NATO-Staaten als Ziel Generalinspekteur warnt vor russischem Angriff ab 2029
08.07.2024, 01:58 Uhr Artikel anhören
Breuer fordert eine "Verstetigung" der Verteidigungsausgaben. Planungssicherheit sei wichtig.
(Foto: IMAGO/Andreas Franke)
Verteidigungsminister Pistorius wollte gut sechs Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr. Bekommen soll er 1,2 Milliarden zusätzlich. Angesichts der massiven russischen Aufrüstungsanstrengungen fordert der ranghöchste Soldat der Truppe für die nächsten Jahre deutlich mehr Geld.
Nach der Absage der Koalitionsspitzen an eine deutliche Steigerung des Verteidigungsetats 2025 erwartet Generalinspekteur Carsten Breuer Garantien für eine deutliche Aufstockung in den kommenden Jahren. "Angesichts der Bedrohungslage brauchen wir eine Verstetigung", sagte Breuer der "Süddeutschen Zeitung". Das 100-Milliarden-Sondervermögen werde bis Ende des Jahres vertraglich komplett gebunden sein. Mit der Anschaffung neuer Waffensysteme stiegen auch die Betriebskosten. "Was nützt neues Gerät, wenn die Soldaten es nicht betreiben können?"
Die Ampelspitzen - Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner - hatten sich letzte Woche auf Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Demnach soll der Verteidigungshaushalt von rund 52 Milliarden Euro im nächsten Jahr nur um etwa 1,2 Milliarden Euro wachsen - und damit deutlich weniger als vom sozialdemokratischen Minister Boris Pistorius gefordert, der mehr als 6 Milliarden Euro zusätzlich wollte.
An der Entscheidung gibt es massive Kritik. Unter anderem der Bundeswehrverband fordert deutliche Nachbesserungen. Er verweist auf die neue militärische Bedrohungslage in Europa und auf Deutschlands Verantwortung in der Welt. Scholz hält dagegen, die Bundeswehr erhalte mit dem Etatentwurf mehr Geld als in der Vergangenheit. Am Freitag hatte er erklärt, dass ab 2028, wenn das 100-Milliarden-Sondervermögen komplett ausgegeben sein wird, der reguläre Verteidigungshaushalt 80 Milliarden Euro umfassen werde.
Auch Pistorius lässt Unmut über die Folgen der Einigung erkennen. "Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen", sagte er in seiner ersten öffentlichen Äußerung seit dem Haushaltskompromiss in Alaska, wo er die Übung Arctic Defender 2024 besuchte. "Wir werden sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter ergibt. Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen."
Warnung vor russischem Angriff auf NATO-Staaten
Breuer unterstrich kurz vor dem NATO-Gipfel in Washington die Bedeutung klarer Zusagen: "Ein verlässlicher, ein steigender Verteidigungsetat ist erforderlich, um auszubilden, üben zu können und um Planungssicherheit für weiterhin notwendige Investitionen zu haben."
Der Generalinspekteur warnt, Russland könne sich um das Jahr 2029 herum auch gegen NATO-Staaten wenden, daher sei die Abschreckung so wichtig. "Russland baut derzeit ein Potenzial auf, das weit über das hinausgeht, was es für den Angriffskrieg in der Ukraine bräuchte. Die russischen Streitkräfte planen einen Aufwuchs auf 1,5 Millionen Soldaten, das sind mehr Soldatinnen und Soldaten als in der gesamten EU."
Zudem produziere Russland jedes Jahr zwischen 1000 und 1500 Panzer. "Wenn sie die fünf größten NATO-Armeen in Europa nehmen, dann haben sie dort im Bestand gerade einmal die Hälfte dessen, was Russland nun pro Jahr an Panzern aufbringt. Wir müssen vorbereitet sein."
Quelle: ntv.de, ino/dpa