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Als Duo gegen Trump Darum würde Bidens sofortiger Rücktritt Harris schaden

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Im Rosengarten vor dem Weißen Haus: Kamala Harris und Joe Biden.

Im Rosengarten vor dem Weißen Haus: Kamala Harris und Joe Biden.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Seit Joe Biden sich selbst aus dem Rennen ums Weiße Haus genommen hat, gibt es Forderungen, er solle auch vom Präsidentenamt zurücktreten. Auf den ersten Blick könnte Kamala Harris profitieren, doch der zweite Blick offenbart die Risiken.

Corona mag geholfen haben. Krankheitsbedingt musste Joe Biden am Wochenende die Amtsgeschäfte ruhen lassen, stattdessen: Auszeit im Strandhaus. Rückzug in eine Umgebung von engsten Vertrauten und Familie, die dem US-Präsidenten genug Kraft gaben, um zu begreifen, dass der Kampf ums Weiße Haus kaum noch zu gewinnen war.

Die staatsmännische Aufgabe Bidens lag darin, die eigene Vision loszulassen und sich auf eine Amtszeit zu beschränken. Biden musste über seinen Schatten springen. Für einen, der seit den 1980er Jahren den einen Wunsch hegte, US-Präsident zu werden, war dieser Schatten ziemlich lang.

Biden hält Harris den Rücken frei

Nun ist das geschafft, die Kandidatur zurückgezogen und immer wieder werden Stimmen laut, die fordern, dass Biden noch weitergeht. Nicht nur die Pläne zur zweiten Amtszeit soll er aufgeben, sondern jetzt schon einen kompletten Schnitt machen: Rücktritt als Präsident, Übergabe der Amtsgeschäfte an Kamala Harris.

Auf den ersten Blick hat das durchaus einen Reiz: Vizepräsidentin Harris hätte dadurch noch fünf Monate Zeit, um sich als Regierende im Weißen Haus zu profilieren. Neben Biden blieb sie blass in den vergangenen dreieinhalb Jahren. Ihre Zuständigkeit für die Problematik der illegalen Einwanderung an der südlichen US-Grenze nutzte sie nicht für effektvolle Entscheidungen. In der Migrationspolitik gilt sie als gescheitert. Da wäre also Nachholbedarf sowie die Möglichkeit, sich noch mehr auf nationalem wie internationalem Parkett zu bewegen.

Doch käme dieser eine Vorteil mit recht vielen Nachteilen. Ohne dass die Jobbeschreibung für US-Präsidenten en détail bekannt wäre: Wenig Arbeit ist es nicht. Solange Joe Biden im Weißen Haus die Geschäfte führt, hält er ihr den Rücken frei und Harris kann sich komplett auf ihren Wahlkampf konzentrieren. Wie etwa auf ihren Auftritt in Milwaukee am Dienstag.

Harris muss das Land bereisen. In den riesigen USA sind die gut inszenierten Wahlkampfshows in den Bundesstaaten wichtig und hinterlassen bei der Wählerschaft mehr Eindruck, als wenn sie in Washington einem Staatsbesucher aus Übersee die Hand schüttelt. Nicht zuletzt kann die geografische Distanz zu Washington Kamala Harris auch dabei helfen, sich stärker von Joe Biden abzugrenzen.

Ein Rücktritt würde Trumps Behauptungen stützen

Ein Rücktritt Bidens vom Amt des US-Präsidenten würden viele wohl als Bestätigung dessen verstehen, was die Republikaner derzeit zu verbreiten versuchen: dass dort im Weißen Haus schon länger vor allem daran gearbeitet worden sei, eine Senilität Bidens zu verschleiern. Und auch wenn es dafür keine Anhaltspunkte gibt, war es sicherlich nicht hilfreich, dass der Präsident beim NATO-Gipfel auf offener Bühne Selenskyj mit Putins Namen vorstellte. Auch wenn er sich schnell korrigierte.

Ein Rücktritt würde die Behauptungen aus Trumps Lager stützen und wäre darum für Harris sogar gefährlich: Schon jetzt muss sie sich gegen den Vorwurf zur Wehr setzen, sie sei an der Verschleierung von Bidens schlechtem Gesundheitszustand beteiligt gewesen. Zurzeit funktioniert da noch die Entgegnung, dass Biden voll geschäftsfähig war und ist, lediglich eine zweite Amtszeit, weitere vier Jahre, wären zu viel gewesen. Würde der Präsident zurücktreten, gäbe er dem Trumplager recht.

Ein wichtiges Detail zum Schluss: Die Stimmen, die Bidens Rücktritt fordern, gehören in sehr großer Mehrheit Republikanern.

Quelle: ntv.de

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