Kein Platz mehr in Stadtstaaten Berliner Senatorin nennt Flüchtlingsverteilung überholt
31.07.2023, 15:09 Uhr Artikel anhören
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Königsteiner Schlüssel regelt in Deutschland, wie viele Asylbewerber ein Bundesland aufnehmen muss. Doch die Berliner Senatorin für Integration hält diesen Mechanismus für nicht mehr zeitgemäß. Gibt es keine Neuregelung, droht ihr zufolge im zweiten Halbjahr die Einrichtung von Zeltunterkünften.
Berlins Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe fordert angesichts steigender Flüchtlingszahlen Änderungen am deutschen Verteilungsmechanismus. "Wir brauchen eine Reform des Königsteiner Schlüssels, wir brauchen eine Sonderregel für Stadtstaaten wie Berlin", sagt die SPD-Politikerin in einem Interview.
Zur Begründung verweist Kiziltepe darauf, dass dicht besiedelte Stadtstaaten wie Berlin naturgemäß begrenzt Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung hätten. Der aktuelle Schlüssel, der die Verteilung der Menschen auf die Länder unter anderem auf Basis von deren Einwohnerzahl regelt, sei nicht mehr zeitgemäß. Nach eigenen Angaben führt die Senatorin darüber bereits Gespräche mit den beiden anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen.
In Deutschland legt der Königsteiner Schlüssel fest, wie viele Asylbewerber ein Bundesland aufnehmen muss. Berechnet wird dies auf Basis der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl. Auf Berlin entfallen laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 5,2 Prozent. Hinzu kommen nach wie vor viele Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg flüchten - und von denen viele derzeit privat unterkommen. "Natürlich zieht es diese Menschen oft nach Berlin, weil wir hier eine hohe Willkommenskultur haben und auch bei unseren Integrationsleistungen bundesweit Vorreiter sind", sagt Kiziltepe.
"Notvariante"
Laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) hat Berlin im ersten Halbjahr etwa 16.000 Geflüchtete aufgenommen. Es handelt sich um 7473 Asylbewerber - ein Plus von mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum - sowie um 8502 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die einen anderen Aufenthaltsstatus haben.
Kiziltepe geht auf Basis von Prognosen davon aus, dass bis Jahresende weitere 10.000 bis 12.000 Geflüchtete nach Berlin kommen und zu deren Unterbringung auch zeltähnliche Hallen als Provisorien herangezogen werden könnten. Dies sei eine "Notvariante, die wir als zeitlich begrenzte Lösung sehen".
Quelle: ntv.de, chr/dpa