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Motiv für Kriegsbeteiligung? Bericht: Emirate importieren tonnenweise Gold aus dem Sudan

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Kaum vorstellbare Zahlen: Die RSF-Miliz soll nach der Eroberung der Stadt Al-Faschir mehr als 2000 Zivilisten hingerichtet haben.

Kaum vorstellbare Zahlen: Die RSF-Miliz soll nach der Eroberung der Stadt Al-Faschir mehr als 2000 Zivilisten hingerichtet haben.

(Foto: picture alliance / Hans Lucas)

Im Sudan tobt seit mehr als zwei Jahren ein Bürgerkrieg. Entscheidenden Einfluss auf das blutige Geschehen sollen als Waffenlieferant die Vereinigten Arabischen Emirate nehmen. Der reiche Golfstaat weist den Vorwurf zurück. Die Außenhandelszahlen nähren den Verdacht jedoch.

Die Goldausfuhren aus dem Bürgerkriegsland Sudan liefern laut einer Schweizer Nichtregierungsorganisation (NGO) weitere Hinweise auf eine Verwicklung der Vereinigten Arabischen Emirate in den blutigen Konflikt. Die deutliche Zunahme dieser Ausfuhren in die Emirate in diesem Jahr sei ein Indiz für die Verflechtungen, erklärt Swissaid unter Berufung auf eine UN-Datenbank. Der sudanesische Botschafter bei der Uno in Genf rief die internationale Staatengemeinschaft auf, Druck auf die Emirate auszuüben.

Laut Swissaid wurden 2024 insgesamt 29 Tonnen Gold aus dem Sudan in die Vereinigten Arabischen Emirate exportiert. Im Jahr zuvor waren es 17 Tonnen. Die Emirate bezogen zudem 18 Tonnen Gold aus dem Tschad und 9 Tonnen aus Libyen. Swissaid zufolge sind diese beiden Länder als "Ausgangstore" eng mit dem Goldhandel der sudanesischen RSF-Miliz verstrickt: "Dieses Schema und diese Ströme bestätigen die Rolle der Emirate als wichtigstes Ziel für sudanesisches Schmuggelgold", erklärt die NGO.

Swissaid bezieht sich bei den Angaben auf Außenhandelszahlen der Emirate. Diese wurde laut der NGO am 31. Oktober auf der Plattform UN Comtrade veröffentlicht und mittlerweile wieder gelöscht.

Der Waffenlieferant ist "wohlbekannt"

Der sudanesische Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf, Hassan Hamid, warf den Emiraten vor, die RSF-Miliz zu unterstützen. Der Waffenlieferant für die Miliz "ist wohlbekannt", sagte Hamid vor Journalisten. "Leider sind es die Vereinigten Arabischen Emirate."

Die Staatengemeinschaft müsse "öffentlich entschieden Druck auf die Vereinigten Arabischen Emirate ausüben, damit sie sofort aufhören, eine solche Terrormiliz zu bewaffnen und zu finanzieren". Hamid forderte zudem Sanktionen gegen die RSF-Miliz.

Der Sudan versinkt seit mehr als zwei Jahren im Bürgerkrieg. Seit April 2023 bekämpfen sich die Armee von Militärherrscher Abdel-Fattah al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo. Mit der Einnahme der Stadt Al-Faschir vor mehr als einer Woche kontrolliert die RSF inzwischen alle fünf größeren Städte in der Region Darfur. Den Emiraten wird vorgeworfen, den Konflikt mit Waffenlieferungen an die RSF anzuheizen, was der reiche Golfstaat kategorisch zurückweist.

Nach Beratungen des Souveränitätsrats des Sudan über einen Waffenruhe-Vorschlag der USA verkündete der sudanesische Verteidigungsminister Hassan Kabrun derweil, die Armee werde ihren Kampf gegen die RSF-Miliz fortsetzen. "Vorbereitungen für den Kampf des sudanesischen Volkes dauern an", sagte Kabrun in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede, nachdem er der US-Regierung für ihre "Bemühungen und Vorschläge für ein Erreichen des Friedens" gedankt hatte. Die Vorbereitungen der Armee für den Krieg seien ein "legitimes nationales Recht".

Verheerende Lage in Al-Faschir

Dass die Leidtragenden in dem Bürgerkrieg im Sudan besonders Zivilisten sind, belegt unterdessen eine Analyse der Nachrichtenagentur AFP von Zahlen der Nichtregierungsorganisation Acled. Demnach war der vergangene Oktober der folgenschwerste Monat hinsichtlich der Fälle von Gewalt gegen Zivilisten seit dem Ausbruch des Krieges im April 2023. Insgesamt wurden demnach 1545 Menschen getötet. Seit April 2023 wurden insgesamt fast 49.800 Menschen im Sudan getötet, fast 15.300 von ihnen im Zusammenhang mit Gewalt gegen Zivilisten.

Aus Al-Faschir konnten nach UN-Angaben 65.000 Menschen fliehen, Zehntausende sind in der Stadt gefangen. Es gibt zahlreiche Augenzeugenberichte über Massenhinrichtungen, Vergewaltigungen und weitere Gräueltaten in der Stadt. Aus Angst vor den sich ausweitenden Kämpfen flohen zuletzt auch aus der Nachbarregion Kordofan zehntausende Zivilisten.

UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien auf, "sich an den Verhandlungstisch zu setzen und diesem Albtraum der Gewalt ein Ende zu setzen - jetzt". Er warnte davor, dass "die schreckliche Krise im Sudan außer Kontrolle gerät".

Die Grünen im Bundestag beantragten eine Aktuelle Stunde zur Lage im Sudan und forderten von der Bundesregierung mehr Druck auf die Konfliktparteien. "Die aktuellen Berichte über Massenhinrichtungen, Vergewaltigungen und Vorwürfe zu ethnischen Säuberungen durch RSF-Milizen bei der Einnahme von Al-Faschir sind schockierend", sagte Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic der Nachrichtenagentur AFP. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen, der Druck auf Unterstützerstaaten der Kriegsparteien müsse erhöht und die Zivilgesellschaft geschützt werden. Die Aktuelle Stunde soll voraussichtlich an diesem Donnerstag stattfinden.

Quelle: ntv.de, chr/AFP

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