Überraschende Wendung im Prozess Britischer Politiker gesteht Bestechung durch Kreml
28.09.2025, 16:26 Uhr Artikel anhören
Gill will vor dem Haftantritt noch einmal seine fünf Kinder sehen.
(Foto: picture alliance / empics)
Sechs Jahre lang sitzt Nathan Gill im Europäischen Parlament. Dort vertritt er teilweise Positionen, die den Kreml stärken - nur wenige Monate vor dem Überfall auf die Ukraine. Der Politiker bestreitet lange Zeit, dafür Geld genommen zu haben. Jetzt legt er doch ein Geständnis ab.
Nathan Gill, ehemaliger Landeschef der britischen Reform-Partei in Wales, hat vor Gericht gestanden, sich von Russland bezahlt lassen zu haben, um Kremlpositionen zu vertreten. Zwischen dem 6. Dezember 2018 und dem 18. Juli 2019 hat er Geld angenommen, um im prorussischen Fernsehen in der Ukraine aufzutreten, berichtete BBC aus dem Gerichtsprozess, der bereits seit Anfang des Jahres andauert. Auch soll er gegen Bezahlung Veranstaltungen mit prorussischen Politikern organisiert haben.
Von 2014 bis 2020 saß der heute 52-Jährige im Europäischen Parlament. Er wurde ursprünglich für die UK Independence Party ins Europaparlament gewählt, verließ diese jedoch im Dezember 2018. Daraufhin vertrat er die Brexit-Partei in Brüssel.
Im Februar hatte Gill in acht Anklagepunkten der Bestechlichkeit und einem weiteren der Verschwörung zum Begehen einer Bestechungstat auf nicht schuldig plädiert. Jetzt legte er die Kehrtwende hin und gestand in einem Punkt. Zum Verhängnis wurden dem rechten Politiker dabei mehrere Whatsapp-Nachrichten, die belegen, dass er Geld von Oleg Woloschyn angenommen hatte.
Kremltreue Positionen im EU-Parlament
Durch die Vermittlung Woloschyns stärkte Gill die russische Position im Ukraine-Konflikt, nicht nur im EU-Parlament, sondern auch in der Ukraine selbst. In ukrainischen Fernsehinterviews äußerte sich Gill prorussisch. Auch äußerte sich der Reformer im Europäischen Parlament prorussisch, nachdem er Geld dafür angenommen hatte.
Woloschyn war ein prorussischer Politiker aus der Ukraine. Er setzte sich zehn Tage vor der russischen Invasion ins Ausland ab. 2023 wurde Woloschyn des Hochverrats angeklagt, da er "die militärisch-politische Führung Russlands bei subversiven Aktivitäten gegen die Ukraine unterstützt" habe. Von ihm fehlt seither jede Spur.
"Nathan Gill hat zugegeben, im Europäischen Parlament oder in Verbindung mit diesem Fragen gestellt, Erklärungen abgegeben und andere Aktivitäten durchgeführt zu haben, um prorussische Parteien im Ukraine-Konflikt zu unterstützen", resümierte Richterin Cheema-Grubb am Freitag. "Dieser Fall berührt den Kern unserer demokratischen Werte, und wie wir hier gezeigt haben, werden wir nicht zögern, gegen jeden zu ermitteln und ihn zu stoppen, der versucht, diese Werte und unsere nationale Sicherheit zu schädigen oder zu untergraben", sagte der leitende Ermittler vom Anti-Terror-Kommando der Metropolitan Police, Dominic Murphy.
Das Urteil fällt im November. Jetzt setzt sich Gills Verteidiger für eine Entlassung seines Mandanten aus der U-Haft ein. Der Politiker soll noch einmal seine fünf Kinder und seine Frau sehen dürfen. "Es wird erwartet, dass der Angeklagte unweigerlich eine sofortige Gefängnisstrafe erhält", sagte der Verteidiger.
Quelle: ntv.de, mpa