Auch scharfe Munition eingesetzt Chinas Militär übt "Abriegelung" von Taiwan
10.04.2023, 06:55 Uhr Artikel anhörenPeking fühlt sich durch eine Reise von Taiwans Präsidentin in die USA provoziert. Zur Einschüchterung hält Chinas Militär große Manöver vor der Insel ab. Dabei simuliert es auch Luftangriffe. Die USA lassen ihrerseits im umstrittenen Südchinesischen Meer militärisch die Muskeln spielen.
Nach der Visite von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA haben sich die Spannungen mit China verschärft. Die chinesische Volksbefreiungsarmee setzte ihre großangelegten Militärmanöver in der Nähe Taiwans den dritten Tag in Folge fort. Das Ostkommando organisierte weitere Übungen und Patrouillen sowie Angriffe der Luftwaffe auf Landziele, wie das chinesische Militär mitteilte.
Dabei übte China nach eigenen Angaben die "Abriegelung" der Insel. Mehrere Dutzend Militärflugzeuge seien vor Taiwan im Einsatz, um eine "Luftblockade" der Insel durchzusetzen, hieß es im staatlichen chinesischen Fernsehsender CCTV. Das taiwanische Verteidigungsministerium gab an, elf chinesische Kriegsschiffe und 59 Militärflugzeuge vor der Insel gesichtet zu haben. 39 Flugzeuge hätten die früher noch respektierte, nicht offizielle Mittellinie der Meerenge der Taiwanstraße überquert und seien auch in die taiwanische Luftüberwachungszone eingedrungen, die als eine Art Pufferzone zur Volksrepublik dient.
Unter den Flugzeugen seien Kampfjets und Bomber, hieß es aus Taipeh. Bei den Übungen wurde nach chinesischen Angaben, wie im Vorfeld angekündigt, scharfe Munition eingesetzt. "Mehrere Gruppen von H-6K-Kampfflugzeugen mit scharfer Munition" hätten "mehrere Wellen simulierter Angriffen auf wichtige Ziele auf der Insel Taiwan" ausgeführt, hieß es im Sender CCTV. An den Übungen sei zudem auch der Flugzeugträger Shandong beteiligt gewesen, erklärte das territoriale Kommando Ost der chinesischen Volksbefreiungsarmee.
Warnung an "separatistische Kräfte"
Chinas Armee hatte das Manöver am Samstag als "Warnung" an "separatistische Kräfte" bezeichnet. Seit der politischen Spaltung zwischen Festlandchina und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will - notfalls mit militärischer Gewalt. China versucht Taiwan international zu isolieren und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taiwan entschieden ab.
Schon nach dem Besuch der Vorsitzenden des US-Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, im August in Taipeh waren großangelegte Militärmanöver abgehalten worden. Am vergangenen Mittwoch traf dann in Kalifornien Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Vorsitzenden des US-Abgeordnetenhauses, Kevin McCarthy, zusammen - protokollarisch die Nummer Drei der USA. Es war das erste Treffen dieser Art auf US-amerikanischem Boden. Die seit Samstag andauernden Manöver nahe Taiwan sind eine Reaktion auf diesen Besuch.
US-Kriegsschiff für Freiheit der Navigation
Der Konflikt um Taiwan ist ein zentrales Streitthema zwischen China und den USA. Washington hat sich seit 1979 der Verteidigungsfähigkeit der Insel verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Beobachter befürchten, an dem Streit könnte sich potenziell eine militärische Konfrontation zwischen den zwei Weltmächten entfachen. Auch streiten die USA und China über die chinesischen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer.
Die USA demonstrierten derweil im Südchinesischen Meer militärische Stärke, indem ein US-Zerstörer einen Einsatz in der Nähe des von China beanspruchten Mischief Riffs fuhr. Die "USS Milius" absolvierte einen Einsatz nahe dem Mischief-Atoll der Spratly-Inseln. Wie die 7. US-Flotte mitteilte, sei das US-Kriegsschiff damit für die Freiheit der Navigation in dem von China und anderen Staaten beanspruchten Meeresgebiet eingetreten. Anschließend habe die "USS Milius" das Gebiet wieder verlassen. Das Riff sei im natürlichen Zustand von Wasser überspült und erlaube daher nach der Seerechtskonvention keine Territorialansprüche, hieß es in der Mitteilung. Chinas Landgewinnung sowie die errichteten Anlagen änderten daran nichts. "Unrechtmäßige und weitreichende Ansprüche im Südchinesischen Meer stellen eine ernste Gefahr für die Freiheit der Meere dar, einschließlich der Freiheit der Navigation und des Überfluges, des freien Handels und ungehinderter Geschäfte."
China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich und hat künstliche Inseln aufgeschüttet, um seine Ansprüche zu untermauern. Dies betrifft auch strategisch wichtige und ressourcenreiche Gebiete, die Länder wie Indonesien, Malaysia und die Philippinen für sich reklamieren. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies die chinesischen Gebietsansprüche 2016 zurück. China ignoriert das Urteil allerdings.
Quelle: ntv.de, ghö/mba/dpa/AFP