Politik

Hendrik Wüst neuer Landeschef Das erste seiner Ämter ist Laschet los

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Ein Landesparteitag wählt den 46-jährigen Hendrik Wüst zum Chef der nordrhein-westfälischen CDU. Zum Abschied gibt es fünf Minuten Beifall für Armin Laschet - und heftige Kritik am CSU-Vorsitzenden Markus Söder.

Armin Laschet hat bei der Bundestagswahl nicht nur die Aussicht auf das Kanzleramt verloren, sondern auch diverse Ämter. Das erste hat er heute abgegeben: das des CDU-Landesvorsitzenden. Neuer Parteichef der nordrhein-westfälischen CDU ist der bisherige Landesverkehrsminister Hendrik Wüst, der auf einem Landesparteitag in Bielefeld mit gut 98 Prozent der Stimmen gewählt wurde.

Wüst dankte den Delegierten für die hohe Zustimmung und versprach, er werde sich "ein Bein ausreißen, diese Vorschusslorbeeren auch zu rechtfertigen". Der 46-Jährige ist Vorsitzender der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsunion in NRW und gehört damit dem konservativ-wirtschaftsliberalen Flügel der Union an. Im Mai 2022 finden in Nordrhein-Westfalen Landtagswahlen statt. In der jüngsten Umfrage kommt die CDU in NRW nur noch auf 20 Prozent und liegt damit deutlich hinter der SPD. Wüst soll am kommenden Mittwoch vom nordrhein-westfälischen Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt werden - auch dieses Amt ist Laschet dann los. Am selben Tag dürfte Laschet sein Landtagsmandat zurückgeben.

Regierungschef in NRW war Laschet seit 2017. Auf dieses Amt hatte er im Bundestagswahlkampf verzichtet: Zwei Wochen nach seiner Ernennung zum Kanzlerkandidaten sagte er in einem Interview, sein Platz sei "nach der Bundestagswahl in Berlin". Hätte er dies nicht gemacht, wäre ihm vorgeworfen worden, er behalte für den Fall eines Scheiterns ein "Rückfahrticket" in der Hinterhand.

Zum Abschied fünf Minuten Beifall

In seiner Abschiedsrede auf dem Parteitag in Bielefeld erinnerte Laschet an die Zeit, als er 2012 das Amt des Landesvorsitzenden übernommen hatte. Auf die damalige Krise der nordrhein-westfälischen CDU ging er nicht näher ein. Die Partei hatte damals mit dem damaligen Bundesumweltminister Norbert Röttgen an der Spitze eine Landtagswahl verloren - unter anderem deshalb, weil Röttgen die Rückfahrkarte nach Berlin nicht hatte aufgeben wollen. Damals habe sich die CDU erst einmal "selbstvergewissern" müssen, um ihre Krise zu überwinden, sagte Laschet, und das empfehle er auch jetzt.

Die vier Jahre seiner schwarz-gelben Landesregierung zeichnete Laschet als Erfolgsgeschichte. Nordrhein-Westfalen sei 2017 in allen Wirtschaftsdaten "Schlusslicht" gewesen, "nur in einem waren wir vorne, bei der Kriminalität". Das habe sich geändert. Erfolgreich sei die CDU in NRW gewesen, weil sie ihre Zerstrittenheit habe überwinden können. Dies gab er den Delegierten auch mit auf den Weg: "Bewahrt euch diese Geschlossenheit."

Seitenhieb für Spahn

Nachdem Laschet noch beim Deutschlandtag der Jungen Union vor einer Woche die alleinige Verantwortung für die Wahlniederlage übernommen hatte, las er in seiner Rede in Bielefeld aus einem FAZ-Artikel über eine Allensbach-Umfrage vor. Darin hieß es, im September hätten 57 Prozent der Wähler die Union als zerstritten bezeichnet, über die SPD sagten dies nur 20 Prozent. Ausführlich zitierte Laschet, dass die Antwort auf die Frage nach der Zerstrittenheit eng mit der Zustimmung zu einer Partei zusammenhänge. Letztlich sei "der Eindruck der Geschlossenheit entscheidend" gewesen für das Wahlergebnis.

Einen Seitenhieb bekam in Laschets Rede Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ab. Ohne Spahn namentlich zu nennen, sagte Laschet, es inspiriere "überhaupt keinen Wähler, wieder die CDU zu wählen", wenn diese selbst "von der größten Krise der CDU seit 1945" rede. Zudem sei eine solche Diagnose "völliger Unsinn". Spahn hatte im Deutschlandfunk die Lage seiner Partei als "größte Krise in der Geschichte der CDU" beschrieben. Über sich selbst sagte Spahn: "Ich habe Lust darauf, die neue CDU zu gestalten." Während Laschets Rede saß Spahn im Publikum neben Wüst. Die beiden Münsterländer gelten als enge Verbündete.

"Dieser Zivil-Bajuware"

Für seine Abschiedsrede erhielt Laschet rund fünf Minuten Beifall. Dass es dennoch gewaltig rumort in der CDU, war bereits in den Grußworten deutlich geworden. Der Bielefelder CDU-Kreisvorsitzende Andreas Rüther sagte unter dem Applaus der Delegierten, wenn er von Parteifreunden höre, dass man die Wahl mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder als Kanzlerkandidat gewonnen hätte, dann sage er: "Wegen Söder haben wir die Wahl wohl auch verloren." Weiter sagte Rüther: "Was dieser Zivil-Bajuware da von sich gegeben hat in den letzten Wochen und Monaten, das war unter aller Kanone, das gehört sich nicht". Er hoffe nicht, dass es zu einem Bruch zwischen CDU und CSU komme, "aber Anlass dazu hat er in meinen Augen genug gegeben".

Der nordrhein-westfälische CDU-Generalsekretär Josef Hovenjürgen sagte, wie mit Laschet im Wahlkampf umgegangen worden sei, "das war unfair, das war nicht korrekt, das war in Teilen eine Sauerei" - und die CDU sei daran beteiligt gewesen. Zugleich unterstrich Hovenjürgen, der in Bielefeld in seinem Amt bestätigt wurde, die Geschlossenheit der nordrhein-westfälischen CDU.

Chef der Bundes-CDU ist Laschet - noch

Laschet war von der Union am 20. April nach langem Machtkampf mit Söder zum Kanzlerkandidaten gekürt worden. Nur drei Monate zuvor hatte er sich auf einem digitalen CDU-Parteitag in einer Stichwahl um den CDU-Vorsitz gegen seinen Konkurrenten Friedrich Merz durchgesetzt.

Statt Bundeskanzler zu werden, ist Laschet nun der CDU-Bundesvorsitzende mit der kürzesten Amtszeit. Seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte ihren Rückzug nach 430 Tagen angekündigt und musste dann weitere 340 Tage warten, um die Geschäfte übergeben zu können. Bei Laschet dauerte es 264 Tage, bis er in einem etwas rätselhaften Auftritt etwas mitteilte, was allgemein als Rücktrittsankündigung verstanden wurde. Offiziell moderiert Laschet nun den Übergang, bis eine neue CDU-Spitze gewählt wird.

Sein Bundestagsmandat will Laschet antreten; konstituierende Sitzung des am 26. September gewählten Parlaments ist am kommenden Dienstag.

Quelle: ntv.de

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