Politik

"Das ist nicht akzeptabel" Pistorius geht auf Konfrontationskurs zu Trump-Vize Vance

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Pistorius verteidigt in seiner Rede die europäische Demokratie gegen die Vorwürfe von Vance.

Pistorius verteidigt in seiner Rede die europäische Demokratie gegen die Vorwürfe von Vance.

(Foto: picture alliance/dpa)

US-Vizepräsident J.D. Vance teilt in seiner Rede gegen die europäischen Staaten aus. Die Meinungsfreiheit sei eingeschränkt, behauptet der Republikaner. Verteidigungsminister Pistorius kontert.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat US-Vizepräsident J.D. Vance wegen dessen Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz scharf angegriffen. "Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst. Das ist das Selbstverständnis der Bundeswehr und steht dafür auch für unsere Demokratie. Diese Demokratie wurde vom US-Vizepräsidenten für ganz Europa vorhin infrage gestellt", so Pistorius.

"Er spricht von 'annihilation of democracy' ('Auslöschung der Demokratie') und wenn ich ihn richtig verstanden habe, vergleicht er Zustände in Teilen Europas mit denen in autoritären Regimen", so Pistorius. "Meine Damen und Herren, das ist nicht akzeptabel", sagte der Verteidigungsminister und erhielt anhaltenden Beifall vom Publikum der Münchner Konferenz. "Das ist nicht das Europa und nicht die Demokratie, in der ich lebe und gerade Wahlkampf mache."

Pistorius kritisierte auch weitere Ausführungen von Vance. Der Trump-Vize zeichne ein Zerrbild des Zustandes der Demokratie. "In dieser Demokratie hat jede Meinung eine Stimme", sagte der SPD-Politiker. Die Demokratie mache es erst möglich, dass teils extremistische Parteien, wie die AfD, "ganz normal" Wahlkampf machen. Und im Unterschied zu anderen Staaten seien in Deutschland in Pressekonferenzen auch Medien zugelassen, "die russische Propaganda verbreiten".

Ausgeschlossen werde niemand, nur weil er unser "Wording" nicht teile, so der SPD-Politiker. Damit spielt Pistorius auf den wiederholten Ausschluss von Journalisten der Nachrichtenagentur AP von Veranstaltungen im Weißen Haus an. Begründet wurde dies damit, dass die Agentur sich nicht an die neue - von Trump erlassene - Bezeichnung "Golf von Amerika" für den "Golf von Mexiko" halte.

Vance schießt gegen Europäer

"Demokratie bedeutet nicht, dass die laute Minderheit automatisch recht hat und die Wahrheit bestimmt", so der SPD-Politiker. "Ich trete dem Eindruck energisch entgegen, dass in unserer Demokratie Minderheiten unterdrückt oder zum Schweigen gebracht werden."

"Demokratie muss sich wehren können gegen Extremisten, die sie zerstören wollen", erklärte der Bundesverteidigungsminister. Er sei froh, dankbar und stolz in einem Europa zu leben, das die Demokratie gegen seine inneren und äußeren Feinde jeden Tag verteidigt.

Vance hatte zuvor in seiner Rede zu Beginn der Sicherheitskonferenz hart gegen die europäischen Staaten ausgeteilt und diesen vorgeworfen, die Meinungsfreiheit einzuschränken, Zensur zu betreiben und gemeinsame Grundwerte zu vernachlässigen. Vance führte das Vorgehen der EU-Kommission gegen soziale Netzwerke oder auch angebliche antichristliche Vorfälle in Schweden und Großbritannien als Beispiele für seine Ausführungen an. Der Republikaner erklärte, er sei derzeit am meisten wegen der "Gefahr von innen" besorgt und nicht externen Akteuren, wie Russland oder China.

Pistorius: Freunde müssen sich Meinung sagen können

Er kritisierte auch - ohne die AfD namentlich zu erwähnen - den Umgang mit der Rechtsaußenpartei. "Die Demokratie beruht auf dem heiligen Prinzip, dass die Stimme des Volkes zählt. Es gibt keinen Platz für Brandmauern", so der Trump-Vize. "Entweder man hält das Prinzip aufrecht oder man hält es nicht ein."

Anspannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis sieht Pistorius durch seine Aussagen nicht erwachsen. "Manchmal scheint es, so ist ja auch die Herangehensweise auf der Seite unserer amerikanischen Freunde, dass man die Diktion, die Wortwahl und die Tonlage verändert, warum auch immer", so der Verteidigungsminister bei RTL/ntv.

"Wir sind nur selbstbewusst genug als Europäer und als Deutsche zu sagen, also an der Stelle ist mal Schluss, das müssen wir uns nicht sagen lassen. Und gleichzeitig ändert das überhaupt nichts an den starken transatlantischen Bändern. Wie heißt es so schön, auch Freunde müssen sich mal gegenseitig die Meinung sagen können."

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte mit scharfer Kritik auf Vance Äußerungen. Er weise "ausdrücklich zurück, was Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt habe", erklärte Scholz auf X. Die demokratischen Parteien in Deutschland hätten wegen der Erfahrungen des Nationalsozialismus "einen gemeinsamen Konsens: Das ist die Brandmauer gegen extrem rechte Parteien".

Quelle: ntv.de, lme

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen