Grünen-Chef zu Merz' "Stadtbild" Banaszak fordert an "diesen Orten generell mehr Staat"
27.10.2025, 11:48 Uhr Artikel anhören
Grünen-Chef Felix Banaszak meint, in der sogenannten "Stadtbild"-Debatte werde "gerade viel aneinander vorbei" geredet. Um Straßen und Bahnhöfe sicherer zu machen, fordert er mehr Polizei und Sozialarbeit. Rufe nach mehr Kameras sieht der Duisburger skeptisch.
In der Debatte um die "Stadtbild"-Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz wirbt Grünen-Chef Felix Banaszak um Anstrengungen für ein besseres Sicherheitsgefühl. Bei ntv bekräftigte der Co-Parteivorsitzende seine Forderung nach mehr Polizei auf Straßen und an Bahnhöfen. "Das ist sicherlich so, an manchen Stellen braucht es davon mehr. Und ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen. Es braucht an diesen Orten generell mehr Staat", sagte Banaszak in der Sendung Frühstart.
Staat könne aber auch heißen, dass Sozialarbeit gestärkt werde und Menschen abgeholt würden, bevor sie in irgendeiner Form "austicken", so Banaszak. "Weil das, was wir in den Bahnhöfen erleben - und das ist übrigens ganz unabhängig von Migration - das ist ja häufig das Ergebnis davon, dass Präventionsangebote nicht genutzt wurden, nicht funktioniert haben, nicht genug ausgebaut wurden."
Den Vorschlag des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, an Bahnhöfen Kameraüberwachung mit künstlicher Intelligenz einzusetzen, sieht Banaszak dagegen skeptisch. "Das Problem ist, dass immer dann, wenn wir über Sicherheit sprechen, die Kassenschlager der letzten Jahre und Jahrzehnte wieder rausgeholt werden und man einfach sagt: Wenn da eine Kamera hängt, dann ist das Problem schon gelöst." Entscheidend sei, dass es jemanden gebe, der bei Gefahr eingreifen könne. "Wenn eine Kamera hängt, aber niemand dahinter sitzt, der sich anguckt, was da passiert, schreitet in der aktuellen Situation auch niemand ein."
"Wir reden gerade viel aneinander vorbei"
In der "Stadtbild"-Debatte sei es ihm wichtig, zwei Seiten aufzuzeigen, sagte Banaszak: "Das eine ist: Friedrich Merz hat mit dieser Aussage Menschen verletzt. Er hat sie verunsichert." Viele fragten sich, ob sie eigentlich zu diesem Land gehören, wenn der Bundeskanzler sie so pauschal als Problem beschreibt und Abschiebungen als Lösung für jedes Problem darstellt - ob in Duisburg, am Frankfurter Hauptbahnhof oder anderswo. Andererseits räumte Banaszak Probleme ein, die nicht leicht zu besprechen seien. "Wenn ich durch Duisburg laufe oder an irgendeinem Großstadtbahnhof aus dem Zug aussteige, dann sehe ich, dass dort Situationen sind, in denen ich mich nicht wohlfühle, in denen andere Menschen sich auch nicht wohlfühlen", so der Grünen-Chef. "Und ich habe das Gefühl, wir reden gerade viel aneinander vorbei."
Banaszak sagte, er wolle die Wahrnehmung der Menschen aufgreifen, aber nicht wie Friedrich Merz. Der Bundeskanzler sage: "Wenn wir jetzt eine härtere Migrationspolitik machen und mehr abschieben, dann sind wir alle Probleme von Armut, Drogenkriminalität und, und, und los." Das findet Banaszak falsch, dennoch wolle er auf die Sorgen derjenigen eingehen, die sich von Merz verstanden fühlten. Denn: Zu negieren, dass es Menschen so gehe, führe dazu, dass sich die Gesellschaft weiter polarisiere und man keinen Weg zueinander finde. Neben Linke und Teilen der SPD hatte es auch aus Reihen der Grünen teils scharfe Kritik an Merz' Äußerungen gegeben.
Banaszak wenig begeistert von "Stadtbild"-Gipfel
Zu einem Stadtbild-Gipfel, wie ihn die SPD vorschlägt, äußerte sich der Grünen-Chef zurückhaltend: "Diese ganzen Gipfeleien deuten an: Danach gibt es die riesigen Lösungen und das führt nur zu Frustration, weil sich aller Voraussicht nach nicht jedes Problem, das es bei mir im Duisburger Norden gibt oder im Frankfurter Bahnhofsviertel oder wo auch immer, dadurch lösen lässt, dass der Kanzler mal ein paar Leute einlädt", sagte Banaszak.
"Aber was ich mir wünsche, ist tatsächlich, dass der Bundeskanzler und die Bundesregierung nicht nur so was daher raunt und einfach mal so ein Problem in den Raum stellt, sondern sich tatsächlich darum bemüht, die dahinterliegenden Probleme anzugehen." Armut, strukturelle Arbeitslosigkeit und organisierte Kriminalität könne man nicht über Interviews bekämpfen, sondern nur durch Handeln. "Wenn die Bundesregierung dafür einen Gipfel braucht, weil sie ansonsten keinen Weg findet: meinetwegen."
Quelle: ntv.de, kku/shu