfälzischen Bingen nach. Dort hat ein Mitarbeiter am 6. Februar die Nürnberger Zentrale um eine Überprüfung von Verfahren gebeten. "Hintergrund des Hinweises sind fachlich divergierende Einschätzungen über asylverfahrensrechtliche Bewertungen zwischen den Mitarbeitern in der Außenstelle", erklärte die Ministeriumssprecherin.
Dem Ressort von Minister Horst Seehofer lägen nach aktuellem Erkenntnisstand keine Hinweise auf weitere Überprüfungen etwa in Gießen und Karlsruhe vor, über die die "Augsburger Allgemeine" berichtet hatte. Unterdessen hat Seehofer die Stelle des Leiters der Abteilung Migration in seinem Ministerium am 2. Mai neu besetzt. "Dies erfolgte im Rahmen einer organisatorischen und personellen Neuausrichtung des Hauses und stand in keiner Weise im Zusammenhang mit den Vorfällen im Bamf", erklärte die Ministeriumssprecherin dazu.
Bamf-Chefin Jutta Cordt sagte am Freitag, rund 18.000 positive Asylbescheide würden nochmals überprüft. Nach ihren Angaben wird die Überprüfung aller Bremer Verfahrensakten seit dem Jahr 2000 ungefähr drei Monate dauern.
Nur 620 Dolmetscher vereidigt
Die Zeitungen der "Funke Mediengruppe" berichteten derweil, das Bamf wolle die Qualität der Sprachübersetzungen in Asylverfahren erhöhen. Dazu habe die Behörde unter anderem Dolmetscher-Schulungen auf den Weg gebracht. Hintergrund für die Maßnahme sei Kritik an mangelnder fachlicher Ausbildung vieler Übersetzer, die eine erhebliche Rolle bei der Entscheidung von Asylanträgen spielten.
Im April hatte das Bundesamt die Zusammenarbeit mit mehr als 2000 Dolmetschern beendet, weil sie aus Sicht der Behörde nicht neutral oder vertrauenswürdig erschienen, unpünktlich waren oder Standards nicht einhielten. Auch in die Affäre um mutmaßlich manipulierte Asylentscheidungen in Bremen soll ein Dolmetscher verwickelt sein.
Derzeit arbeiten laut "Funke Medien" rund 5.800 Dolmetscher im Auftrag des Bundesamtes. Nur rund 620 seien vor Gericht vereidigt. Mehrere Übersetzer berichteten den Zeitungen von mangelnder Einarbeitung, schlechter Bezahlung und Stresssituationen. Sie gaben demnach an, nie eine Ausbildung in diesem Bereich gemacht zu haben. "Ich bin einfach zum Amt gegangen und habe gesagt, ich möchte hier arbeiten", berichtete ein junger Mann aus Berlin. Einen Nachweis über seine Kenntnisse habe er nie erbringen müssen.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa