"Kalter Zynismus"Breite Kritik an Streecks Medikamentenvorschlag für Ältere

Hochbetagten Patienten sollten teure Medikamente vorenthalten werden, findet der CDU-Politiker Hendrick Streeck. Doch der Vorschlag des Gesundheitsexperten stößt auf scharfe Kritik. Von Diskriminierung und "kaltem Zynismus" ist die Rede.
Die Überlegungen des CDU-Gesundheitspolitikers Hendrik Streeck, sehr alten Menschen bestimmte besonders teure Medikamente nicht mehr zu verordnen, stoßen auf breite Kritik. "Ein älterer Mensch hat genau denselben Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung wie ein junger", schrieb FDP-Politiker Wolfgang Kubicki auf X. Man müsse über Effizienz im Gesundheitssystem reden, aber "dieser kalte Zynismus von Hendrik Streeck stößt mich ab".
"Solche Gedankenspiele von einem CDU-Gesundheitspolitiker sind nur noch beschämend", sagte Linksfraktionschef Sören Pellmann der "Rheinischen Post". "Diese Debatte zu eröffnen, sägt weiter am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Streeck muss seinen Vorstoß mal ausbuchstabieren: Ab welchem Alter soll denn ein Leben aus seiner Sicht nicht mehr schützenswert sein – ab 85, 90, 95?"
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz widersprach Streeck. "Das Grundgesetz garantiert jedem die Menschenwürde", monierte Vorstand Eugen Brysch. "Hendrik Streeck diskriminiert mit seinen Äußerungen unverhohlen alte Menschen. Jeder hat den gesetzlichen Anspruch auf eine bestmögliche Medikamentenversorgung." Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, schrieb auf X: "Rechtlich, medizinisch & ökonomisch ist das Unfug." Nicht das Alter sei entscheidend über Nutzen und Kosten einer Therapie, sondern die Nähe zum Lebensende.
Streeck, der auch Drogenbeauftragter der Bundesregierung ist, hatte bei Welt TV gesagt, es brauche in der medizinischen Selbstverwaltung "klarere und verbindliche Leitlinien, dass bestimmte Medikamente auch nicht immer ausprobiert werden sollten – es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte".
Er verwies als Beispiel auf fortgeschrittene Krebserkrankungen und nannte exemplarisch 100-Jährige. Streeck sprach auch von persönlichen Erfahrungen vor dem Tod seines an Lungenkrebs erkrankten Vaters. "Es wurde in den letzten Wochen, wo er gestorben ist, so viel Geld ausgegeben. Und es hat nichts gebracht. Es wurden die neuesten Therapien aufgefahren. Es hat nichts gebracht."
Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung wird vom sogenannten Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt, einem Gremium mit Vertretern der Ärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser und anderen. Pellmann forderte eine Begrenzung der Preise neuer Arzneien, denn diese seien in den vergangenen Jahren explodiert.