Russische Truppen vor Ukraine Botschafterin hält Großangriff für unwahrscheinlich
23.12.2021, 05:26 Uhr
NATO-Generalsekretär Stoltenberg ruft Russland auf, die Streitkräfte vor der Grenze zur Ukraine abzuziehen.
(Foto: imago images/SNA)
Die Konzentration russischer Truppen nahe der ukrainischen Grenze sorgt für Verunsicherung. Eine Invasion fürchtet die deutsche Botschafterin in der Ukraine aber nicht. Die Warnungen aus der EU seien in Moskau angekommen. Russlands EU-Botschafter bemüht sich derweil, Bedenken zu zerstreuen.
Die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, hält einen großangelegten Angriff Russlands auf das Land für wenig wahrscheinlich. Deutliche Worte europäischer Politiker und eine frühzeitige Koordinierung hätten die richtigen Signale Richtung Moskau gesendet, schrieb Feldhusen in einer Mail an Bundesbürger, die in der Ukraine leben. "In den vergangenen Wochen konnten wir zudem keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze mit der Ukraine feststellen. Insofern halte ich die Wahrscheinlichkeit eines breiten Angriffs Russlands weiter für niedrig."
Die Diplomatin betonte aber auch: "Wie alle unsere Partner nehmen auch wir und nehme ich das russische Vorgehen sehr ernst." In dieser Situation müssten "Ruhe und Besonnenheit, aber auch Achtsamkeit" an den Tag gelegt werden, so wie es die neue Bundesregierung zeige. Seit Wochen sorgen Berichte über angebliche russische Vorbereitungen auf einen Einmarsch in die Ukraine international für Beunruhigung.
Russlands EU-Botschafter, Wladimir Tschischow, bemühte sich in der "Welt", die Bedenken zu zerstreuen: "Ich kann versichern, dass keine russischen Truppen mit den Vorbereitungen für eine Invasion in die Ukraine beschäftigt sind", sagte er der Zeitung. Er verstehe nicht, warum Europa so besorgt über russische Truppenbewegungen sei, die sich auf Russlands eigenem Territorium abspielten. "Nicht ein einziger russischer Soldat hat sich jenseits der russischen Grenze bewegt", so Tschichow. Russland verfolge zwar eine Politik, die russischsprachige Bevölkerungsgruppen, die in anderen Ländern leben, unterstützt. "Aber Russland hat niemals gesagt, dass wir beabsichtigen, dazu militärische Mittel einzusetzen", betonte Tschischow laut "Welt".
Stoltenberg: keine Verzichtserklärung der NATO
Nach Angaben des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg geht es mittlerweile um Zehntausende Soldaten, die Russland in der Nähe der Ukraine zusammengezogen hat. "Es ist ein bedeutender militärischer Aufbau, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass dieser Aufmarsch stoppt oder sich verlangsamt", sagte er. Stoltenberg rief den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dazu auf, die bevorstehenden Feiertage für einen Rückzug seiner Streitkräfte von der ukrainischen Grenze zu nutzen. Russland habe die Möglichkeit, ein friedliches und erholsames Weihnachtsfest für alle zu gewährleisten, sagte er.
Offen ließ der Norweger, ob er hinter den Truppenbewegungen vornehmlich den Versuch Russlands vermutet, Zugeständnisse der NATO in Sicherheitsfragen zu erpressen. "Es gibt Unsicherheit über die russischen Absichten", sagte er. Stoltenberg verwies darauf, dass Russland bereits im Zuge der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim Gewalt gegen die Ukraine eingesetzt habe. Mit Blick auf die russischen Forderungen nach zusätzlichen Sicherheitsgarantien der NATO zeigte er sich gesprächsbereit - erteilte allerdings Vorstellungen eine Absage, dass die NATO zum Beispiel den Verzicht auf eine Aufnahme der Ukraine erklären könnte. "Wir sind bereit, uns mit Russland im NATO-Russland-Rat zusammenzusetzen und zu reden. Allerdings werden wir keine Kompromisse bei Grundprinzipien eingehen".
Russland hatte der NATO, den USA und ihren Verbündeten vergangene Woche Vorschläge für eine Vereinbarung zum Ende der NATO-Osterweiterung vorgelegt. Darüber soll nach Kreml-Angaben von Januar an mit den USA verhandelt werden.
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa