Sicherheitsgipfel im Kanzleramt? SPD will "Stadtbild" auf höchster Ebene angehen
27.10.2025, 07:26 Uhr Artikel anhören
Schwarz-Rot kann den "Stadtbild"-Streit nicht befrieden - im Gegenteil.
(Foto: picture alliance / Ipon)
Sozialdemokraten wehren sich gegen eine Verkürzung der Schwierigkeiten im Stadtbild auf Migration und verlangen ein gemeinsames Konzept für mehr Sicherheit. Die Union sieht allerdings keinen Bedarf für ein Spitzentreffen im Kanzleramt.
In der anhaltenden Debatte über mehr Sicherheit im öffentlichen Raum fordert die SPD ein Spitzentreffen im Kanzleramt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic, der mit neun weiteren Abgeordneten einen Acht-Punkte-Plan zur "Stadtbild"-Debatte verfasst hat, sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich erwarte, dass der Kanzler Vertreter von Großstädten, kommunalen Verbänden und den Fraktionen zu einem Stadtbild-Gipfel an einen Tisch holt, wie beim Stahl- oder Automobil-Gipfel." Die Union sieht dafür keine Notwendigkeit.
Die Gruppe der SPD-Abgeordneten hatte in ihrem Plan "für ein soziales, sicheres und solidarisches Stadtbild" geschrieben: "Schwierigkeiten im Stadtbild haben vielfältige Ursachen: soziale Missstände, Wohnungsnot, Verwahrlosung öffentlicher Räume, fehlende soziale Infrastruktur und unzureichende Prävention." Wer die Debatte auf Asyl, Flucht und Migration verenge, verhindere Lösungen. Die Autoren schlugen vor, dass sich die Koalition bis Jahresende auf ein gemeinsames Verständnis des "Stadtbilds" verständigt. "Ob im Koalitionsausschuss oder einer Arbeitsgruppe - es braucht jetzt Klarheit in dieser Debatte. Für alle Menschen in unseren Städten", heißt es in dem Papier.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese unterstützt das Anliegen der Gruppe. "Der 8-Punkte-Plan war ein Debattenbeitrag von Abgeordneten unserer Fraktion, der das Ziel hatte, die "Stadtbild"-Diskussion zu versachlichen und nicht auf das Thema Migration zu verengen. Dieses Ziel teile ich ausdrücklich", sagte Wiese der "Bild". Er betonte: "Dafür bedarf es in der Tat eines schlüssigen Konzepts. Daran sollten wir arbeiten."
Union: Weitere Erörterung nicht nötig
Die Union jedoch lehnt einen Gipfel ab. "Der Bundeskanzler hat die Problemlage klar benannt, eine weitere Erörterung ist nicht nötig", sagte Fraktionsgeschäftsführer Steffen Bilger der "Bild". "Die breite Mehrheit der Bevölkerung sowie viele SPD-Ministerpräsidenten, Landräte und Bürgermeister teilen bereits ein sehr gutes Verständnis dessen, wovon der Bundeskanzler gesprochen hat", betonte der CDU-Politiker. Die Union stehe aber für Gespräche mit der SPD über eine noch konsequentere Innenpolitik jederzeit bereit.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, kritisierte in der Zeitung das Papier aus der SPD-Fraktion. Es rede an den Themen vorbei, die die Menschen tatsächlich beschäftigten.
Auslöser der Debatte war eine Äußerung von Merz vom 14. Oktober. Er sagte, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, "aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen". Später sagte er auf Nachfrage: "Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte."
Demos gegen Merz' Aussagen
Am Mittwoch konkretisierte er dann, Probleme würden diejenigen Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten.
Auch nach der Konkretisierung halten die Demonstrationen gegen die Merz-Aussagen an. An einer Kundgebung in Bielefeld nahm am Freitag auch SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar teil. Das sorgt für Misstöne in der Koalition.
Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin": "Opposition in der Regierung - das hat noch nie funktioniert." Bilger kritisierte im "Tagesspiegel": "Wer als SPD-Führungskraft gegen den Bundeskanzler der gemeinsamen Koalition demonstriert, trägt leichtfertig dazu bei, dass die Menschen uns weniger zutrauen, gut zu regieren."
Quelle: ntv.de, chl/dpa