Kommunalwahlen und Coronavirus Bayerns Metropolen müssen in die Stichwahl
15.03.2020, 23:16 Uhr
Münchens Oberbürgermeister Reiter bei der Stimmabgabe - aber er muss sich wohl auch noch einer Stichwahl stellen.
(Foto: dpa)
Die Beteiligung an den bayerischen Kommunalwahlen ist höher als vor sechs Jahren, und das trotz der Ausbreitung des Coronavirus. Mit Spannungen werden vor allem die Abstimmungen zu den Oberbürgermeistern erwartet. In München muss Amtsinhaber Reiter in die Stichwahl.
Die von der Coronavirus-Krise überschatteten Kommunalwahlen in Bayern werden vielerorts erst in der Stichwahl entschieden. So brachten etwa die Oberbürgermeister-Wahlen in den drei größten Städten München, Nürnberg und Augsburg im ersten Wahlgang noch keine endgültige Entscheidung. Die Stichwahlen sind für den 29. März angesetzt, also in zwei Wochen.
Landesweit zeichnete sich ungeachtet der Ausbreitung des Coronavirus eine spürbar höhere Wahlbeteiligung ab als bei der Wahl vor sechs Jahren. Grund dafür war oftmals ein großes Plus bei den Briefwählern. 2014 lag die Wahlbeteiligung bayernweit bei rund 55 Prozent - der bisherige Minus-Rekord in der Geschichte der Kommunalwahlen.
In München zeichnete sich ab, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD in die Stichwahl muss, er lag aber sehr deutlich vor seinen Herausforderinnen von Grünen und CSU. Auf Reiter entfielen nach Auszählung von rund 80 Prozent der Stimmbezirke gut 48 Prozent der Stimmen. Katrin Habenschaden von den Grünen und Kristina Frank von der CSU mit jeweils knapp 21 Prozent lagen deutlich dahinter - und lieferten sich ein enges Rennen um Rang zwei und damit den Einzug in die Stichwahl.
Stichwahlen in Nürnberg und Augsburg
In Nürnberg muss die SPD nach dem Verzicht des langjährigen Oberbürgermeisters Ulrich Maly um den Chefsessel im Rathaus bangen: Ihr Kandidat Thorsten Brehm muss in eine Stichwahl gegen Marcus König von der CSU. Die beiden Kandidaten lagen nach Auszählung von rund drei Viertel der Stimmbezirke ungefähr gleichauf bei rund 35 Prozent.
In Augsburg lag nach dem Verzicht von OB Kurt Gribl von der CSU die CSU-Kandidatin Eva Weber deutlich vorne. Sie kam nach Auszählung von etwa drei Viertel der Wahlgebiete auf fast 42 Prozent. Dahinter rangierten SPD-Bewerber Dirk Wurm mit gut 19 Prozent und Martina Wild von den Grünen mit nur etwa 0,5 Prozentpunkten weniger nahezu gleichauf.
Der einzige muslimische Bürgermeisterkandidat der CSU in Bayern, Ozan Iyibas, verlor den Kampf um den Rathausthron in Neufahrn im Einzugsgebiet des Flughafens München. Der Bankkaufmann kam auf 21,76 Prozent. Bürgermeister der Gemeinde bleibt der Grüne Franz Heilmeier, der das Rathaus seit 2014 führt und 50,66 Prozent der Stimmen erzielte. Die CSU-Spitze hatte die Kandidatur von Iyibas im Januar begrüßt. Kurz zuvor hatte im schwäbischen Wallerstein im Landkreis Donau-Ries der mögliche muslimische CSU-Bürgermeisterkandidat Sener Sahin wegen Widerstands an der eigenen Parteibasis aufgegeben.
Inmitten der Corona-Krise waren die Menschen überall in Bayern aufgerufen, die Kommunalparlamente neu zu wählen, also Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage. Fast überall standen auch Wahlen etwa der Oberbürgermeister und Landräte an. Bei bayernweit 4000 Wahlen waren damit in Summe fast 40.000 Mandate zu vergeben.
Briefwahl-Unterlagen kommen automatisch
Für die Parteien galten die Kommunalwahlen als wichtiger Stimmungstest nach der Landtagswahl 2018 und der Europawahl 2019 - wobei Kommunalwahlen traditionell stark als Persönlichkeitswahlen gelten. Viele Ergebnisse werden aber erst in den kommenden Tagen feststehen, weil Auszählungen bei Kommunalwahlen länger dauern. Stichwahlen wird es überall dort geben, wo kein Bewerber und keine Bewerberin am Sonntag mehr als 50 Prozent der Stimmen holte.
Trotz aller Fragezeichen wegen der sich verschärfenden Corona-Krise hatte die Staatsregierung am Wahltermin festgehalten. Alle nötigen Vorkehrungen seien getroffen, hatte Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder erst am Freitag noch einmal betont. Tatsächlich gab es in den Wahllokalen Waschbecken oder es standen Desinfektionsmittel bereit. Für die für 29. März geplanten Stichwahlen hat die Staatsregierung in einem Punkt schon vorgesorgt: Die Wähler sollen ganz automatisch und ohne vorherigen Antrag Briefwahl-Unterlagen per Post bekommen.
Die CSU stellte bislang 53 der insgesamt 71 Landräte im Freistaat. Zwölf Landräte gehörten den Freien Wählern an, vier der SPD und zwei den Grünen. Von den 25 Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte gehörten bislang elf der CSU an. Eine Besonderheit ist Würzburg, wo ein CDU-Mann unter anderem auf CSU-Ticket auf dem Chefsessel saß. Die SPD hatte bei den vergangenen Wahlen 10 OB-Posten gewonnen. Ein OB in Bayern war bislang FDP-Mitglied, eine Oberbürgermeisterin zählte zu den Freien Wählern, bislang eine Oberbürgermeisterin war parteilos.
CSU-Chef Markus Söder erklärte die Grünen zum großen Verlierer der Wahlen, deren Erfolge seien "nicht messbar". Aus Sicht der meisten Wähler seien die Grünen sicher eine "interessante politische Gruppierung", aber wenn die Lage schwer sei, setzten die Bürger "zurecht auf Stabilität". Auch Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger erklärte die Grünen zu Wahlverlierern.
Die Grünen selber setzten aber noch auf viele positive Ergebnisse. "Wir bekommen zahlreiche erfreuliche Ergebnisse aus ganz Bayern", sagte Landeschefin Eva Lettenbauer. Für die Grünen sei ganz klar, "wir wollen Verantwortung übernehmen". Auch der Co-Vorsitzende Eike Hallitzky sagte: "Wir wissen, dass unsere langjährige Arbeit Früchte trägt."
Quelle: ntv.de, mli/dpa